NFL: Die größten Fragezeichen der NFC vor dem Start des Training Camps

Marcus Blumberg
20. Juli 202210:45
Tom Brady geht in seine womöglich letzte NFL-Saison ohne sein Lieblingstarget Rob Gronkowski.getty
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In der kommenden Tagen und Wochen öffnen die Training Camps der NFL ihre Pforten, der Saisonstart Anfang September rückt immer näher. Doch auch jetzt ist längst noch nicht alles klar bei den Teams. SPOX nennt die größten Fragezeichen der Teams aus der NFC.

NFL - Training Camp: Die größten Fragezeichen der NFC

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NFC East

Dallas Cowboys: Offensive Kadertiefe

Die Defense der Cowboys verfügt durchaus über einige Alternativen, mit denen Defensive Coordinator Dan Quinn arbeiten kann. Gleiches lässt sich über seinen offensiven Counterpart Kellen Moore jedoch nicht sagen.

In der Offense wirkt vieles auf Kante genäht. Speziell das Receiving Corps ist ein Grund zur Sorge: Blickt man nur auf die Starter, könnte das erneut eine starke Saison werden - doch darf auch nicht allzu viel passieren. Es geht schon los mit Michael Gallup, der vermutlich nicht zum Saisonstart fit sein wird nach seinem Kreuzbandriss der Vorsaison.

Und dahinter wird es schon sehr eng. Mit Jalen Tolbert steht noch ein aktueller Drittrundenpick parat, doch ansonsten sind Simi Fehoko und Noah Brown nicht unbedingt Leute, die über einen längeren Zeitraum Löcher stopfen können. Der Abgang von Amari Cooper muss aufgefangen werden, während man gleichzeitig für Gallups Rückkehr etwas Puffer einplant.

Spannend wird zudem, wie Dalton Schultz auf die Tatsache reagiert, dass er unter dem Franchise Tag spielen muss. Immerhin kam mit Jake Ferguson ein neuer Tight End im Draft dazu.

New York Giants: Cornerback

Das über Jahre katastrophale Cap-Management von Ex-General-Manager Dave Gettleman fand in Cornerback James Bradberry sein wohl prominentestes Opfer in dieser Offseason. Doch Gettlemans Nachfolger Joe Schoen hatte schlicht keine Wahl und musste einige Leistungsträger abgeben, um den Kaderumbau voranzutreiben.

Die Frage ist nun aber, wer den starken Corner ersetzen wird. Wer startet gegenüber von Adoree' Jackson?

Drittrundenpick Cor'Dale Flott wird wohl eher im Slot zum Einsatz kommen, sodass der Drittrundenpick des Vorjahres, Aaron Robinson, womöglich die besten Karten hat. Aber in Stein gemeißelt scheint das nicht nach seiner überschaubaren Rookie-Saison, in der er auch nur auf neun Einsätze kam. Es drängen sich aber auch keine allzu klaren Alternativen auf, was die Sache verkompliziert.

Immerhin: Die Front Seven kommt imposant daher und sollte mit nun deutlich verbessertem Pass Rush dabei helfen, das Leben für die Passverteidiger leichter zu machen. Allerdings ist es kein Geheimnis, dass der neue Defensive Coordinator Don Martindale starke Cornerbacks für sein Scheme benötigt.

Philadelphia Eagles: Jalen Hurts

Der Eagles-Kader macht was her, so viel scheint schon vor dem Training Camp in der kommenden Woche klar zu sein. Auf der ohnehin guten Basis wurde nachhaltig aufgebaut, allen voran verfügen die Eagles nun über zwei Nummer-1-Receiver mit DeVonta Smith und A.J. Brown, was ihnen gehörig mehr Feuerpower gibt als in den vergangenen paar Jahren.

Und damit kommen wir unweigerlich auf Quarterback Jalen Hurts zu sprechen. Er muss nun den nächsten Schritt machen, um die PS dieser Offense auch auf die Straße zu bringen. Sei es über ein mehr aufs Passspiel ausgelegtes Scheme - da ist Head Coach Nick Sirianni gefragt - oder eben über ein konstanteres Passspiel durch Hurts selbst.

Hurts bekommt die für ihn bestmöglichen Umstände, um zu glänzen und zu zeigen, dass er der Franchise-QB sein sein. Gelingt ihm das nicht, haben die Eagles genügend Munition im kommenden Draft, um ein Upgrade auf QB zu finden.

Washington Commanders: Carson Wentz

Der Quick-Fix für dieses Team ist ein wieder erstarkter Pass Rush durch eine Defensive Line, deren Starter weiterhin allesamt Erstrundenpicks sind. Doch das bringt einen in der heutigen NFL nur an einen gewissen Punkt.

