Als eine Viertelstunde nach der Schlusssirene die 13.600 Zuschauer in Mannheim noch immer ihre Adler feierten, musste Christian Ehrhoff den Amerikanern die deutsche Fankultur erklären. "Wieso singen die immer noch?", fragte ein US-Journalist den Eishockey-Nationalspieler nach dem 8:3-Testspielsieg des NHL-Klubs Buffalo Sabres erstaunt. "Normalerweise machen sie das nur nach einem Sieg, dann kommt noch mal die Mannschaft aufs Eis. Aber dies war ein besonderes Spiel", antwortete der Verteidiger.
Nun ist es nicht so, dass die Buffalo Sabres dem 29-Jährigen in dieser Saison zehn Millionen Dollar zahlen, weil er ihnen auf ihrem Deutschland-Trip zum NHL-Saisonstart alles so wunderbar erklären oder ihnen in Heidelberg "das deutsche Essen und das deutsche Bier", wie er schmunzelnd erzählte, näherbringen kann. Der chronisch erfolglose US-Klub, der in 41 Jahren nur zweimal das Finale erreichte, soll endlich den Stanley Cup gewinnen - und dabei soll Ehrhoff helfen.
Zehnjahresvertrag macht Ehrhoff zum zweitteuersten NHL-Profi
"Er ist ein guter Junge mit einem sehr, sehr starken Schuss. In der Offensive ist er für uns eine sehr gute Verstärkung", urteilte Trainer Lindy Ruff, "das hat man doch auch auf dem Eis gesehen." In der Tat zeigte Ehrhoff bei seinem Überzahltor zum entscheidenden 5:2 der "Säbel" (34.), warum der neue Klubchef Terry Pegula dem Deutschen einen Zehnjahresvertrag über 40 Millionen Dollar gab.
Ehrhoff hat sich in der vergangenen Saison, als er mit den Vancouver Canucks bis ins Finale vorstieß und mit 62 Scorerpunkten eine persönliche Bestmarke aufstellte, in die Elite der NHL-Verteidiger gespielt. "Über zehn Jahre gesehen ist mein Durchschnitt ein ziemlich fairer Preis", sagte der Ex-Krefelder, in diesem Jahr der zweitteuerste Profi der Liga, im Gespräch mit dem "SID"selbstbewusst: "Es hat sich halt dadurch ergeben, dass ich einer der gefragtesten Spieler gewesen bin."
Ehrhoff: Gute Chancen mit Buffalo den Stanley Cup zu gewinnen
Die finanziellen Aspekte, auch die langfristige Planungssicherheit mit der jungen Familie, waren ein Grund für den Wechsel. Der andere: Nachdem er im Juni mit Vancouver die Hand schon am Pott hatte, will er nun endlich den Stanley Cup gewinnen: "Ich denke, mit Buffalo habe ich gute Chancen."
Im Sommer daheim in Krefeld hatte er an der Finalniederlage gegen die Boston Bruins und seinen Nationalmannschaftskollegen Dennis Seidenberg "ganz schön zu knabbern. Aber letztendlich muss man sich sagen, dass man eine neue Seite vom Buch aufschlägt."
Dass die Saison in Europa beginnt, am Freitag (19.00 Uhr) in Helsinki gegen die Anaheim Ducks und am Samstag (20.00 Uhr) in Berlin gegen die Los Angeles Kings mit dem ersten Punktspiel der NHL-Geschichte in Deutschland, "ist ein gutes Omen". Schließlich holten in den vergangenen drei Jahren ausschließlich die Klubs den Cup, die auf dem Alten Kontinent gestartet waren.
Deutsche mit unterschiedlichen Perspektiven
Somit dürfte von den anderen Deutschen in der NHL nur Jochen Hecht eine Chance auf Meisterehren haben. Ehrhoffs Teamkollege ist beim Deutschland-Trip der Sabres wegen einer Gehirnerschütterung aber nur Zuschauer.
Titelverteidiger Seidenberg, der am Dienstag den mit über 300 Diamanten besetzten Stanley-Cup-Ring erhielt, startet am Donnerstag in Boston gegen die Philadelphia Flyers in die neue Saison.
Marco Sturm hält nach Ehrhoffs Weggang zusammen mit Alexander Sulzer in Vancouver die deutsche Fahne hoch.
Marcel Goc macht bei den Florida Panthers einen Neubeginn. Um jeden NHL-Einsatz kämpfen müssen Marcel Müller und Korbinian Holzer in Toronto sowie die Torhüter Thomas Greiss in San Jose und Dennis Endras in Minnesota.
NHL 2011/2012 - der Spielplan