Top 10: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 14 in der NFL

Von Adrian Franke
14. Dezember 202010:43
SPOX-Redakteur Adrian Franke zieht seine Lehren aus Woche 14 in der NFL.getty
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Jalen Hurts schockt die Saints bei seinem Starting-Debüt - aber warum eigentlich? Und was sagt das über Carson Wentz? Außerdem: Taysom Hill zeigt abermals seine Limitierungen, die Cardinals drehen an einigen offensiven Stellschrauben, die Vikings verlieren auf spektakulär bittere Art und Weise und bei den Chargers bleibt Anthony Lynn trotz des Sieges in der Schussbahn. SPOX-Redakteur Adrian Franke bringt Euch am Montag auf Stand mit seinen zehn wichtigsten Punkten und Einschätzungen zum vergangenen NFL-Sonntag, alle Recaps vom Sonntag gibt es hier.

Top 10 - die Takeaways zu Week 14 in der NFL

1. Hurts vs. Hill mit klarem Punktesieger

Die Eagles hatten sich nach dem nächsten schwachen Auftritt von Carson Wentz endlich dazu durchgerungen, den Quarterback-Tausch zu vollziehen - doch die erste Prüfung von Rookie Jalen Hurts als Starter schien maximal undankbar: eine der besten Defensive Lines der letzten Wochen, eine aggressive Defense, und das gegen eine Eagles-Offense, die ja auch außerhalb des Quarterbacks so einige Baustellen hat, inklusive der Offensive Line.

Die gehen selbstredend mit dem Quarterback-Tausch nicht automatisch weg, aber was gegen die Saints auffällig war: Die absolute Base-Line - den ersten offenen Read bedienen, im Rhythmus der Offense spielen, den Ball nicht zu lange halten - fehlte mit Wentz zuletzt häufig komplett. Mit Hurts hat das deutlich besser funktioniert, und das alleine gab der Offense eine gewisse Schlagkraft.

Hurts ging durch seine Reads, die Eagles arbeiteten viel mit Rollouts, er nahm den ersten Read, wenn der offen war, und brachte den Ball auch unfallfrei dahin, das alleine stabilisierte die Offense enorm. Darüber hinaus war er eben ein X-Faktor als Runner.

Die Eagles nutzten Zone Reads, anfangs war Hurts da manchmal noch zögerlich, immer häufiger fand er aber auch hier seine Lücken - und es kreierte eben auch Räume für Miles Sanders. Beide gingen am Ende über die 100 Rushing-Yards, die Saints hatten zuvor über 50 Spiele keinen individuellen 100-Yard-Rusher zugelassen, es war die viertlängste Serie seit 1950.

Selbstverständlich machte Hurts auch seine Fehler, nicht zuletzt der Fumble zum Schluss. Aber zwei Dinge dürften hier stehenbleiben: Das Spiel wirkte nicht zu groß für Hurts, der in seinem ersten NFL-Start schnell einen Groove fand. Und für Wentz war diese Partie nicht hilfreich. Denn Hurts' Auftritt unterstrich, dass bei allen Defiziten in der Offense eben doch mehr möglich ist, wenn der Quarterback mehr Teil der Lösung als Teil des Problems ist - und Letzteres war bei Wentz zu häufig dieses Jahr der Fall.

Bereits vor der Partie kursierten ESPN-Berichte, wonach Hurts den Rest der Saison starten könnte. Sollte das stimmen, hat dieser Auftritt das vielleicht sogar schon zementiert. Es gibt für Philly ein Fenster bis kurz nach Start des neuen Liga-Jahres, in dem Wentz getradet werden könnte. Hurts' erster Start hat dieses Szenario zumindest ein ganz klein wenig denkbarer gemacht.

