Geduld bewahren, wo es angebracht ist
Die Green Bay Packers mögen mit ihren jüngsten Drafts nicht immer offensichtlich gute Entscheidungen getroffen - und bei ihrem Franchise-QB für Frustration gesorgt - haben. Doch was die Packers schon seit vielen Jahren richtig machen, ist, für starke QB Rooms zu sorgen.
Die generelle Erkenntnis: Solange der Franchise-QB da ist, ist man konkurrenzfähig, doch wenn er mal ausfällt, muss angemessener Ersatz vorhanden sein. Zudem sollte man einigermaßen für die Zukunft gerüstet sein. Die Packers spielen hier also schon länger das "Long Game". Das taten sie schon in den finalen Jahren von Brett Favre, als sie 2005 Aaron Rodgers zogen, obwohl da noch nicht absehbar war, wie lange der legendäre Favre noch spielen würde.
Die Packers bewiesen schon damals Geduld, als sie bis Position 24 warteten und ihnen Rodgers in den Schoß fiel. Er war damals als Top-Pick gehandelt worden, doch die 49ers zogen Alex Smith. Die Packers, die Rodgers hoch einschätzten, konnten dann ihr Glück nicht fassen und ergriffen die Gelegenheit beim Schopf.
Und dann hatten sie kein Problem damit, Rodgers erstmal drei Jahre auf der Bank zu parken, ehe er schließlich übernahm. Was danach passierte, war und ist eine beeindruckende Karriere mit nun vier MVP-Titeln und einem Super-Bowl-Ring für Rodgers. Es liegt auf der Hand, hier zu erkennen, dass der Plan mit Jordan Love ganz ähnlich war, auch wenn der Pick im Endeffekt nicht funktioniert hat.
Angehende Top-Quarterbacks müssen nicht zwingend sofort starten
Und Rodgers ist kein Einzelfall, wenn es darum geht, einen QB zu draften und ihn nicht sofort starten zu lassen. Einige der besten Quarterbacks der letzten Jahre und Jahrzehnte waren nicht sofort Starter. Mahomes saß etwa ein Jahr hinter Smith, ehe er übernahm in Kansas City. Drew Brees saß in seiner ersten Saison in San Diego hinter Doug Flutie auf der Bank. Und selbst Tom Brady, der damals sogar nur die Nummer 3 oder 4 war, wartete hinter Drew Bledsoe mehr als ein Jahr auf seine Chance.
Es ist also keine Schande, nicht direkt der Auserwählte zu sein. Es kann sich lohnen, einen QB erstmal die Bank reiten und das Clipboard halten zu lassen, um den ganzen NFL-Zirkus zunächst aus sicherem Abstand auf sich wirken zu lassen.
Das knüpft dann aber auch wieder an die ersten beiden Punkte an - diese Teams hatten bereits ein gutes Gerüst parat und einen langfristigen Plan. Zudem bewiesen sie Geduld mit ihren jungen QBs. Die Entwicklung des Quarterbacks abseits des Platzes ist dabei mindestens so wichtig wie das Gerüst, welches diese Teams meist bereitstellen.
Dass auch Quarterbacks, die von Beginn an starten, Erfolg haben können, ist auch klar. Man denke an Joe Burrow, der ohne seine Knieverletzung vermutlich schon als Rookie eine noch bessere Rolle gespielt hätte und eben in Jahr 2 direkt den Super Bowl erreichte. Mac Jones führte sein Team direkt in die Playoffs. Aber bei Lawrence und Wilson darf eben schon bezweifelt werden, ob diese wirklich so früh ins kalte Wasser hätten geworfen werden müssen.
Sie starteten letztlich aber vor allem deshalb, weil es eben keine brauchbaren Alternativen beziehungsweise Platzhalter gab. Auch hier stellt sich die Frage, wo der übergreifende Plan war.
Nichts ist wichtiger als ein Franchise-Quarterback
Abschließend sollte eines klar sein: Wer keinen Franchise-Quarterback hat, sollte alles daran setzen, einen solchen zu bekommen. Und wenn das über den Draft passiert, muss man eben die Chance ergreifen, wenn sie sich ergibt. Und es kann sich lohnen, mit einem starken Gerüst auch teuer hoch zu traden und das entsprechende Kapital aufzubringen.
So haben es die Niners mit ihrem Trade im Vorjahr gemacht. So machten es ein paar Jahre zuvor die Chiefs mit ihrem damaligen Trade für den Pick, der Mahomes wurde. Oder die Texans mit dem Pick für Deshaun Watson. Oder die Bills mit Josh Allen. Die Liste hier ist lang.
Sollte ein Team in diesem Jahr also der Überzeugung sein, dass einer der vorhandenen Quarterbacks die langfristige Lösung sein könnte, dann sollte es nicht zögern, diesen QB auch im Draft zu bekommen - auf welchem Wege auch immer. Und wenn man mit dieser Einschätzung daneben liegen sollte, dann gilt es, im kommenden Jahr einen weiteren Anlauf zu starten.
Die Cardinals zogen Kyler Murray damals nur ein Jahr, nachdem sie zuvor schon mit einem Erstrundenpick sogar via Uptrade Josh Rosen geholt hatten. Rosen brachte trotz einer desolaten Rookie-Saison noch einen Zweitrunden-Pick der Dolphins ein.
Die QB-Klasse von 2022 mag nicht das beste Beispiel für diesen Ansatz sein. Und doch gibt es keine andere Position, auf der man derart kompromisslos agieren sollte, wie beim Quarterback.