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Top 10: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 6 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück mit seinen Top-Takeaways zum vergangenen NFL-Sonntag.
© imago images/Douglas R. Clifford

Wie können die Patriots das Ruder noch herumreißen? Was bedeutet die Packers-Klatsche bei den Bucs? Wie geht es weiter in Minnesota - und was war los mit den Browns? Außerdem: Carson Wentz macht weiter Fortschritte, Lamar Jackson und die Ravens-Offense offenbaren weiter Schwachstellen. SPOX-Redakteur Adrian Franke bringt Euch am Montag auf Stand mit seinen zehn wichtigsten Punkten und Einschätzungen zum vergangenen NFL-Sonntag.

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Top 10: Die 10 wichtigsten Erkenntnisse zu Woche 6 in der NFL

1. Die Patriots müssen den Trade-Markt nutzen

Dieses Patriots-Team könnte im weiteren Saisonverlauf noch Alarm machen. Mit einer Defense, die gerade gegen den Pass jedem Team Probleme bereiten kann, weil die Secondary so tief und so vielseitig besetzt ist, dass man gegen verschiedenste Gegner-Typen gute Matchups findet. Egal, ob der Gegner mit drei Receivern und Spread-Formationen attackieren will wie die Chiefs, oder ob er primär über kurze Pässe, den Tight End und Yards nach dem Catch arbeitet wie die Raiders.

Aber eben auch mit einem Quarterback in Cam Newton, der offensichtlich fit ist und um den man eine Offense aufbauen kann sowie eine Offensive Line, die - wenn fit - zur Liga-Spitze gehören kann.

Doch hier lässt sich auch schon der Bogen zu den Problemen schlagen. Denn was passiert, wenn die Offensive Line nicht dominiert, war bei der Pleite gegen Denver eindrucksvoll zu sehen. Und keine Frage, die Patriots waren nicht nur angeschlagen - sie spielten ohne ihren Center, ohne Starting-Guard Shaq Mason und verloren früh in der Partie noch Right Tackle Jermaine Eluemunor. So wurde auch im Laufe des Spiels mehrfach wild durchgemischt, und das merkte man.

Die ganz konkrete Folge war, dass New England den Ball eben nicht laufen konnte. Abgesehen von einem Big Play durch Newton selbst klappte hier nahezu überhaupt nichts. Eine indirektere Folge war, dass die Pocket häufig schon zusammenbrach, als Newton den Ball warf - Newton hatte mehrere an der Line of Scrimmage abgefälschte Pässe.

Doch die offensichtlichste Folge kann man viel einfacher zusammenfassen: New England hat keinen Plan B.

Die Patriots haben keine Alternative, wenn ihr bevorzugter Weg nicht funktioniert - solange eine Defense nicht derart anfällig auftritt wie die der Seahawks im Duell gegen die Pats vor einigen Wochen. Die Patriots können mit ihrem Passspiel nichts erzwingen, und eine solide Defense wie die der Broncos mit einem guten Slot-Corner, der Edelman abmelden kann, macht die Pats dann schon sehr eindimensional.

Dann findet fast alles im Kurzpassspiel statt, alles in der Mitte des Feldes. James White fing acht der 17 Completions von Newton am Sonntag, die Rookie-Tight-Ends helfen bisher nicht wirklich - Izzo hatte noch einen Fumble - und Defenses können sich auch auf die Mitte des Feldes einschießen. Fast alles ist zwischen den Field Numbers und kurz, das macht auch das Run Game erheblich schwieriger und schränkt New England hier ebenfalls ein.

Die Pats-Offense wird wieder dominanter auftreten, wenn David Andrews und Shaq Mason in der Offensive Line zurückkehren. Aber wenn die Patriots wirklich noch in den Januar hinein Alarm machen wollen - und ich sehe das grundlegende Potenzial dafür weiterhin in diesem Team - dann brauchen sie einen Plan B, dann müssen sie schwerer ausrechenbar sein und dann müssen sie auch innerhalb eines Spiels andere Wege finden können.