Saints: Hill kostet die Saints schließlich doch einen Sieg

Doch auch auf der anderen Seite stand der Quarterback einmal mehr im Fokus. Es war schließlich doch mal ein Spiel, in dem die Saints aufholen mussten, in dem es mehr von der Offense brauchte. Und zu einem gewissen Grad schaffte New Orleans das - auch dank einiger sehr guter Pässe von Taysom Hill - auch. Sie kamen zumindest wieder zurück in die Partie. Doch, dass New Orleans diese Partie verlor, lag auch an einem abermals wackligen und von kritischen Fehlern geprägten Auftritt von Hill.

Die Offense begann mit Hill erneut sehr simpel. Play Action, Screens, Rollouts, Runs - das war früh die Saints-Offense. Die Fehler kamen dennoch schnell: Hill war mehrfach zu spät mit seinen Reads, kassierte so Sacks und warf gefährliche Pässe, es gibt kaum ein vertikales Element in der Offense. Der Touchdown zu Sanders war Hills zweite Deep-Passing-Completion in dieser Saison.

Und gerade das langsame Processing in der Pocket setzte sich fort. Hill hielt den Ball immer wieder zu lange, schaffte es bei einem kritischen Fourth Down nicht, zu seinem komplett offenen Backside-Read zu gehen, ehe der Druck bei ihm war, und kassierte dann beim vorletzten Saints-Drive zwei Sacks für 15 Yards Raumverlust, woraufhin Lutz das nun deutlich längere Field Goal aus 57 Yards verschoss.

Hill war keineswegs der alleinige Grund für diese Niederlage, doch abermals wurden seine Limitierungen überdeutlich. Die Saints hatten schon in den vergangenen Partien mehrfach mit dem Feuer gespielt, dieses Mal wurden sie eben verbrannt, weil ihre Defense die Offense nicht mittragen konnte.

Ich denke nicht, dass diese Niederlage für die mittelfristige Denkweise der Saints etwas ändert; wenn Sean Payton so sehr hinter Hill steht, wie es den Anschein hat, dann dürfte er ihm ohnehin genug gezeigt haben, um weiter für 2021 an diesen Weg zu glauben.

Ob das der langfristig richtige Weg ist, da bleibe ich zumindest skeptisch.

2. Die zwei Gesichter der Chiefs bleiben ein Thema

Im Endeffekt ist die Lektion aus der Dolphins-Klatsche gegen Kansas City ganz simpel: Wer Kansas City schlagen will, muss jeden einzelnen Fehler ausnutzen - und punkten, punkten, punkten.

Das ist zugegebenermaßen keine sonderlich neue oder kreative Erkenntnis, aber diese Partie war einer der besten Reminder daran seit den vergangenen Playoffs, als die Texans, die Titans und schließlich die 49ers im Super Bowl genau diese Erfahrung auch machen mussten. Und auch ein Reminder daran, warum Kansas City das gefährlichste Team der Liga ist, und das mit Abstand: Der Spielraum für Fehler ist vergleichsweise schlicht gigantisch für dieses Team.

Denn Miami hatte den perfekten Start in diese Partie. Die Dolphins setzten Mahomes früh unter Druck, auch und gerade aus dem 4-Men-Rush. Das war eine der großen Fragen im Vorfeld dieser Partie: Wie würden die Dolphins defensiv einen Zugriff auf das Spiel bekommen, ohne Mahomes zu blitzen, was in aller Regel eine schlechte Empfehlung ist? Und das noch ohne Roberts und Van Noy, der defensiv auf dem Platz Plays und Anpassungen ansagt.

Miami beantwortete diese Frage früh, und Mahomes machte Fehler. Die erste Interception traf einen sich wieder aufrichtenden Verteidiger und prallte zu Byron Jones ab, beim zweiten Pick überwarf er seinen Receiver. Und der historische 30-Yard-Sack (!) - so etwas hatte es seit 1997 nicht mehr gegeben - kam gegen einen 4-Men-Rush, sogar mit einem eingebauten Chip-Block, um die Protection zu unterstützen.