Den Rest des Weges muss die Offense gehen, die nicht konstant genug war. Nun wurde, so die Hoffnung, mit Jahan Dotson endlich ein starker Nummer-2-Receiver gefunden und das mögliche Störfeuer der Vertragssituation von Terry McLaurin durch dessen Verlängerung im Keim erstickt.

Damit geht der Fokus wieder komplett auf Carson Wentz. Er muss mit gutem Personal um sich herum konstant gute Leistungen zeigen, um die Commanders wieder zu einem Team zu machen, das man ernst nehmen muss. Und er muss den Verantwortlichen beweisen, dass er dazu immer noch in der Lage ist. Sein später Meltdown kostete die Colts im Vorjahr die Playoffs.

Wentz wartet im Grunde seit seiner Beinahe-MVP-Saison 2017 auf ein richtig gutes Jahr in der Liga. Um seine Karriere zu retten, muss er daran nun zumindest annähernd anknüpfen.

NFC North

Chicago Bears: Robert Quinn und der Pass Rush

Wie sich der Austausch des Coaching Staffs auf Justin Fields auswirken wird, müssen die kommenden Wochen und Monate erst zeigen, akut ist jedoch eine ganz andere Personalie: Robert Quinn.

Der Edge Rusher hat zwar noch drei Jahre Vertrag, doch seine Garantien sind komplett aufgebraucht. Er blieb sogar dem Minicamp kürzlich fern. Erscheint er also nun ohne neuen Deal zum Training Camp?

Und wenn nicht, wird Pass Rush zur Großbaustelle des Teams. Gerade hier fehlen nach den Abgängen von Khalil Mack und Akiem Hicks die Alternativen. Verkompliziert wird die Situation dadurch, dass keiner so recht weiß, warum Quinn dem Minicamp fernblieb. Offiziell verkündete Head Coach Matt Eberflus lediglich, dass sein Wegbleiben nicht entschuldigt war.

Ist diese Situation geklärt, werden die Reporter im Training Camp vor allem ein Positionsduell beobachten: Wie schlagen sich - und wie sortieren sie sich in der internen Hackordnung - die Wide Receiver?

Detroit Lions: Was ändert sich mit Ben Johnson?

Ben Johnson ist der neue Offensive Coordinatpr der Lions. Er tritt die Nachfolge des entlassenen Anthony Lynn an.

Die Frage ist nun, wie sich die offensiven Tendenzen und das Scheme unter ihm ändern werden. Er selbst ist durchaus beliebt bei den Spielern und machte als Tight Ends Coach bereits einen sehr guten Job und brachte sich zuletzt schon ins Passing Game ein.

Lynn, der zuvor die Chargers gecoacht hatte, wurde bereits im Laufe der Saison 2021 als Play-Caller abgesetzt, ehe er im Januar 2022 entlassen wurde.

Johnson übernimmt eine Offense, die deutlich mehr Feuerpower als noch im Vorjahr aufweist. das größte Fragezeichen ist daher vor allem Quarterback Jared Goff, aber durchaus solide agierte im ersten Jahr in Detroit.

Green Bay Packers: Die Wide Receiver

Wie schwer wiegt der Abgang von Wide Receiver Davante Adams? Und vor allem: Wie wird er kompensiert? Zugleich ist mit Marquez Valdes-Scantling auch der etatmäßige Mann für vertikale Routes abhanden gekommen, weshalb hier einiges umstrukturiert werden muss.

Speziell die Integration von Rookie-Projekt Christian Watson wird spannend, generell aber werden die Packers zeigen müssen, dass sie eine schlagkräftige Passing-Offense aufziehen können, mit einem auf dem Papier zunächst einmal klar geschwächten Receiving Corps.

Darüber hinaus wurde die Besetzung der Offensive Line merklich dünner. Elgton Jenkins ist nach dem Abgang von Dennis Kelly nun der Right Tackle, Royce Newman wiederum hat sich als Right Guard festgespielt.

Im Draft kamen dann mit Zach Tom und Sean Rhyan zwei vielversprechende Guard-Optionen dazu, doch auf Tackle wird die Personaldecke sehr dünn hinter den Startern. Da bleibt zunächst mal nur die Hoffnung, dass allen voran LT David Bakhtiari wieder fit zurückkehrt.

Minnesota Vikings: Das Passing Game

Mit Head Coach Kevin O'Connell kommt frischer Wind in den Norden der NFC. Weg vom übermäßigen Hang zum Run Game und hin zu einer Offense, die deutlich mehr Wert auf den Pass legt.