A.J. Green hatte gerade gegen die Colts sein bestes Saisonspiel, fing acht Bälle für 96 Yards und war ein Fixpunkt in der Offense. Die Bengals sind noch mehrere Schritte davon entfernt, um die Playoffs zu spielen - Greens Vertrag läuft aus und der 32-Jährige wird noch weiter über den Zenit sein, bis die Bengals wieder angreifen. Ein Day-2-Pick im Draft könnte für die Bengals wertvoller sein als die restliche Saison mit Green. Die Patriots brauchen einen X-Receiver, potenziell auch Tight-End-Hilfe.

Dann könnte diese Saison in Foxboro noch sehr interessant werden. Andernfalls droht (oberes) Mittelmaß.

2. Packers gehen baden - und jetzt?

Die Packers waren mit einer eindrucksvollen Leichtigkeit durch das erste Saisonviertel spaziert. Die Offense knackte Woche für Woche die 30-Punkte-Marke, selbst der Ausfall von Davante Adams stoppte Green Bay nicht. Die Defense offenbarte einige Lücken, doch die Renaissance von Aaron Rodgers und Matt LaFleur als positive Play-Caller-Überraschung waren - völlig zu Recht - die Headlines in Green Bay.

Dieser Höhenflug fand zumindest vorläufig ein sehr jähes Ende: Die 10:38-Pleite bei den Tampa Bay Buccaneers zeigte schmerzhaft, teilweise im wahrsten Sinne des Wortes, deutlich, wo mögliche Grenzen für dieses Team und auch für diese Offense liegen. Und das beginnt mit der Offensive Line.

Aaron Rodgers war als einer der am besten beschützten Quarterbacks der Liga in diesen Spieltag gegangen. Rodgers warf den Ball im Schnitt auffallend schneller als noch im Vorjahr, und hinter einer herausragenden Offensive Line stand er bei nur 21 Prozent seiner Dropbacks unter Druck - lediglich Cam Newton hatte unter Quarterbacks mit mindestens 100 Dropbacks über die ersten fünf Spieltage eine noch bessere Quote (20 Prozent).

Gegen die Bucs änderte sich das drastisch. Schon zur Halbzeitpause hatte Rodgers acht Hits und zwei Sacks kassiert, dazu kamen drei Tackles for Loss für Tampa Bay. Am Ende waren es 13 Quarterback-Hits, sechs Tackles im Backfield und fünf Sacks für eine Defense, die keine Angst davor hatte, Rodgers zu blitzen. Das ist einerseits die Identität von Defensive Coordinator Todd Bowles - andererseits aber belohnten die Cornerbacks dahinter das so in sie gesteckte Vertrauen auch mit einigen Big Plays.

Vor allem aber war der Effekt sichtbar. Rodgers, der den Luxus einer sauberen Pocket bisher gewohnt war, hatte mit Tampas Druck gehörige Probleme, seine Pässe waren deutlich wackliger als gewohnt und er hätte noch zwei weitere Interceptions haben können, wenn nicht gar müssen. Der Pick Six, den sich Jamel Dean sicherte, war erst der dritte Pick Six in Rodgers' Karriere.

Mit einer unterlegenen Offensive Line, die zu allem Überfluss Left Tackle David Bakhtiari verletzungsbedingt verlor, gab es dann keinen Plan B für Green Bay. Die Packers konnten so den Ball nicht laufen und defensiv sind die Packers schlicht wacklig, weil sie - und das war auch während der ersten vier Partien zu sehen - nicht die Pass-Rush-Qualität wie im Vorjahr haben. Defensive Coordinator Mike Pettine versuchte bereits alles, um mit verschiedensten Pass-Rush-Paketen Brady zu verwirren - das aber klappte kaum einmal. Und wenn Green Bay nicht blitzte, zerlegte Brady die Secondary mehrfach.

In wie weit ändert diese Niederlage jetzt die Einschätzung zu den Packers? Vielleicht war es ein Weckruf zur richtigen Zeit, LaFleur kritisierte nach der Partie öffentlich die Einstellung im Training unter der Woche deutlich, Rodgers deutete ähnliche Tendenzen etwas weniger direkt an. Die Packers hatten über die ersten Wochen einen extrem einfachen Schedule was Pass-Defenses anging, auch das merkte man in diesem Spiel gegen eine exzellente Bucs-Defense. Wie so häufig liegt die Wahrheit vermutlich in der Mitte, doch der offensive Output über die ersten vier Spiele kann und wird nicht der Maßstab für die ganze Packers-Saison sein und gegen Tampa fand man keine alternativen Wege nach dem Rückstand.