Der Start war also auf der Seite des Balls nahezu perfekt, aber schon da fängt es an, beziehungsweise es ist das Kernthema: Die eigene Offense machte daraus nur zehn Punkte. Und Kansas City hat den größten Skill-Position-Gamebreaker in der NFL in Person von Tyreek Hill. Bei einem End-Around-Run lief er einfach der Defense buchstäblich zum Touchdown davon, Hill setzte einen 44-Yard-Touchdown bei einem spektakulären Wurf von Mahomes obendrauf und das Spiel war Miami an dem Punkt schon längst entglitten. Dass Hardman mit einem 67-Yard-Touchdown per Punt Return die Kirsche obendrauf packte, passt in das Motto der Chiefs-Offense: Speed Kills.

Tua und die Dolphins können noch nicht mithalten

Mit Mahomes, mit der permanenten Big-Play-Gefahr, die diese Offense hat, muss man jeden Patzer, jedes schlechte Viertel gnadenlos ausnutzen und KC in ein möglichst tiefes Loch schicken. Auch das ist keinerlei Garantie, aber es ist eine Grundvoraussetzung. Miami war dafür mit Tua noch nicht in der Lage, was an diesem Punkt mit dem Rookie-Quarterback auch noch komplett in Ordnung ist.

In manchen Momenten wirkte es so, als würde das Spiel für ihn langsamer werden, Rollouts bleiben sein bester Freund. Aber er nahm auch noch zu viele Sacks, er übersah Grant für den offenen Touchdown bei Third Down, sodass es stattdessen das Field Goal zum 10:0 gab, er war für zu viele Pressures (mit-)verantwortlich.

Zwei Gedanken noch zu den Chiefs: Kansas City hatte dieses Jahr einige Spiele, in denen man den Eindruck bekam, dass sie nicht komplett fokussiert sind, ehe dann die Offense wie auf Knopfdruck das Tempo anzog. War in South Beach vielleicht schon der anstehende Kracher gegen die Saints im Hinterkopf? Und vor allem: Wird sich ein solcher Auftritt irgendwann doch auch mal rächen? Auch Miami blieb in Reichweite, als das Spiel eigentlich schon entschieden schien.

Der andere Gedanke ist eher übergreifender: Wann werden wir noch mehr Teams sehen, die versuchen, ein ähnliches Wide-Receiver-Track-Team zusammenzustellen? Die Raiders und Broncos in der eigenen Division sind ja bereits dabei.

3. Die bittere Wahrheit für die Raiders

Die Pleite gegen die Falcons, die Beinahe-Pleite gegen die Jets und jetzt gegen die Colts in einem mit Blick auf die Playoff-Chancen ganz wichtigen Spiel im Endeffekt chancenlos - rund um die Raiders muss man sich vermutlich eingestehen, was dieses Team wirklich ist: Ein Team, das offensiv begeistern kann, doch wenn es das nicht macht, gibt es auch nur wenige Siege.

Zu anfällig ist die Raiders-Defense. Rivers hatte immer wieder ewig viel Zeit in der Pocket, T.Y. Hilton kam mehrfach hinter die Defense und selbst die bisher in dieser Disziplin so enttäuschenden Colts konnten gegen Las Vegas den Ball sehr gut laufen. Das war aus Sicht der Raiders-Defense nur eine Art Bestätigung der bisherigen Saison, und die Entlassung von Defensive Coordinator Paul Guenther war dementsprechend auch folgerichtig. Wenn die perspektivischen Chancen dieser Saison darauf beruhen, dass die Raiders-Offense das Spiel gegen gute und sehr gute Teams tragen kann, dann ist das ein viel zu heikler Ritt auf der Rasierklinge. Bei allem berechtigten Lob für die Raiders-Offense dieses Jahr.

