Die zweite Woche in Serie hatte die Offense der Cardinals in den letzten Sekunden des Spiels die Chance, einen Rückstand zu drehen - wie könnte es gegen die Seahawks, deren Spiele regelmäßig in Krimis enden, auch anders sein? In der heutigen Nacht war Kyler Murray (29/42, 269 YDS, 2 TD, 5 ATT, 15 YDS) und Co. das Glück jedoch nicht hold.
Beim Stand von 21:28 waren die Cardinals eine Minute vor Schluss zwar bis an die 27-Yard-Linie der Seahawks marschiert, konnten den Drive jedoch nicht erfolgreich abschließen: Nach einer Incompletion von Murray auf Christian Kirk (4 REC, 50 YDS) attackierte der Quarterback zweimal aggressiv die Endzone, einmal auf Larry Fitzgerald (8 REC, 62 YDS), einmal auf Andy Isabella (REC, 6 YDS), beide Pässe wurden jedoch gut verteidigt, beide Male war Quandre Diggs als Safety zur Stelle, Star-Receiver DeAndre Hopkins (5 REC, 51 YDS) hatte bei dieser Sequenz kein einziges Target bekommen. Beim entscheidenden Fouth Down schlug dann Carlos Dunlap Kelvin Beachum und brachte Kyler Murray in der Pocket zu Fall. Der Sack entschied das Spiel für Seattle.
Die Gastgeber waren bei ihrem ersten Drive sofort mit 7:0 in Führung gegangen: Bei dem eröffnenden 75-Yard-Drive schafften die Seahawks gleich bei drei Third Downs ein neues First Down, mit einem 25-Yard-Pass fand Russell Wilson (23/28, 197 YDS, 2 TD, 10 ATT, 42 YDS) schließlich D.K. Metcalf (3 REC, 46 YDS, TD) in der Endzone. Im Anschluss blieb das von vielen erwartete Offensiv-Spektakel allerdings aus.
Tatsächlich starteten die Cardinals, bei denen offensiv zunächst überhaupt nichts zusammenlief, mit zwei Three-and-Outs ins Spiel, die Seahawks wiederum punteten ebenfalls zweimal nach nur drei Plays ohne großen Raumgewinn. Beim anschließenden Drive fand Murray mit einem sehenswerten Pass unter Druck jedoch Maxx Williams (2 REC, 29 YDS), Kenyan Drake (11 ATT, 29 YDS, TD, 4 REC, 31 YDS) sorgte mit einem kurzen Touchdown-Run für den 7:7-Ausgleich.
Mit einem 75-Yard-Drive schlugen die Seahawks jedoch gleich zurück, Wilson warf seinen zweiten Touchdown-Pass, diesmal auf Tyler Lockett (9 REC, 67 YDS, TD). Kurz darauf schoss Jason Myers (2/2 FG, 2/3 XP), der nach Locketts Touchdown noch den Extrapunkt verschossen hatte, zudem ein Field Goal zum 16:7-Halbzeitstand.
NFL: Arizona Cardinals lassen kostspieligen Safety zu
In der zweiten Hälfte präsentierten sich die Offenses dann besser: Die Cardinals marschierten 81 und 90 Yards das Feld hinunter, Dan Arnold (REC, 4 YDS, TD) und Chase Edmonds (2 ATT, 13 YDS, 4 REC, 36 YDS, TD) fingen kurze Touchdown-Pässe von Murray in der Endzone, die Seahawks wiederum erzielten durch einen Run von Carlos Hyde (14 ATT, 79 YDS, TD, 2 REC, 16 YDS) ihren dritten Touchdown des Spiels. Beim Stand von 21:23 hätten die Cardinals nach einem Punt der Seahawks eigentlich die Chance gehabt, die Führung zu übernehmen, ihnen unterliefen allerdings folgenschwere Fehler.
Murray musste kurz vor der eigenen Endzone eine Strafe wegen absichtlichen Groundings einstecken, ein Holding von J.R. Sweezy in der Endzone sorgte beim anschließenden Play für einen Safety. Die Seahawks nahmen im Anschluss fast sieben Minuten von der Uhr und bauten durch ein Field Goal die Führung auf 28:21 aus.
Beim finalen Drive hatten die Cardinals mit mehr als zwei verbleibenden Minuten sowie zwei Timeouts noch die Chance auf den Ausgleich oder - mit einer erfolgreichen Two-Point-Conversion - sogar auf die Führung. Der Sack von Dunlap gegen Murray machte diese Hoffnungen allerdings zunichte.
Die Seahawks übernehmen durch den Sieg die Führung in der NFC West, mit einem Sieg gegen die Tampa Bay Buccaneers könnten die Los Angeles Rams in der Nacht auf Dienstag allerdings gleichziehen. Die Cardinals fallen leicht zurück und haben nun ein Spiel Rückstand auf die an der Division-Spitze rangierenden Hawks. Seattle trifft in der kommenden Woche auf die Philadelphia Eagles, die Cardinals müssen in New England gegen die Patriots ran.
