Die Indianapolis Colts kamen dank eines Meltdowns von Russell Wilson zu einem 12:9-Overtime-Sieg über die Denver Broncos zum Auftakt von Woche 5 in der NFL. Ein Defensivstar wurde dabei zum Helden des Spiels.
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Broncos vs. Colts: Auf einen Blick
In einem auf beiden Seiten über weite Strecken miserablen Spiel sahen die Zuschauer in Denver nur Field Goals - immerhin stellten die Teams damit einen Rekord auf.
Die Broncos hatten die Partie dank einer bärenstarken Defense mit 6 Sacks und 12 QB-Hits gegen Matt Ryan (26/41, 251 YDS, 2 INT) im Griff und waren letztlich nur ein 1st Down vom Sieg entfernt. Dann jedoch warf Russell Wilson (21/39, 274 YDS, 2 INT) eine unglaubliche Interception und hauchte den Gästen neues Leben ein.
Der Österreicher Bernhard Raimann feierte sein Colts-Startdebüt in einer umgekrempelten Offensive Line als Left Tackle. Er leistete sich jedoch bis zur Pause 4 Penalties, darunter 3 für Holding, was die meisten eines Spielers in dieser Saison sind. Nach der Pause stabilisierte er sich.
Denver Broncos vs. Indianapolis Colts: Die Analyse
Das Spiel begann für die Colts unglücklich mit einer Gehirnerschütterung für Running Back Nyheim Hines, der anstelle des verletzten Jonathan Taylor gestartet war. Der erste Drive der Colts resultierte in einem von zahllosen Punts bis zur Pause.
Der erste Drive der Hausherren verlief vielversprechender, endete jedoch wie offenbar üblich in der Red Zone mit einem Field Goal durch Brandon McManus.
McManus legte im zweiten Viertel noch ein Field Goal nach, während die Colts bis spät in der ersten Hälfte brauchten, um selbst für Punkte zu sorgen. Letztlich versenkte Chase McLaughlin ein 52-Yard-Field-Goal. Zuvor hatte Matt Ryan eine unnötige Interception zu Safety Caden Sterns geworfen.
Nach der Pause glichen die Gäste durch ein 51-Yard-Field-Goal sogar aus. Nicht jedoch, ohne zuvor ein paar Chancen liegen gelassen zu haben, etwa mit einem offenen Courtland Sutton auf dem Weg zur Endzone, den Wilson jedoch übersehen hatte. Die Colts wiederum hatten mit zahlreichen Strafen und mehreren Sacks gegen Matt Ryan zu kämpfen.
Die Broncos wurden im dritten Viertel etwas initiativer und aggressiver, so zu sehen an einer 51-Yard-Reception von Sutton. Die Hausherren schafften es erneut in die Red Zone, dieses Mal aber ohne eigene Punkte. Wilson kassierte einen Sack und letztlich entschied sich Head Coach Nathaniel Hackett für einen Field-Goal-Versuch, der jedoch von Grover Stewart geblockt wurde.
Broncos vs. Colts: Wilson und Ryan werfen unnötige Interceptions
Diese Vorlage jedoch nutzten die Colts nicht aus. Im Gegenteil! Bei 3rd&15 nach einem verunglückten Screen übersah Ryan auf der Suche nach Michael Pittman erneut Sterns, der sich nicht lumpen ließ - Interception Nummer 2 des Abends!
Die Broncos übernahmen an der Colts-27, von wo es keinen Schritt vorwärts ging. Also musste McManus wieder ran und traf aus 45 Yards zum 9:6. Nach einem weiteren Stopp der Broncos-Defense marschierten die Hausherren erneut in die gegnerische Hälfte, wo Wilson dann ohne Not K.J. Hamler überwarf und zielgenau Safety Rodney Thomas für einen Pick fand. Anschließend musste Wilson nach einem Helmet-to-Helmet-Hit gegen ihn beim Interception-Return behandelt werden, machte jedoch weiter.