Las Vegas fällt jetzt so langsam im Playoff-Rennen zurück. Baltimore hat nach dem Spiel gegen Cleveland am Montagabend ein sehr machbares Restprogramm, die Browns selbst sind bereits zwei Siege vor Las Vegas und auch Miami ist aktuell ein Spiel voraus. Die Colts mit dem direkten Vergleich in der Tasche sind schon fast außer Reichweite.

Eine Saison, die vor einigen Wochen noch zumindest hinsichtlich eines unterhaltsamen Playoff-Trips vielversprechend wirkte, steuert für Las Vegas auf den achten oder neunten Rang zu.

4. Die Vikings-Niederlage, die besonders wehtut

Diese Niederlage dürfte an den Vikings und deren Fans noch für eine ganze Weile nagen. Nicht nur, weil es letztlich die Pleite sein könnte, die Minnesota aus den Playoffs hält - sondern vor allem aufgrund der Art und Weise, wie die Niederlage zustande kam. Gegen ein Bucs-Team, das alles andere als unschlagbar daherkam.

In gewisser Weise war es ein Brady-Sieg aus besten Patriots-Zeiten. Eine Handvoll Big Plays durch die Luft, schrittweise die Führung ausgebaut, während das andere Team implodierte, kritische Fehler machte und Strafen zur Unzeit kassierte.

Letzteres war teilweise diskutabel, die Pass Interference beim Hail Mary direkt vor der Halbzeitpause aber war zu offensichtlich. Doch hier fängt es auch schon an: Tampa ging nicht etwa bei einem ungetimten Play von der 1-Yard-Line auf den Touchdown - sondern kickte das Field Goal.

Und das passte einmal mehr zum erzkonservativen Ansatz der Bucs. Mit wieder irre viel ineffizientem Running bei First Down, mit sehr viel Hit-and-Miss von Brady im vertikalen Passspiel und mit einem Passspiel insgesamt, dem häufig jeglicher Rhythmus fehlte. Tampa war nicht nur schlagbar in dieser Partie, die generellen Fragezeichen rund um die Bucs für die weitere Saison bleiben auch nach der Bye Week absolut bestehen.

Minnesota belohnt sich selbst nicht

Aber zurück zur Vikings-Perspektive: Minnesota bewegte den Ball in der ersten Hälfte deutlich besser, nur um dabei zuzuschauen, wie Dan Bailey im Laufe der Partie drei Field Goals und einen PAT verschoss. Aber auch, wie Cousins Sacks nahm, die er nicht nehmen durfte. Vor dem ersten Fehlschuss, vor dem zweiten Fehlschuss und auch vor dem dritten Fehlschuss, jeweils direkt beim Third Down vor dem Kick.

Und dann, neben den Strafen, noch die Art und Weise, wie Minnesota nach der Halbzeitpause die Aufgabe anging. Bei einem 6:23-Rückstand hatten die Vikings noch drei Drives: 15 Plays zum Touchdown über 75 Yards und achteinhalb Minuten. 12 Plays über 50 Yards (Field-Goal-Fehlschuss) und 6:45 Minuten. 12 Plays über 19 Yards und 3:11 Minuten (inklusive einer Timeout), dieser Drive endete mit einem Fumble. Minnesota konnte den Ball laufen, aber schaffte es kaum einmal, explosive Plays aufzulegen - am Boden oder in der Luft.

Das wird denjenigen, die Zweifel daran haben, dass Minnesota offensiv unter dem aktuellen Trainerstab noch eine philosophisch grundlegend andere offensive Richtung einschlagen wird, weitere Argumente geben.

5. Vorsichtige Anpassungen in der Cardinals-Offense

Der Sieg über die Giants parallel mit der Niederlage der Vikings in Tampa Bay bringt Arizona wieder in eine gute Position im Playoff-Rennen. Die Cardinals haben jetzt die Eagles und die 49ers vor der Brust, zwei weitere Siege in diesen Spielen könnten das Ticket jetzt womöglich schon lösen, ehe dann die Rams in Woche 17 nochmal warten.

