5. Umbrüche: Giants, Panthers, Dolphins - wann ist Schluss?
Mit -10 Net Passing Yards sorgten die Giants gegen Chicago für einen weiteren bitteren Tiefpunkt in einer Saison, die nicht gerade arm an Tiefpunkten war. Ja, New York konnte den Ball am Boden einigermaßen bewegen, aber seit der Verletzung von Daniel Jones wird die uninspirierende Natur dieser Offense umso deutlicher.
Dass sich Joe Judge danach vor die Presse stellte und - neben einem längeren Rant - erklärte, dass ihm heute noch ehemalige Spieler aus dem Vorjahr sagen würden, dass sie lieber wieder für die Giants spielen würden, und dass intern viele Dinge in die richtige Richtung laufen würden, wirkt in erster Linie wie ein verzweifeltes Verteidigen der eigenen Rolle.
Die Aussagen nach dem Spiel in ihrer Gesamtheit stinken geradezu nach vielen leeren Phrasen. Phrasen über Energie im Team, über den Charakter eines Teams mit einem merkwürdigen Vergleich zu 2018 bei den Patriots, darüber, wie tough die Stadt ist, wie das Team einen Turnaround eigentlich schon hingelegt hat, der aber nicht auffällt, weil Reporter wegen Corona nicht täglich in der Kabine sind, und so weiter.
Und ich muss ehrlich sagen: Es ist schwer, darauf zu vertrauen, wenn das Produkt auf dem Platz so leer wirkt. Nur weil das Team sich nicht direkt aufgibt in einem Spiel? Das ist schön, aber das reicht nicht als messbarer Fortschritt in Jahr 2. Diese Aussagen wirken dann wie leere Worthülsen, wie Durchhalteparolen.
Einerseits bin ich der Meinung, dass Umbrüche Zeit brauchen, das lässt sich auf Matt Rhule in Carolina erweitern, der zuletzt ebenfalls nochmals betonte, dass der Prozess funktioniere, nur die Ergebnisse noch nicht sichtbar seien. In unter drei Jahren ist es schwer, etwas komplett neu aufzubauen; und ohne einen Franchise-Quarterback ist es in der Zeit kaum möglich.
Aber auch Geduld will verdient sein.
Panthers und Giants: Mentalität ist nicht alles
Bei den Panthers frage ich mich, ob die Vision, die Rhule präsentiert - ein defensives Team, das offensiv über den Run kommen will -, zeitgemäß ist. Ob das die Vision eines Teams ist, auf dessen Entwicklung man warten möchte. Für einen kurzen Moment auch mal unabhängig vom gesamten Managements der Quarterback-Position.
Bei den Giants frage ich mich, wo genau Judge dieses Team besser gemacht hat, und was generell die Vision für dieses Team ist. Judge soll bleiben, er soll wohl auch in die GM-Suche mit eingebunden werden. Intern scheint man von seiner Vision für dieses Team überzeugt zu sein, aber ich bin nicht sicher, was genau diese sein soll. Ein besonders toughes Team? Das verbinde ich nicht mit den Giants. Ein extrem diszipliniertes Team? Auch eher weniger.
Die Offense scheint ziemlich im Nichts zu sein, nicht erst nach dem Coordinator-Wechsel. Daniel Jones ist vermutlich nicht die Antwort, aber er könnte auf jeden Fall besser sein, wenn die Umstände besser wären. Die Defense wurde in der Offseason - genau wie die Offense - individuell deutlich verbessert und enttäuschte dann sportlich ziemlich.
Einer Franchise eine Mentalität, eine Kultur, eine Identität einzuimpfen, das alles ist schön und gut. Aber ohne Siege wird das nie funktionieren; weil so viel Zeit bekommt ein Head Coach selten - und all diese Dinge zu implementieren ist so viel schwieriger, wenn die Spieler dabei die Ergebnisse nicht sehen.
Dolphins gehen baden - was wird jetzt aus Tua?
Vielleicht spielte der Regen wirklich eine größere Rolle, es wirkte zumindest so, als hätte es Tua Tagovailoa in Nashville am Sonntag nie so richtig geschafft, den Ball unter Kontrolle zu bringen. Nicht nur der verlorene Fumble, bei welchem er den Ball in der Wurfbewegung schlicht verlor, legte das nahe.
Tua hatte, man muss das so klar sagen, ein wirklich schlechtes Spiel. Hat regelmäßig Receiver verfehlt, war regelmäßig knapp - und manchmal auch deutlicher - daneben, und in einem Spiel gegen einen Playoff-Kontrahenten, in dem Miami für einen Sieg und für das Fortbestehen der Playoff-Hoffnungen einfach mehr von der Offense und mehr von seinem Quarterback gebraucht hätte, war beides schlicht nicht da.
Mit dem Sieg der Chargers später am Abend gegen Denver sind die Dolphins damit offiziell aus dem Playoff-Rennen eliminiert, und so gehören auch die Dolphins zu den Teams, bei denen die Offseason in den Mittelpunkt rückt. Ich bleibe dabei, dass diese Saison durch die Umstände nur wenige echte Rückschlüsse über Tua zulässt, wie ich auch dabei bleibe, dass die 7-Spiele-Siegesserie wenig über das Team aussagt. Sieben Spiele in Serie zu gewinnen ist schwer in der NFL, der Spielplan für die Dolphins war dafür aber sehr angenehm. Beide diese Dinge können zutreffen.
Die Offense war das ganze Jahr über viel zu simpel, was natürlich maßgeblich durch die Probleme in der Offensive Line geprägt war. Man kann hier fairerweise darüber diskutieren, ob ein anderer Quarterback aus dieser Situation mehr hätte machen können; Tatsache ist aber, dass uns diese Saison in der Evaluierung von Tua nur minimal weitergebracht hat. Das ist das größte Problem für die Dolphins aus dieser Saison.
Unter dem Strich steht ein drittes Jahr unter Flores und ein drittes Jahr ohne Playoffs, mit einem Team, das sich im Vergleich zum Vorjahr sportlich gesehen nicht weiterentwickelt hat. In dem sehr viele sehr rasche Entscheidungen in puncto Roster-Building getroffen wurden. In dem die Offensive Line als Großbaustelle in die Offseason geht.
Es würde mich nicht wundern, wenn die Antwort der Dolphins letztlich dennoch der Trade für Deshaun Watson wäre, um Löcher im Kader zu kaschieren und 2022 den Sprung in die Playoffs zu schaffen, während man die weiteren Baustellen schrittweise angeht. Ich weiß generell nicht, wie viel ich Miami was die Zusammenstellung des Kaders angeht noch vertraue.