Der NFL-Saisonstart liegt endgültig hinter uns, die ersten zwei Wochen sind gespielt. Wer konnte überraschen? Wir werfen einen Blick auf fünf Spieler und Teams, die besonders positiv herausstachen - und verraten, ob diese Leistungen den Rest der Saison anhalten können.
Teddy Bridgewater (Quarterback, Denver Broncos)
Teddy Bridgewater for MVP? Noch ist die Saison zu jung, um solche Rankings ernsthaft und sinnvoll aufstellen zu können, doch würde jemand jetzt eine solche Liste erstellen, dürfte Bridgewater nicht allzu viele Plätze von der Spitze entfernt sein. Der 28-Jährige gehört nach zwei Saisonspielen in praktisch allen aussagekräftigen Metriken zu den besten Quarterbacks der Liga: Bridgewater ist die Nummer zwei in ESPNs QBR, die Nummer zwei in der Success Rate, die Nummer drei in Exptected Points Added pro Play und die Nummer zwei in Completion Percentage over Expectation.
Bridgewater spielt auf einem Niveau, das selbst seine größten Fürsprecher wohl kaum haben kommen sehen. Denn der Broncos-QB ist bislang mehr als "nur" der sichere Game-Manager, der die Offense gut genug bewegen kann, um in Verbindung mit der starken Defense Spiele gewinnen zu können. Bridgewater spielt aggressiv und hat keine Angst davor, seinen starken Receivern auch Downfield zu vertrauen: Seine 9,6 Air Yards pro Passversuch sind ligaweit ein Top-10-Wert und zwei Yards mehr als noch in der vergangenen Saison bei den Carolina Panthers.
Hinter Bridgewater liegen zwei fehlerfreie Spiele, in denen er deutlich mehr machte als nur die Plays, die ihm die Struktur der Broncos-Offense präsentierte, auszuführen. Vor allem unter Druck glänzte der einstige Erstrundenpick: Gegen Pressure brachte Bridgewater bislang 22 von 28 Pässen für zwei Touchdowns ohne Interceptions an. Darüber hinaus wich er mehrfach nahenden Pass-Rushern aus und sorgte außerhalb der Pocket für so manches Highlight-Play.
Gerade deshalb ist bei einer Prognose für den weiteren Saisonverlauf allerdings noch Vorsicht geboten. Leistungen unter Druck zählen zu den am wenigsten stabilen Metriken für Quarterbacks. Ob Bridgewater seine formidablen Plays gegen Pressure also auch in den kommenden Wochen aufrecht erhalten können wird, bleibt also vorerst noch abzuwarten.
gettyAllerdings: Angesichts der Vorstellungen seiner Offensive Linemen in den ersten zwei Wochen ist bei Bridgewaters Supporting Cast auch noch Luft nach oben. Nur Josh Allen (31) und Zach Wilson (30) standen in den ersten zwei Saisonspielen noch häufiger unter Druck als Bridgewater (28), Denvers eigentlich solide besetzte O-Line kann mehr. Sollte Bridgewater in seinen nächsten Spielen seltener unter Druck stehen, würde es weniger ins Gewicht fallen, falls er seine herausragenden Leistungen gegen Pressure nicht ganz aufrecht erhalten kann.
Kann Bridgewater die gesamte Regular Season auf dem Niveau der bisherigen zwei Spiele spielen? Das darf durchaus bezweifelt werden und doch wäre er nicht der erste Quarterback, der dank eines starken Supporting Casts und eines starken Schemes eine überdurchschnittlich gute Saison spielen kann. Dass Bridgewater mit einer guten Defense an seiner Seite Spiele gewinnen kann, hat er zudem bereits oft genug bewiesen: Von 26 Starts, in denen seine Defense laut EPA besser als durchschnittlich spielte, gewann Bridgewater in seiner Karriere satte 21.
Und doch ist beim Blick auf den weiteren Saisonverlauf der Broncos vorerst noch Vorsicht geboten. Denver sah in den ersten zwei Wochen wie ein Playoff-Team aus, die eigene Division könnte allerdings zu den härtesten in der NFL zählen. Im Vergleich mit Patrick Mahomes, Justin Herbert und Derek Carr dürfte Bridgewater trotz seiner starken Vorstellungen bisher der schwächste Quarterback in der AFC West sein.
Nach dem Aufeinandertreffen mit den Jets am kommenden Sonntag geht es für die Broncos anschließend gegen die Ravens, Steelers, Raiders, Browns, das Football Team und die Cowboys. In diesem Saisonabschnitt sollte sich zeigen, wie stark und wie konstant Bridgewater und die Broncos tatsächlich sind.
