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Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 11 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf Woche 11 in der NFL.
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2. Chiefs vs. Cowboys: Es ist eine Matchup-Liga

Das Spiel der Chiefs gegen die Raiders in der Vorwoche fühlte sich an wie der berüchtigte Knoten, der sich einfach mal lösen muss. Und wenn das mal passiert ist, dann klappen all die kleinen Dinge wieder, die wochenlang unmöglich schienen und alles wirkt fast wie zuvor, vor diesem Durchhänger, den man sich in seiner Gesamtheit ohnehin nie komplett erklären konnte.

So die Bilderbuch-Theorie.

Die Realität der Situation aber ist auch, dass dieses Spiel in gewisser Weise sinnbildlich für diese Saison stand. Eine Saison, in der es kein wirklich dominantes Team gibt; kein Team, das scheinbar unabhängig vom Matchup dominiert, oder zumindest gegen jeden Gegner so stark aufspielen kann, dass es überzeugt. Ohne Schwächephase, ohne dass der Nimbus der Unangreifbarkeit ernsthafte Kratzer bekommt.

Das liegt einerseits an dem hohen Maß an Ausgeglichenheit in der NFL. Und natürlich ist es schlicht und ergreifend schwierig, selbst wenn man einen Elite-Quarterback oder eine starke Defense hat, Woche für Woche das überlegene oder zumindest ein höchst kompetitives Team aufzubieten.

Aber wir sind auch gerade in einer Phase des Football-Zyklus, in dem Defenses mehr Antworten finden und Offenses erst auf diese Antworten wiederum Antworten finden müssen. In Teilen passiert das bereits, und es ist nicht so, als würden wir gerade eine von Defenses dominierte Saison erleben. Aber das Resultat von alledem ist, dass wir inmitten einer Saison sind, in welcher vor allem eine Sache das Bild prägt und für das hohe Maß an wöchentlichen Überraschungen verantwortlich ist: Matchups prägen diese Saison.

Manche Teams funktionieren gegen andere Teams exzellent, auch wenn man anhand der jüngsten Ergebnisse beider Teams einen klaren Sieg in die andere Richtung erwartet hätte. Inkonstante Offenses auch bedingt durch spezifische Matchups sorgen für ein hohes Maß an Varianz.

Das waren zugegebenermaßen viele Wörter, um zu erklären, dass die Raiders auf ihrer Single-High-Struktur beharrten. Las Vegas weigerte sich, seine Defense an die offensichtlichen Schwachstellen der Chiefs-Offense anzupassen. Die Raiders sind eine Cover-3-Base-Defense, und indem sie darauf beharrten, gaben sie den Chiefs genau die Räume, die Kansas City seit Wochen verzweifelt gesucht hatte.

Chiefs finden ihre Matchups gegen die Cowboys

Und den Matchup-Part kann man auch auf den Chiefs-Erfolg gegen Dallas ausdehnen. Denn auch die Cowboys-Defense unter Dan Quinn lag den Chiefs strukturell, und man kann Kansas City förmlich dabei zusehen, wie die Offense einerseits davon profitiert, dass eben diese Räume plötzlich wieder da sind, die Chiefs gleichzeitig aber auch wieder mehr aus ihrer Offense herausholen, ohne dass Mahomes die Mega-Plays auflegen muss.

Was ist damit gemeint? Kansas City wird schrittweise wieder deutlich besser darin, das Feld in die Breite zu ziehen, um daraus Big Plays zu kreieren. Die Vielzahl an Jet Sweeps, Screens, diverse Plays, die nach außen attackieren - um dann aufbauend darauf vertikal zu gehen und Räume in der Mitte zu kreieren. Das ändert die ganze räumliche Vorstellung der Offense und sorgt maßgeblich dafür, dass die Chiefs-Offense wieder mehr "wie gewohnt" aussieht.

Selbst auf die andere Seite des Balls lässt sich der Matchup-Part anwenden. Dak Prescott spielt eine wirklich sehr gute Saison und glänzt nicht zuletzt darin, gegnerische Blitzes zu zerlegen. Die Chiefs und Defensive Coordinator Steve Spagnuolo schlugen dennoch mit Aggressivität in doppelter Art und Weise Kapital aus zwei kritischen Ausfällen aufseiten der Cowboys, die ohne Left Tackle Tyron Smith und ohne Wide Receiver Amari Cooper antreten mussten.

KC agierte sehr vielseitig in seinen Coverages, in dem Wissen, dass Dallas' Passspiel einfach eine Schicht verliert, wenn die Cowboys nicht CeeDee Lamb und Amari Cooper haben. Nach Lambs Verletzung wurde diese Situation in der zweiten Hälfte umso eklatanter. Und die Chiefs attackierten die Offensive Line der Cowboys, die ohne Smith einfach eine klare Schwachstelle hat, extrem gut. Dallas war so auch signifikant limitiert, wenn die Cowboys in ihre Empty Packages gingen.

Sind die Chiefs jetzt zurück?

Die Chiefs blitzten Prescott vielseitig, teilweise auch sehr aggressiv, spielten aber auch mit ihren Rush-Paketen und kamen aus Pre-Snap-Blitz-Looks mit dem 4-Man-Rush durch, angeführt durch einen absurd starken Chris Jones. Spagnuolo wusste, wo er seine Matchups verletzungsbedingt ansetzen kann, Prescott startete etwas hektisch in die Partie und machte Fehler, während Kansas City das Early-Down-Run-Game gut stoppte und so weitere dieser Passing-Situationen heraufbeschwor.

Und ich warne immer noch davor, "die Chiefs sind zurück" zu proklamieren. Kansas City zeigt für sich betrachtet positive Tendenzen, aber profitierte jetzt eben auch von besseren Matchups, nachdem das gegen Green Bay, New York und Tennessee anders ausgesehen hatte. Positiv ist aktuell, dass die Defense längst nicht mehr der Mühlstein ist, der um den Hals der Offense hängt und mitgeschleppt werden muss - sondern dass die Chiefs hier mittlerweile einen zusätzlichen Floor als Team bekommen. Das hilft enorm.

Ich würde auch immer noch sagen, dass die Offensive Line außen ihre Wackler hat, und da ist vielleicht auch die Abstimmung mit den teilweise, sagen wir "ungewöhnlichen" Dropbacks von Mahomes noch ein Thema. Ich würde auch immer noch sagen, dass Mahomes nach wie vor einiges an Turnover-Pech hat; der Pick gegen Dallas ging auch nicht auf seine Kappe.

Das ist vielleicht auch die simpelste Erkenntnis hier: Selbst wenn wir sagen, dass die Chiefs langsam auf dem Weg der Besserung sind - und das sind sie, defensiv wie offensiv, in meinen Augen -, dann bleibt die Erkenntnis, dass auch die Chiefs bis auf weiteres nicht "über Matchups erhaben" sind. Eine Auszeichnung, die sie in den vergangenen Jahren mehrfach für sich beanspruchen konnten.

Aber auch diese Erkenntnis passt eben - und ist mitgestaltend - in das Gesamtbild dieser Saison.