Seattle Seahawks (7-3) - Arizona Cardinals (6-4)
Ergebnis: 28:21 (7:0, 9:7, 7:7, 5:7) BOXSCORE
Seahawks vs. Cardinals - die wichtigsten Statistiken
- 60 von 61 Spielen hatten die Seahawks in der jüngeren Vergangenheit gewonnen, wenn sie mit mindestens vier Punkten zur Pause führten. Diese Serie wurde in der heutigen Nacht fortgesetzt: Seattle fuhr seinen 61. Sieg im 62. Spiel ein.
- Chase Edmonds war bei seinem Touchdown-Catch völlig frei, laut Next Gen Stats war der nächste Gegenspieler im Moment des Catches 12 Yards entfernt. In dieser Saison hatte nur ein Spieler bei einem Touchdown-Catch noch mehr Platz: Calvin Ridleys nächster Gegenspieler war bei einem Score 15,8 Yards entfernt - ebenfalls in einem Spiel gegen die Seahawks.
- D.K. Metcalfs Touchdown zum Auftakt des Spiels war bereits sein fünfter Touchdown in der laufenden Saison über 25 oder mehr Yards. Kein Spieler kommt in dieser Spielzeit auf so viele lange Touchdown-Catches.
Der Star des Spiels: Die Rushing-Offense der Seahawks
Viel war vor dem Spiel über das offensive Playcalling der Seahawks geredet worden, Pete Carroll hatte unter der Woche angedeutet, wieder mehr Runs in der Offense sehen zu wollen. Gegen die Cardinals waren diese auch tatsächlich sehr erfolgreich: Carlos Hyde, Bo Scarbrough und DeeJay Dallas verbuchten gegen Arizonas dezimierte Defensive Line alle mehr als fünf Yards pro Carry, im Schnitt kamen die drei Running Backs auf 5,9 Yards pro Run - ein hervorragender Wert, der merklich Druck von Russell Wilsons Schultern nahm.
Der Flop des Spiels: Die Offensive Line der Cardinals
Kein guter Abend für die O-Line der Gäste. Justin Pugh und D.J. Humphries bekamen beide jeweils zwei Penalties gegen sich gepfiffen, J.R. Sweezy verursachte durch ein Holding in der Endzone obendrein einen Safety. Darüber hinaus schaffte die Unit im Run-Blocking zu selten wirklich Raum und wackelte am Ende des Spiels auch in der Pass-Protection merklich: Beim vorletzten Pass des Spiels musste Murray bereits einen harten Hit einstecken, beim entscheidenden Fourth Down ließ Kelvin Beachum gegen einen Three-Man-Rush dann sofort den Sack durch Carlos Dunlap zu.
Analyse: Seahawks vs. Cardinals - die Taktiktafel
- Die Cardinals präsentierten bei Third Downs immer wieder schwer lesbare Formationen mit sechs oder sogar sieben Rushern direkt an der Line of Scrimmage postiert. Zunächst ließen die Gäste aus diesen Looks stets mehrere Spieler in Coverage fallen und brachten nur mit vier Mann Pressure, bei einem Third-and-Two ließ Defensive Coordinator Vance Joseph in der ersten Halbzeit dann aber tatsächlich blitzen, das Play resultierte in einem Sack von Russell Wilson.
- Die Seahawks wiederum hatten in der ersten Halbzeit kaum schnelle Pass-Konzepte in ihrer Offense. Wilson suchte mit seinen Augen immer wieder den tiefen Ball auf Metcalf oder Lockett und warf im Vergleich kaum kurz. Beide Touchdown-Würfe in der ersten Halbzeit entstanden so, Wilson musste allerdings auch mehrere Sacks einstecken oder zu Scrambles ansetzen.
- Die Cardinals verteidigten Metcalf Outside mit Patrick Peterson, der den Receiver im Eins-gegen-Eins übernehmen sollte. Das bessere Ende erwischte dabei allerdings meist Metcalf, der unter anderem eine lange Pass-Interference-Strafe zog und Peterson mit einem Spin übel ins Leere schickte. Der Cornerback hatte Glück, dass Metcalf gleich zwei weitere potenzielle Big Plays droppte.
- Bei einem Third-and-Four an der 45-Yard-Linie brachten die Cardinals sechs Minuten vor dem Ende in einem geradezu verzweifelten Versuch, den Drive der Seahawks zu stoppen, einen Blitz mit acht Rushern, die Coverage von Metcalf im Slot übernahm der tiefe Safety, der knapp 20 Yards entfernt postiert war. Wilson erkannte die Situation zwar nicht gänzlich, fand jedoch Lockett in einer Eins-gegen-Situation an der linken Seitenlinie, der Catch führte zu einem neuen First Down für die Gastgeber.