Es ist sogar die Rede davon, Running Back Dalvin Cook möglichst häufig auch als Target zu nutzen, anstatt ihn nur als Runner einzusetzen. In diesem Bereich wurde in den vergangenen Jahren vieles liegengelassen.

Generell gilt es, Wide Receiver Justin Jefferson noch besser in Szene zu setzen, zumal jener schon vollmundig angekündigt hat, nach der Saison der beste Wide Receiver der Liga zu sein. Nun gilt es, das zu beweisen. Kann O'Connell aus der Offense so viel mehr rausholen, dass Minnesota es zurück in die Playoffs schafft?

NFC South

Atlanta Falcons: Wer spielt Quarterback?

Die Falcons haben sich ein beachtliches und vor allem sehr großes Waffenarsenal zusammengestellt, mit Wide Receiver Bryan Edwards, Erstrundenpick Drake London und Tight End Kyle Pitts. Was fehlt, ist ein Starting Quarterback nach dem Abgang von Matt Ryan.

Marcus Mariota wurde aus Las Vegas geholt, Desmond Ridder im Draft. Letzterer soll weiter sein als die anderen Rookie-QBs seiner Klasse. Doch reicht das, um schon früh Platzhalter Mariota zu entthronen?

Idealerweise bekommt Ridder schon früh Einsatzzeit, schließlich finden die Falcons nur so raus, ob sie im kommenden Draft erneut auf QB-Suche gehen müssen.

Carolina Panthers: Wie hält man McCaffrey frisch?

Jetzt, da mit Baker Mayfield ein neuer Quarterback gefunden wurde - auch wenn nach außen hin von einem "offenen Quarterback-Duell" mit Sam Darnold berichtet wird -, geht der Blick wieder auf den eigentlichen Star dieses Teams: Christian McCaffrey.

Der Running Back verpasste jedoch 23 Spiele in den vergangen zwei Spielzeiten. Und da das kolportierte Vorhaben, McCaffrey in der Offseason zu traden, wenig überraschend gescheitert ist, gehen die Panthers nun zu Plan B über: McCaffreys Workload muss limitiert werden, um ihn frisch zu halten.

Vermutlich werden wir das schon im Training Camp beobachten können. Spannend wird dann zu sehen, wie er darauf reagiert. Sprich: Nimmt er das an? Und wenn ja, macht ihn das effektiver in der dann verringerten Einsatzzeit?

Darüber hinaus: Wie lässt sich dies mit Matt Rhules Präferenz zum Laufspiel in Einklang bringen?

New Orleans Saints: Wie kehrt Michael Thomas zurück?

Seit 2020 warten die Saints nun schon auf die Rückkehr von Star-Receiver Michael Thomas, der mit einer Knöchelverletzung lange raus war und dann auch noch aufgrund irgendwelcher Meinungsverschiedenheiten über seine Behandlung dem Team fernblieb.

Er arbeitet weiter an seinem Comeback und keiner weiß so recht, in welcher Verfassung er ins Training Camp kommen wird - wenn er denn ins Training Camp kommt.

Thomas' Rückkehr aufs Feld jedenfalls würde den Übergang von Sean Payton zum neuen Regime deutlich vereinfachen. Die Saints haben in dieser Offseason endlich intensiv in ihr Receiving Corps investiert, mit Thomas als Nummer 1 hätte New Orleans eine schlagkräftige Gruppe zusammen.

Tom Brady geht in seine womöglich letzte NFL-Saison ohne sein Lieblingstarget Rob Gronkowski.getty

Tampa Bay Buccaneers: Tight End

Die Bucs haben notgedrungen einige Starter ausgetauscht. Ein Abgang, mit dem jedoch kaum jemand gerechnet hatte, ist der von Tight End Rob Gronkowski, der nun doch wieder im Ruhestand ist.

Ihn zu ersetzen wird schwer, speziell weil er sich mit Tom Brady blind verstand. An seine Stelle wird Cameron Brate rücken, der bislang Gronks Backup war. Doch dahinter wird es interessant, da auch O.J. Howard abgewandert ist.

Mit Cade Otton und Ko Kieft gibt zwei vielversprechende Rookies, zudem ist Codey McElroy seit 2019 bereits im Kader, sollte das Scheme also kennen.

Während die anderen Abgänge von Leistungsträgern gut kompensiert wurden, muss dies auf Tight End erst noch nachgewiesen werden.

NFC West

Arizona Cardinals: Wer schließt die Lücken?

Kyler Murray hat immer noch keinen neuen Vertrag unterschrieben, doch es herrscht Optimismus, dass ein Deal noch vor Saisonstart gemacht werden kann. Insofern gibt es größere Probleme in der Wüste. Speziell die Frage danach, wie die namhaften Abgänge und Absenzen zu kompensieren sind.