Der Pass-Rush der Buffalo Bills
Tre'Davious White. Micah Hyde. Jordan Poyer. Matt Milano. Tremaine Edmunds. Die Defense der Bills schien in der letzten Saison auf dem Papier stärker besetzt zu sein als die Zahlen, die die Unit letztlich auf dem Feld auflegen konnte, vermuten lassen würden. Während die Offense rund um Josh Allen dominierte, kam die Defense 2020 nicht über den Status einer durchschnittlichen Verteidigung hinaus. Vor allem, weil der eigene Pass-Rush zu häufig zu zahnlos daherkam.
Ein Problem, das zumindest mit Blick auf die ersten zwei Saisonspiele der neuen Spielzeit gelöst zu sein scheint. Buffalo investierte im Draft seinen Erst- und seinen Zweitrundenpick in die Defensive Line. Investitionen, die sich auszahlen könnten.
Gegen die Dolphins dominierte der Pass-Rush der Bills am Sonntag praktisch nach Belieben. Buffalo kam auf eine Pressure-Quote von mehr als 45 Prozent, 38 Pressures und sechs Sacks. Tua Tagovailoa wurde bei einem Passversuch so hart von A.J. Epenesea erwischt, dass er den Rest des Spiels von der Seitenlinie aus verfolgen musste.
Im Saisonauftakt gegen die Steelers stachen die nackten Statistiken zwar noch nicht ganz so ins Auge - Mario Addison verbuchte den einzigen Sack für die Bills -, doch auch in Week 1 hinterließ die Defensive Line einen guten Eindruck. Ben Roethlisberger vermied durch seine schnellen Pässe zwar viele Sacks und Pressures, Buffalos Front Seven dominierte aber im Run-Game, in dem Najee Harris überhaupt nicht zur Entfaltung kam.
Nach zwei Wochen stellen die Bills laut EPA/Play hinter den Panthers die statistisch zweitbeste Defense der Liga. In der Verteidigung gegen den Pass befindet sich Buffalo gemeinsam mit Carolina und New England in einer elitären Klasse - weit vor dem Rest der Liga.
Natürlich: Mit den Steelers und den Dolphins, insbesondere mit Jacoby Brissett, profitierte der Pass-Rush der Bills in den bisherigen Spielen auch von angenehmen Matchups. Pittsburghs und Miamis Offensive Lines dürften ligaweit zu den schwächsten gehören. Unlösbar scheinen die Aufgaben in den kommenden Wochen (Football Team, Texans, Chiefs, Titans, Dolphins, Jaguars, Jets) für Jerrry Hughes, Gregory Rousseau und Co. aber auch nicht zu werden.
Die Bills mögen in ihrer Front Four keinen Elite-Spieler wie T.J. Watt, Myles Garrett oder Joey Bosa haben, dafür punkten sie jedoch mit ihrer herausragenden Tiefe. Gegen die Steelers kamen Ed Oliver, Justin Zimmer, Gregory Rousseau, A.J. Epenesa, Jerry Hughes, Vernon Butler, Star Lotulelei und Mario Addison allesamt auf mindestens zwei Pressures, bis auf Butler und Addison verbuchten sie zudem allesamt eine Pressure-Rate von über 20 Prozent.
Buffalo wird die guten Eindrücke aus den ersten Wochen in den kommenden Spielen erst noch bestätigen müssen, besser als in der vergangenen Saison wirkt der Pass-Rush des Teams aber in jedem Fall. Nun liegt es an Allen und der Offense ihre Form aus der Vorsaison wiederzufinden.
Die Defense der Las Vegas Raiders
Nur 19 gewonnene Spiele in drei Jahren, keine Saison mit einer positiven Bilanz abgeschlossen. Jon Grudens Zeit bei den Raiders ist bislang nicht wirklich von Erfolg geprägt. Gruden brachte zwar immer wieder gute Offenses auf den Rasen, wurde jedoch stets von seiner eigenen Defense im Stich gelassen. Ist 2021 nun das Jahr, in dem Grudens Defense endlich solide bis gut ist?
Die ersten Eindrücke der neuen Saison sind positiv. Nach zwei Spielen befinden sich die Raiders laut EPA/Play defensiv im oberen Mittelfeld. Der Grund für die guten Vorstellungen bislang vor allem: der eigene Pass-Rush.
Hinter Maxx Crosby liegen zwei herausragende Spiele. Mit 16 Pressures führt der Pass-Rusher die Liga an, in der gesamten letzten Saison kam er gerade mal auf 46 Pressures. Doch Crosby ist nicht alleine: Neuzugang Yannick Ngakoue sammelte acht Pressures (so viele wie beispielsweise Browns-Star Myles Garrett), zudem hinterließ auch der einstige Draft-Bust Solomon Thomas bislang einen sehr guten Eindruck.