Arizona ist offensiv noch immer in einer Findungsphase, gegen die Giants hätte es angesichts der massiven Probleme bei New York eigentlich deutlich höher werden müssen. Die Cardinals-Defense dominierte komplett, ein merklich noch angeschlagener Daniel Jones wirkte in der Pocket komplett verloren und das gab den Cardinals immer wieder ein kurzes Feld, doch in der Red Zone hielt die Defense dann oft.

Trotzdem war es ein stabilerer Auftritt der Offense um Kyler Murray gegen eine starke Giants-Defense, mit ein paar übergreifenden Erkenntnissen:

  • Kliff Kingsbury hatte nach dem Rams-Spiel darüber gesprochen, wie Sean McVay Jared Goff immer wieder offene Würfe über das Under Center Play Action Passspiel kreiert - eine Komponente, die in Arizonas Offense kaum vorkommt, will die Cardinals so viel aus der Shotgun spielen. Gegen die Giants änderte sich das, Kingsbury baute mehr Under Center Play Action ein, und das funktionierte einige Male auch. Womöglich etwas, das künftig häufiger zu sehen ist, mit Murrays Athletik gibt es definitiv Argumente dafür.
  • Einiges wurde medial unter der Woche darüber diskutiert, ob die Cardinals DeAndre Hopkins richtig einsetzen, und in meinen Augen ist hier immer noch massiv Luft nach oben - insbesondere dahingehend, dass die Cardinals ihn viel häufiger in den Slot bewegen müssten. Etwas, das andere Offenses mit ihren Star-Receivern deutlich häufiger machen. Das war teilweise gegen die Giants zu beobachten, bei den Diskussionen allerdings ging es vor allem darum, dass Arizona Hopkins mehr über die Mitte einsetzen muss. Und das war überdeutlich zu beobachten.
  • Die Giants schafften es nicht, Kyler Murray mit dem Pass-Rush in der Pocket zu halten - und nach mehreren sehr vorsichtigen Spielen als Runner war Murray gegen die Giants deutlich aktiver am Boden. Zehn Runs - ohne die Kneeldowns - standen am Ende auf seinem Konto, darunter Scrambles und designte Runs. In der Hinsicht war es wieder eine spürbar andere Offense.
  • Kingsburys In-Game-Entscheidungen bleiben ein Rätsel. Regelmäßig ist er extrem aggressiv was Fourth-Down-Calls angeht, nur um dann in der Schlussphase einer Partie in den schlimmsten Momenten zögerlich zu werden. Auch das Giants-Spiel war in dieser Hinsicht wieder ein wilder Ritt: Kingsbury spielte direkt beim ersten Drive Fourth-and-Goal aus, er spielte beim Field-Goal-Drive zu Beginn des zweiten Viertels Fourth Down aus - und dann puntete er bei Fourth-and-5 von der gegnerischen 36-Yard-Line. Die Aggressivität tut der Offense gut, Kingsbury scheint hier seine Linie aber noch zu suchen.

6. Die Steelers sind nur oberes Mittelmaß

Wir sind an dem Punkt in der Saison angekommen, an dem Sorge um die Steelers nicht nur gerechtfertigt ist, sondern auch der Record zunehmend weniger Augenwischerei rechtfertigt. 11-2 ist kein Grund für den Panikknopf - aber so wie die Steelers-Offense spielt, fängt der Finger langsam aber sicher an, über ebendiesem Knopf zu kreisen. Zumindest, wenn der Anspruch dieses Steelers-Teams der Super Bowl sein soll.