In der Defense dürfte Ausnahme-Edge-Rusher Chandler Jones enorm fehlen. Zum Beginn des Training Camps jedenfalls ist kein offensichtlicher Ersatz in Sicht. Devon Kennard blieb bislang als Backup blass. Die Hoffnung ist, dass Rookie Cameron Thomas hier schnell in die Bresche springen kann. Oder empfiehlt sich Myjai Sanders, der andere Drittrunden-Pick?

Offensiv wiederum muss für die ersten sechs Wochen Wide Receiver DeAndre Hopkins ersetzt werden. Jener ist wegen Dopings gesperrt, und die Cardinals-Offense hatte in der jüngeren Vergangenheit merkliche Probleme ohne ihren Top-Receiver.

Doch wer übernimmt für den besten Receiver des Teams? Die naheliegende Option ist Marquise Brown, den Murray aus gemeinsamen College-Tagen noch gut kennt, auch wenn dieser nicht so zuverlässig ist wie Hopkins - aber wer ist das schon? Oder sehen wir mehr 2-Tight-End-Sets, nachdem Arizona mit Zach Ertz verlängert und dann Trey McBride in der zweiten Runde gedraftet hat?

Los Angeles Rams: Front Seven

Selbst die All-in-Rams konnten nicht alle Leistungsträger irgendwie halten. Doch während die Abgänge von den Receivern Robert Woods und Odell Beckham Jr. durch Allen Robinson und der Rücktritt von Andrew Whitworth durch Joe Noteboom kompensiert wurden, war das defensiv nicht ganz so einfach.

Hier verlor der amtierende Champion allen voran Edge Rusher Von Miller - nebst anderen. Und nein, sein Abgang wurde nicht kompensiert. Nicht im Ansatz. Stattdessen wird ein interner Konkurrenzkampf von bisherigen Backups ermitteln, wer gegenüber von Leonard Floyd startet. Mit Bobby Wagner kam zwar ein namhafter Linebacker, doch erstens spielt er inside und zweitens ist er bereits 32 und eigentlich nur noch gegen den Run zu gebrauchen.

Wie das mit der übrigen Philosophie dieser Defense, die hauptsächlich auf den Pass fokussiert ist, zu vereinbaren ist, wird sich erst noch zeigen.

In jedem Fall hat Defensive Coordinator Raheem Morris alle Hände voll zu tun, den schwächer gewordenen Pass Rush anderweitig zu kompensieren. Umso mehr, da er dahinter mit Darious Williams auch seinen Nummer-2-Corner verloren hat.

San Francisco 49ers: Was wird aus Jimmy Garoppolo?

Wer hätte gedacht, dass am Ende die 49ers das Team sein werden, das auf seinem namhaften (Backup-)Quarterback sitzen bleibt? Selbst die Browns wurden Mayfield nun los.

Auch wenn Garoppolo nicht als Stinkstiefel gilt, ist seine Präsenz in der Kabine sicherlich eine unnötige Störung für Trey Lance, der nun mal übernehmen soll in seinem zweiten Jahr in der NFL. Insofern ist ein Verbleib wohl ausgeschlossen, von den finanziellen Implikationen ganz zu schweigen.

Was also tun mit Jimmy G? Ein Trade dürfte nur noch zustande kommen, wenn sich anderswo jemand bis zum Ende des Training Camps verletzt. Eine Entlassung ist denkbar und sogar wahrscheinlich, wenn die Kader-Deadline vor der Tür steht, denn sollte Garoppolo diesen Cut überstehen, wäre sein Gehalt in Höhe von rund 25 Millionen Dollar garantiert. Und das können die 49ers nicht wollen.

Seattle Seahawks: Quarterback

Pete Carroll kann noch so oft seine zwei Quarterbacks und seinen internen Konkurrenzkampf preisen. Glauben werde ich, dass man ernsthaft mit Drew Lock und Geno Smith in die Saison gehen wird, erst, wenn dies tatsächlich in Woche 1 noch der Fall sein sollte. Vorher nicht.

Ist das wirklich deren Ernst? Lock oder Smith? Mayfield wurde es trotz früherer Verhandlungen nicht. Zuletzt kursierte auch Garoppolo als Name, doch würden die Niners wirklich einen ihrer Erzrivalen stärken wollen?

Falls die Seahawks hier tatsächlich nicht mehr aktiv werden, gibt es ein offenes Duell um den Startplatz zwischen Lock und Smith. Das wäre dann fraglos, trotz mehrerer hoch gepickter Rookies, die dominierende Storyline rund um das Training Camp der Seahawks.