Der Wert der starken Vorstellungen des Pass-Rushs sind für Las Vegas kaum zu überschätzen, schließlich ist ein Pass-Rush, der den gegnerischen Quarterback ohne Blitzing unter Druck setzen kann für die defensive Philosophie des neuen Defensive Coordinators Gus Bradley elementar wichtig. Bradley ist einer der wenigen verbliebenen Verfechter der einst so dominanten Cover-3-Defense in der NFL, er baut somit konstant auf einen Four-Man-Rush mit Zone-Defense dahinter.
Bei den Raiders kann Bradley defensiv nun auf zahlreiche Spieler bauen, mit denen er in der Vergangenheit bereits erfolgreich zusammengearbeitet hat und die mit seinem Scheme dementsprechend vertraut sind: Ngakoue, K.J. Wright und auch Casey Hayward zeigten in den ersten zwei Wochen allesamt richtig starke Leistungen.
Noch ist bei den Vorstellungen der Raiders allerdings Vorsicht geboten: Mit den Ravens und den Steelers räumte Las Vegas zwar zwei echte Schwergewichte aus dem Weg, für eine besonders explosive Passing-Offense sind allerdings weder Baltimore noch Pittsburgh bekannt. Selbst gegen diese Gegner ließ die Defense allerdings bereits drei Pässe über 40 oder mehr Yards zu - nur die Chiefs sind hier noch schlechter.
Darüber hinaus drohen Missed Tackles, bereits in der Vorsaison eine Schwäche der Raiders-Defense, auch in dieser Spielzeit ein Problem zu werden. Explosive Plays durch die Luft und verpasste Tackles sind für keine Defense eine gute Kombination, zumal diese Schwächen allenfalls partiell durch das Scheme negiert werden können.
Positiv allerdings: Mit den Dolphins, Chargers, Bears, Broncos, Eagles und Giants bleibt die Qualität der gegnerischen Offenses bis zur Saisonmitte relativ überschaubar. Zumindest in der ersten Saisonhälfte könnten die Raiders somit tatsächlich mal in den Luxus einer statistisch überdurchschnittlichen Defense kommen.
Jalen Hurts (Quarterback, Philadelphia Eagles)
Ist Jalen Hurts wirklich eine positive Überraschung? Nach elf Punkten gegen die 49ers am vergangenen Sonntag? Ja, denn auch gegen San Francisco dirigierte Hurts eine Offense, die deutlich mehr als elf Punkte hätte auflegen müssen.
Beispielhaft dafür steht Hurts' 36-Yard-Beinahe-Touchdown-Pass auf Jalen Reagor kurz vor dem Ende des ersten Viertels. Der 23-Jährige hatte einen perfekten Deep Pass an die rechte Seitenlinie geworfen, sein Receiver war jedoch unmittelbar vor dem Catch ins Aus getreten. Nach einem negativen Run bei Third-and-One wurde das Field Goal der Eagles geblockt, im nächsten Drive war Philly bei einem Fourth-and-Goal nicht erfolgreich. Es wäre mehr drin gewesen.
Hurts spielte zwar nicht ganz so stark wie zum Saisonauftakt gegen die Falcons, als er Atlantas Defense mit zahlreichen zielgenauen kurzen Pässen auseinandernahm und auch außerhalb der Pocket für einige Highlights sorgte, zeigte aber doch erneut eine couragierte Leistung.
Hurts hielt den Ball etwas zu lange, setzte vielleicht etwas zu häufig zu Scrambles an und warf den ein oder anderen Risikoball - alles Punkte, die an seine Auftritte 2020 erinnerten -, dennoch präsentierte er sich gegen eine unangenehme Defense durchaus schlagfertig. Der ehemalige Sooners-Quarterback warf mehrere schöne Deep Balls und sorgte mit seinen Scrambles immer wieder für größere Raumgewinne.
Philadelphias Pass-Protection wackelte nach dem frühen Ausfall von Right Guard Brandon Brooks merklich, Landon Dickerson musste bei seinem NFL-Debüt noch ordentlich Lehrgeld zahlen. Eine Entwicklung, unter der besonders Hurts zu leiden hatte, er stand bei fast der Hälfte seiner Dropbacks unter Druck.
Hurts' Leistungen über die ersten zwei Wochen der Saison waren ermutigend - insbesondere für einen Quarterback, den einige vor dem Saisonstart allenfalls als Übergangslösung auf der Position gesehen hatten. Nach zwei Wochen belegt er in puncto EPA/Play Platz sechs, bei Pro Football Focus ist seine Bewertung aktuell sogar die zweitbeste unter allen Quarterbacks, nur Tom Brady kommt noch besser weg.
In den kommenden zwei Wochen stehen mit den Cowboys und Chiefs zwei einladende Matchups für Hurts an, ehe mit den Panthers und Buccaneers gefährlichere Defenses warten. Der 23-Jährige wird dabei nicht wie ein Elite-Quarterback spielen müssen, sollte aber zumindest beweisen, dass er eine überdurchschnittliche Lösung auf der Position werden kann - andernfalls dürften die Eagles sich im kommenden Sommer nach einem neuen Franchise-Quarterback umsehen.