Gleichzeitig hat die Niederlage Schwachstellen schonungslos aufgedeckt, die teilweise über die ersten Spiele bereits erkennbar waren, dort aber durch die eigene Offense überspielt wurden. Die Packers haben gegen ein exzellentes Bucs-Team, einen NFC-Mitfavoriten und eine Top-3-Defense verloren. Gleichzeitig unterstreicht diese Partie aber auch, dass es zumindest bislang in dieser Saison keinen klaren Favoriten und vielmehr ein breites Spitzenfeld gibt.

3. Wentz fängt sich - und Lamar Jackson?

Nach Woche 4 gegen die Niners war ich vorsichtig optimistisch, Woche 5 gegen Pittsburgh sah dann ermutigend aus - und die Partie am Sonntag gegen Baltimore, als Philadelphia eine 2-Point-Conversion vom Ausgleich kurz vor Schluss entfernt war, darf Eagles-Fans zusätzlich optimistisch stimmen.

Zwar war die erste Hälfte weitestgehend sehr ernüchternd, die starke Ravens-Defense dominierte das Geschehen. Doch selbst da wurde Wentz eines sehr langen Passes - potenziell ein 80-Yard-Touchdown - beraubt, als Hightower den tiefen Pass schlicht nicht fangen konnte. Die Ravens stellten Marlon Humphrey früh einige Male gegen Zach Ertz und behandelten ihn wie einen Slot-Receiver, Wentz stand hinter der angeschlagenen Line permanent unter Druck und leistete sich dann noch einen Fumble beim Zone Read. Die ersten sechs Drives brachten einen "Raumgewinn" von -7 Yards.

Tatsächlich brauchte es Jalen Hurts, um die Offense aufzuwecken. Dessen 20-Yard-Run fünfeinhalb Minuten vor der Halbzeitpause brachte das erste First Down, Hurts wurde danach verstärkt eingebaut.

Doch obwohl der Pressure der Ravens nicht aufhörte und Wentz permanent unter Druck stand, spielte er eine angesichts der Umstände sehr gute zweite Hälfte, verteilte den Ball gut und rettete auch lange Second und Third Downs.

Es war, trotz eines sehr holprigen Starts, der nächste Schritt in die richtige Richtung, und womöglich ist einfach beides wahr: Die Eagles sollten Hurts' Qualitäten kontinuierlich in die Offense einbauen - und gleichzeitig ist Wentz auf bestem Wege, sich wieder im (oberen) Mittelmaß einzufinden, wo vermutlich generell sein Platz ist.

Ein kurzer Blick auf die andere Seite, und hier werden die Alarmglocken nicht leiser. Auch die Eagles konnten das Run Game der Ravens insbesondere bei Early Down lange gut verteidigen, und Lamar Jackson zeigte abermals Ungenauigkeiten. Der Wurf sieht so aus, als würde er nicht mit voller Power kommen, Jackson geht aus sauberer Pocket häufiger zu Sidearm-Pässen - man wird den Eindruck nicht los, dass er den Ball aktuell nicht so werfen kann, wie er es gerne würde.

Womöglich ist er also wirklich nicht ganz fit, wenngleich zumindest seine Knie sehr ordentlich aussahen, als er durch die Mitte zu seinem Touchdown-Run explodierte. Ein anderes Problem aber setzt sich weiter fort und wird zu beobachten sein: Defenses haben damit begonnen, Baltimores Run Game aggressiver in die Mitte zu zwingen, worauf sie dahinter auch ihre Coverages fokussieren. Die Ravens haben schlicht keine Outside-Receiver-Bedrohungen, und das komprimiert das Feld für Baltimore aktuell merklich und macht viele Dinge, die letztes Jahr so einfach aussahen, Pass für Pass zu harter Arbeit.

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