Nach ein paar negativen Plays, darunter ein weiterer Sack gegen Ryan, mussten die Colts aber schnell wieder punten. Das allerdings taten die Broncos nach wenigen Plays auch wieder, sodass die Gäste im Spiel blieben. Sie wurden allerdings erneut schnell gestoppt und gaben den Ball wieder her. Anschließend gelang es Denver dann erstmals im Spiel, Running Lanes zu kreieren, die Mike Boone zu nutzen wusste, um nicht nur den Ball zu bewegen, sondern auch Zeit von der Uhr zu nehmen.
Wilson verwertete sogar einen 4th&2 und die Broncos waren noch ein 1st Down vom Sieg entfernt. Doch dann passierte das Unfassbare: Wilson feuerte bei 3rd&4 von der 13 der Colts in die Endzone und Stephon Gilmore schnappte sich ein Geschenk von einem Pick, der den Colts nochmal neues Leben gab. Das Target war Tyrie Cleveland, der in Man Coverage von Gilmore war. Unglaublich!
In der Schlussphase verloren die Broncos noch Edge Rusher Brandon Browning (Handgelenk), Left Tackle Garett Bolles, der vom Feld gefahren wurde, und Edge Rusher Nik Bonitto, der offenbar aufgrund des Verdachts auf eine Gehirnerschütterung aus dem Spiel genommen wurde.
Anschließend hatten die Colts mehrfach Glück mit einem Fumble und mehreren schwierigen Catches, erreichten jedoch ihrerseits nochmal die Red Zone und kamen durch McLaughlins drittes Field Goal zum Ausgleich. Overtime!
Die Colts bekamen dann zuerst den Ball und marschierten in Field-Goal-Reichweite. McLaughlin traf aus 47 Yards zur ersten Führung der Colts im Spiel mit 5:50 Minuten auf der Uhr. Die Broncos hatten aber eine schnelle Antwort parat und marschierten vor allem dank einer langen Completion von Wilson zu Jerry Jeudy schnell in die gegnerische Hälfte und in die Red Zone. Sie gelangten dorthin mit guten Passspielzügen, was taten sie also in der Red Zone? Sie liefen den Ball bis zum 4th&1 an der 5. Und nach Timeouts auf beiden Seiten entschied sich Hackett, den Versuch auszuspielen. Wilson bekam den Snap und erzwang einen Pass in die Mitte Richtung Sutton, der aber von Gilmore gecovert wurde. Incomplete. Game over!
gettyDenver Broncos (2-3) - Indianapolis Colts (2-2-1)
Ergebnis: 9:12 OT (3:0, 3:3, 3:3, 0:3, 0:3) BOXSCORE
Broncos vs. Colts - die wichtigsten Statistiken
- Ryan leistete sich 2 Fumbles im Spiel. Damit hat er den Rekord von Kurt Warner (2006) und Jack Trudeau (1990) - je 10 - für die meisten nach 5 Spielen in einer Saison überboten und steht nun bei 11.
- Der längste Spielzug im Spiel war ein 51-Yard-Pass von Wilson zu Sutton. Laut Next Gen Stats flog der Ball eine Air Distance von 52,4 Yards. Sutton hatte dabei nur 0,5 Yards Separation und eine Completion-Wahrscheinlichkeit von 14,9 Prozent. Das allerdings ist "on Brand" für Wilson, der seit 2016 53 Completions mit einer Completion-Wahrscheinlichkeit von weniger als 25 Prozent hatte, 24 mehr als jeder andere QB.
- Die Broncos waren 0-4 in der Red Zone und haben damit in dieser Saison eine Red-Zone-Quote von 21 Prozent. Das ist die schlechteste Marke nach 5 Spielen seit 2010.
- Beide Teams versenkten insgesamt 7 Field Goals. Das waren die meisten Field Goals in einem Spiel, in dem nur durch Field Goals Punkte zustande gekommen sind in der Geschichte der NFL.