Die Houston Texans
Gerade mal eine Woche brauchten die Texans, um mehr Siege einzufahren als ihnen so mancher (besonders pessimistischer) Kritiker vor der Saison zugetraut hätte. Houston dominierte in Week 1 gegen die Jaguars und auch gegen die Browns präsentierte sich das Team von Head Coach David Culley lange durchaus konkurrenzfähig. Wer hätte das gedacht?
Der Hauptgrund für die guten Leistungen der Texans: Quarterback Tyrod Taylor. Taylor spielte eineinhalb beeindruckende Spiele, gegen die Jaguars immer wieder auch als aggressiver Downfield-Passer, gegen die Browns vor allem als schneller Ballverteiler, der zehn von elf Pässen für 11,4 Yards pro Pass an den Mann brachte.
Der 32-Jährige unterstrich somit einmal mehr, dass er das Zeug zu einem veritablen NFL-Starter hat - auch wenn er nun erneut durch unglückliche Umstände zum Zugucken verdammt wird: Wegen einer Oberschenkelverletzung wird Taylor wohl mehrere Wochen ausfallen.
Doch auch über ihren Quarterback hinaus konnten die Texans in den ersten beiden Wochen auf mehrere starke Leistungen bauen: Brandin Cooks unterstrich, dass er nach wie vor ein Nummer-eins-Receiver in der NFL sein kann, die Offensive Line überzeugte über weite Strecken im Pass-Blocking und die Secondary spielte besser als irgendein Beobachter vor dem Saisonstart hätte vermuten können.
Sind die Texans somit plötzlich kein Kandidat mehr auf den Nummer-eins-Pick im Draft 2022? Dieser Schluss wäre sicherlich verfrüht. Zum einen präsentierte sich der Pass-Rush defensiv tatsächlich so zahnlos wie angenommen, vor allem aber wird der Ausfall von Taylor Houston merklich schwächen.
Deshaun Watson wird weiterhin nicht für die Franchise zum Einsatz kommen, somit steigt Davis Mills zum Starting Quarterback auf. Eine Aufgabe, der der Drittrundenpick aus dem vergangenen Draft womöglich nicht gewachsen sein wird.
Nach Taylors Verletzung stellten die Browns am vergangenen Sonntag konstant die Box zu, um das Laufspiel der Texans zu stoppen. Cleveland lud Mills dazu ein, den Ball zu werfen. Ein Umstand, den der 22-Jährige nicht für sich nutzen konnte: Er brachte weniger als 50 Prozent seiner Pässe an und warf eine Interception. Seine Completion Percentage Over Expectation betrug satte 14,7 Prozentpunkte im Minusbereich.
Houstons Leistungen in den ersten beiden Saisonspielen waren durchaus überraschend gut. Inwieweit deshalb weitere Siege in den kommenden Wochen zu erwarten sind, ist allerdings sehr fraglich. Der Nummer-eins-Pick bleibt für die Franchise (vorerst) in Reichweite.
NFL: Die Spiele in Week 3
Datum | Uhrzeit | Heim | Gast |
24.9.2021 | 2.20 Uhr | Houston Texans | Carolina Panthers |
26.9.2021 | 19.00 Uhr | Pittsburgh Steelers | Cincinnati Bengals |
26.9.2021 | 19.00 Uhr | Cleveland Browns | Chicago Bears |
26.9.2021 | 19.00 Uhr | Tennessee Titans | Indianapolis Colts |
26.9.2021 | 19.00 Uhr | New England Patriots | New Orleans Saints |
26.9.2021 | 19.00 Uhr | Buffalo Bills | Washington Football Team |
26.9.2021 | 19.00 Uhr | Detroit Lions | Baltimore Ravens |
26.9.2021 | 19.00 Uhr | Kansas City Chiefs | Los Angeles Chargers |
26.9.2021 | 19.00 Uhr | New York Giants | Atlanta Falcons |
26.9.2021 | 19.00 Uhr | Jacksonville Jaguars | Arizona Cardinals |
26.9.2021 | 22.05 Uhr | Denver Broncos | New York Jets |
26.9.2021 | 22.05 Uhr | Las Vegas Raiders | Miami Dolphins |
26.9.2021 | 22.25 Uhr | Minnesota Vikings | Seattle Seahawks |
26.9.2021 | 22.25 Uhr | Los Angeles Rams | Tampa Bay Buccaneers |
27.9.2021 | 2.20 Uhr | San Francisco 49ers | Green Bay Packers |
28.9.2021 | 2.15 Uhr | Dallas Cowboys | Philadelphia Eagles |