Die Defense ist noch immer gut, aber wie schon häufiger in dieser Saison galt auch gegen Buffalo: Die Defensive Line wird gegen eine gute Offense - und allzu viele davon hatte Pittsburgh dieses Jahr nicht auf dem Schedule - nicht das komplette Spiel kontrollieren können. Dann gibt es Löcher in dieser Secondary. Diese Lücken werden gute Teams ausnutzen können, dann muss die Steelers-Offense ihren Teil beitragen können. Und hier kommt der Panikknopf ins Spiel.

Pittsburghs Offense war schon das ganze Jahr über extrem auf Kante genäht, gemeint ist: Der Spielraum für Fehler ist minimal. Roethlisberger wird den Ball unheimlich schnell los, er wirft wahnsinnig kurz, und somit darf diese Offenes nicht in Second- oder Third-and-Long kommen. Weil es keine Alternative gibt.

Das geht über in die Analyse größerer struktureller Probleme. Pittsburgh fehlt ein Plan B, es fehlt aber auch das kohärente Element in der Offense. Bei den Steelers finden die Plays (genau wie die einzelnen Routes) - so wirkt es von außen - in Isolation statt. Wenig baut aufeinander auf, Runs werden mehr aus der Idee, dass man auch mal einen Run einstreuen muss, fernab aller Passing-Designs gespielt, Play Action ist nur ein minimaler Bestandteil der Offense. Dementsprechend wenige Antworten gibt es dann auch, wenn eine Defense Zugriffe findet. Wenn die Line of Scrimmage gewonnen wird, wie Buffalo es häufig schaffte. Wenn die Underneath-Routes schärfer attackiert werden.

Und das ist dann letztlich auch wieder die Rückkehr zum Panikknopf, denn eine schnelle Reparatur dafür im weiteren Saisonverlauf ist schwer vorstellbar. Das sind einige strukturelle Dinge, und Kritik an Offensive Coordinator Randy Fichtner ist hier sicher angebracht, doch auch Big Ben selbst hat große Macht an der Line of Scrimmage. Diese Offense trägt strukturell zweifellos auch seine Handschrift.

Wo Kansas City gegen Miami wieder einmal seinen gigantischen Spielraum für Fehler unter Beweis stellte und die Bills einfach die deutlich bessere Offense haben, rutscht Pittsburgh mehr und mehr ins obere Liga-Mittelfeld ab. Ehrlicherweise ist das vielleicht auch der realistischere Spot für dieses Team - der Record dürfte zumindest zunehmend weniger Leute täuschen.

7. Packers fest auf Kurs für den Nummer-1-Seed

Warum die Lions noch immer der Meinung sind, Eins-gegen-Eins Coverage gegen einen Receiver wie Davante Adams spielen zu müssen, bleibt auch in der Post-Matt-Patricia-Ära ihr Geheimnis - die Packers nutzten das am Sonntag prompt aus und fuhren einen am Ende nochmal etwas knappen, eigentlich aber nie wirklich gefährdeten Sieg über die Lions ein. Aus Packers-Sicht ein Pflichtsieg, und doch könnte dieser Spieltag für Green Bay am Ende eine ganz entscheidende Weichenstellung bedeuten.

Das nicht nur, weil die Packers mit diesem Sieg den Division-Titel perfekt gemacht haben: Green Bay ist infolge der Saints-Pleite gegen Philadelphia auf bestem Wege, sich die einzige Playoff-Bye-Week in der NFC zu sichern, und muss jetzt auf dem Weg dahin als klarer Favorit gehandelt werden.

Green Bay hat zunächst einmal ein sehr machbares Restprogramm: Carolina, Tennessee und dann die Bears zum Abschluss. Falls die Packers diese drei Spiele gewinnen, haben sie sicher den Nummer-1-Seed, da die Saints einen direkten Tie-Breaker nicht mehr aufholen können. Durch den Sieg der Packers gegen New Orleans im direkten Duell in Woche 3 wäre Green Bay immer vor den Saints, sollten diese beiden Teams am Ende den gleichen Record haben. Und New Orleans hat mit Kansas City, Minnesota und Carolina das deutlich härtere Programm noch vor der Brust.