Der Star des Spiels: Stephon Gilmore (Cornerback, Colts)
Dieses Spiel war verloren und die Colts hatten überhaupt nichts mit einem Sieg zu tun, geschweige denn einen solchen verdient. Aber dann warf Wilson aus irgendeinem Grund eine Interception zu Gilmore in One-on-One-Coverage gegen einen Ersatzmann und plötzlich war Indy wieder da. Dass Gilmore dann auch noch den entscheidenden Pass in der Overtime abwehrte, war die Sahne auf der Torte für den einstigen Defensive Player of the Year.
Der Flop des Spiels: Russell Wilson (Quarterback, Broncos)
Das Play-Calling der Broncos war einmal mehr eine absolute Bankrotterklärung, speziell in der Red Zone. Keine Frage. Aber wie um alles in der Welt kommt Wilson dazu, das Spiel wegzuwerfen, wenn die Broncos einfach nur ein paar Yards auf dem Boden herausholen mussten in einer Phase, in der das Run Game gut funktionierte? Erinnerungen an Super Bowl XLIX wurden wach, als Wilson schon einmal ein Spiel in der Red Zone wegwarf. Dass er dann auch noch Gilmore ganz am Ende beim Must-Have-Play des Spiels herausforderte, war die Krönung einer ganz schlechten Vorstellung.
Analyse: Broncos vs. Colts - die Taktiktafel
Die Colts haben nach massiven Problemen in der Offensive Line in den ersten vier Wochen ihre Offensive Line umgekrempelt. Der bisherige Right Tackle Braden Smith übernahm als Right Guard von Danny Pinter. Der bisherige Left Tackle Matt Pryor rückte nach rechts und Rookie Bernhard Raimann startete erstmals in der NFL als Left Tackle. Pinter kam dann vor der Pause als Center für den verletzten Ryan Kelly rein.
Die Broncos sind mit Abstand Letzter in Sachen Red Zone Scoring und verwerteten bislang nur 30 Prozent ihrer RZ-Trips zu Touchdowns. Warum dem so ist, demonstrierten sie früh im Spiel erneut: Nach einem erfolglosen Passspielzug bei 1st Down kam ein Pitch zu Melvin Gordon, der noch 2 Yards verlor. Anschließend folgte ein ziemlich aussichtsloser Pass Richtung eines gut gecoverten Jerry Jeudy auf einer Seam-Route. Im dritten Viertel wiederholten sie dann dieses Schauspiel vor dem geblockten Field Goal.
Generell wurde in diesem Spiel das Play Calling auf beiden Seiten nicht neu erfunden: Beide Seiten setzten stur auf Runs in Early Downs, was wenig überraschend nicht zum Erfolg geführt hat. Das führte dann ultimativ meist zu langen 3rd Downs, die dann wiederum nicht verwertet wurden.
Defensiv variierten die Colts zwischen Cover-3 und Cover-4, um mögliche Deep Shots von Wilson zu unterbinden. Auf der anderen Seite wurde zwischen Man und Zone variiert. Cornerback Patrick Surtain spielte meist Press Coverage, Ronald Darby hatte derweil gerade gegen Pittman meist einen Safety hinter sich zur Hilfe. Überhaupt stellten die Colts Pittman meist fernab von Surtain auf.
Wenn die Colts gerade nicht auf dem Boden in die Wand rannten, warf Ryan überwiegend kurze Pässe wie Shallow Crosser oder Screens. Nur wenn er dann doch mal etwas mehr Zeit bekam, attackierte er auch weiter Downfield.
- Auffällig auch, dass beide Teams sehr wenig mit Pre-Snap-Motion oder Play Action gemacht haben. Es war alles sehr statisch und wenig kreativ. Es gibt also Gründe, warum es kaum funktionierende Offense zu sehen gab in diesem Spiel.