Darüber hinaus profitieren die Packers davon, dass in der NFC West zuletzt der Reihe nach gepatzt wurde. Die Rams oder Seahawks könnten noch einen Gleichstand unter den drei Teams (Packers, Saints, Seahawks/Rams) kreieren, dafür müssten Saints und Packers aber noch je einmal verlieren. Sollte das passieren, würden andere Tie-Breaker greifen, der direkte Sieg gegen die Saints wäre für Green Bay in dieser Hinsicht dann wertlos. Dann würde es als nächstes um den Conference-Record gehen, auch der "Strength of Victory"-Tie-Breaker käme dann hier bald ins Rennen.

Kurzum: Es würde kompliziert werden. Doch die gute Nachricht für die Packers, die offensiv weiter marschieren und defensiv mittlerweile mehr Hilfe vom Pass-Rush bekommen, lautet: So weit sollte es gar nicht kommen. Die Haupterkenntnis für die Packers aus Woche 14 lautet, dass Green Bay jetzt in der klaren Pole Position für den Nummer-1-Seed ist, und sich diesen auch nicht mehr nehmen lassen sollte.

8. Das Saisonende für die San Francisco 49ers

Dieses 49ers-Washington-Spiel kann man relativ schnell zusammenfassen. Niners-Coach Kyle Shanahan wollte eigentlich den Quarterback-Tausch vollziehen, nachdem Nick Mullens den Pick Six geworfen hatte. Nur weil Beathard sich aber erst noch warm machen musste und Mullens dabei einen Scoring-Drive dirigierte, blieb ihm die Bank erspart. Das vielleicht fasst das Spiel schon ganz gut zusammen.

San Francisco hatte abermals Verletzungen zu beklagen - Deebo Samuel allen voran verletzte sich direkt zu Beginn. Vor allem aber ist der Takeaway aus dieser Partie für die 49ers: diese Saison ist beendet, das letzte Fünkchen Hoffnung, das nach dem Sieg über die Rams vor zwei Wochen gehörig neue Nahrung erhalten hatte, ist erloschen. Selbst Shanahan, das vielleicht der zentrale Takeaway hier, kann ohne eine gewisse Quarterback-Baseline nicht oben mitspielen, und die fehlt ohne Garoppolo einfach. Der Blick geht Richtung Draft - und das wiederum ist nur eine andere Herangehensweise an die Quarterback-Debatte in San Francisco.

Aber was sagt es über Washington, das mit diesem Sieg die Führung in der Division übernimmt? Das jetzt vier Spiele in Folge gewonnen hat, drei davon auswärts: In Dallas, in Pittsburgh und in Arizona gegen die Niners? Es brauchte eben schon den nächsten ultra-dominanten Auftritt der Defensive Line. Chase Young war nicht zu stoppen, Washingtons Defense alleine war für zwei Touchdowns verantwortlich - die mit Blick auf das 23:15-Endresultat durchaus gewichtig waren.

Offensiv musste Alex Smith verletzt raus, und hierauf wird der Blick jetzt ruhen. Dwayne Haskins machte seine Sache bestenfalls solide, mit Smith gibt es eine gewisse Basis, aber selbst die ist überschaubar. Und wenn eine schwache Offense von einer starken Defense getragen wird, ist immer ein gewisses Maß an Vorsicht, was die langfristige Perspektive angeht, geboten.

9. Titans holprig souverän - Minshew ins Schaufenster

Tennessee hatte gegen Jacksonville im Laufe der ersten Hälfte mehr Mühe als das Endergebnis aussagt. Ein erfolgreicher Fake Punt, ein erfolgloser 4th-Down-Run, einige Probleme in Pass Protection und abgesehen von drei Big Plays nur relativ wenig konstante Offense.

Aber die Big Plays waren eben da, insbesondere am Boden. Derrick Henry hat jetzt vier Spiele mit mindestens 200 Rushing-Yards und mindestens zwei Rushing-Touchdowns. Damit gehört ihm der alleinige Spitzenplatz, vor Jim Brown, LaDainian Domlinson und Barry Sanders (alle je 3).

Vor allem auffällig war, wie gut die Line im Run Game Löcher aufriss, und wie verlässlich Henry diese erkannte, um dann mit Tempo auf das Second Level zu kommen. Gardner Minshew bleibt derweil der beste Quarterback in Jacksonville und sollte jetzt wieder starten - vielleicht ist er ein Trade-Kandidat für die Offseason?

Jacksonville sollte nicht schlechter als an Nummer 2 im kommenden Draft picken, somit haben die Jags fast die freie Quarterback-Auswahl. Es ist ein Team, das sich im Umbruch befindet, das die Chance auf ein Top-Quarterback-Talent haben wird - und Minshew könnte für diesen Rebuild ein durchaus lukrativer Trade-Chip sein, statt ihn als Übergangslösung oder Backup zu verschenken.

10. Der Rest: Die Bengals sind das schlechteste Team der Liga

  • Naturgemäß kommt die Saison zunehmend an den Punkt, an dem Spiele für den weiteren Saisonverlauf unbedeutender werden. Weil Teams gegeneinander spielen, die mit den Playoffs nichts zu tun haben werden. So eines war auch das Duell zwischen den Panthers und Broncos, in dem auffiel, wie viele Plays die Broncos-Defense trotz zahlreicher weiterer Ausfälle - inzwischen fehlen alle drei Starting-Corner - machte - und wie die Hochs von Drew Lock aussehen können. Ein gutes Zeichen für Denver ist es in jedem Fall, zu sehen, was der explosive K.J. Hamler kann.
  • Houston gegen Chicago war rechnerisch noch nicht bedeutungslos - inzwischen sind die Texans aus dem Playoff-Rennen eliminiert -, aber realistisch betrachtet wird diese Saison für beide Teams nirgendwohin führen. Und doch unterstrich sie noch einmal, wie sehr die Situation in Houston im Argen liegt. Die Defense war gegen Trubisky und die Bears überfordert, und das ist noch freundlich ausgedrückt. Die Run-Defense präsentierte sich wieder einmal von ihrer schlechtesten Seite, Houston setzte Trubisky kaum unter Druck und der brachte dann auch ein paar Bälle in enge Fenster an, während Deshaun Watson die Receiver ausgehen und er unter enormem Druck stand. Diesen beiden Teams steht ein Rebuild bevor.
  • In Cincinnati war eindrucksvoll zu sehen, wie sehr Joe Burrow dieses Team bereits trug. Die Cowboys, frisch nach der Packung am Dienstagabend gegen Baltimore, forcierten defensiv mehrere Turnover, hatten ein Big Play im Special Team und Andy Dalton - das zumindest war phasenweise auch gegen die Ravens zu beobachten - verteilte gegen sein Ex-Team den Ball halbwegs effizient. Die Bengals ohne Burrow sind aktuell vermutlich das schlechteste Team der Liga.
  • Das Chargers-Falcons-Spiel endete genau so, wie man es sich vom Duell dieser beiden Teams erwarten musste: wild. Mit dem besseren Ende für die Chargers zwar, aber auch diese Woche müssen wir wieder über Anthony Lynn reden. Nach dem kompletten Special-Team-Debakel gegen die Patriots hatte er selbst die Kontrolle über das Special Team übernommen - nur um dann 22 Sekunden vor der Halbzeitpause ohne Timeout nach einem Run die Field Goal Unit aufs Feld rennen zu lassen, die Offense wusste nicht, was Sache ist und das Kicking-Team bekam den Snap nicht rechtzeitig weg. Schlecht vorbereitet von vorne bis hinten, das nächste Desaster.