Als Jochen Hecht aufs Eis der Mannheimer Trainingshalle kam, empfing ihn tosender Applaus. Der ehemalige Eishockey-Nationalspieler winkte kurz und machte sich an die Arbeit - ein paar lockere Runden, ein paar Schüsse aufs Tor, mehr ging nicht. Sein graues Trikot zeigte den Teamkollegen der Buffalo Sabres an: Keinen Körperkontakt bitte!
Eine Gehirnerschütterung, die zweite innerhalb eines halben Jahres, hat den 34-Jährigen aus der Bahn geworfen. Nicht nur das erste Punktspiel der NHL-Geschichte in Deutschland, am Samstag in Berlin zwischen den Sabres und den Los Angeles Kings, findet ohne Hecht statt.
Hecht zum Zuschauen verdammt
Auch bei seinem Heimspiel am Dienstagabend in Mannheim blieb dem Stürmer nur die Zuschauerrolle. "Dumm gelaufen", sagte Hecht, und die Enttäuschung war nicht zu überhören.
Eigentlich sollte es eine triumphale Rückkehr nach Mannheim werden. Gegen seinen Ex-Klub wollte Hecht seinen Fans in seiner Stadt zeigen, was aus ihm in 13 Jahren NHL geworden ist. "Ich habe gehofft, dass es vielleicht noch was wird. Es ist sehr schade", sagte er.
Seine Eishockey-Künste, die ihn zu einem Leistungsträger mit 3,5 Millionen Dollar Jahresgehalt gemacht haben, konnte Hecht nicht vorführen.
Dafür lenkte er die Aufmerksamkeit auf ein Thema, das die NHL seit Monaten bewegt. Hecht ist nämlich bei weitem nicht der einzige Spieler, der mit den Folgen einer Gehirnerschütterung kämpft.
Crosby ein ähnlicher Fall
Olympiasieger und Superstar Sidney Crosby von den Pittsburgh Penguins hat seit Januar nicht mehr gespielt - Rückkehr fraglich. Matt Lombardi von den Toronto Maple Leafs stand am Wochenende nach fast einem Jahr Pause erstmals wieder in einem Testspiel auf dem Eis.
David Perron von den St. Louis Blues, seit November 2010 außer Gefecht, beginnt langsam wieder mit dem Training.
In dem erwischte es Hecht, als er zu Beginn der Saisonvorbereitung unglücklich mit einem Teamkollegen zusammenstieß. Am Wochenende trainierte er wieder intensiver und hatte "sofort wieder Kopfschmerzen".
Dabei hatte er gerade erst eine Gehirnerschütterung auskuriert, die ihn in der vergangenen Saison zu einer Pause bis in die Play-offs gezwungen hatte.
Untersuchungen sind Vorschrift
Dass zuletzt so viele Gehirnerschütterungen diagnostiziert wurden, liegt daran, dass "jeder vorsichtiger geworden ist", meinte Hecht. Seit März gelten besondere Regeln: Ist ein Spieler am Kopf getroffen worden, darf er nicht sofort aufs Eis zurück, nur weil er die Finger des Teamsarztes zählen kann. Eine genauere Untersuchung in der Kabine ist vorgeschrieben.
Das alleine reicht nicht, meint Hecht und fordert härtere Strafen für die, die mit Checks gegen den Kopf die Gesundheit ihrer Gegenspieler ruinieren: "Es kann nicht sein, dass jemand für zwei Spiele gesperrt wird, und der andere fällt vier Wochen oder sogar mehrere Monate aus. Da stimmt die Relation nicht."
Immerhin sperrte die NHL unlängst Philadelphias Jody Shelley nach dessen brutalem Foul an Torontos Darryl Boyce für zehn Spiele.
"Ein Helm schützt nicht"
"Eine Zeit lang ist nicht darauf geachtet worden", kritisierte Hecht. Das Problem ist allerdings, dass die NHL längst nicht alle Angriffe gegen den Kopf bestraft.
Nach ihrer eigenen Statistik resultierten 44 Prozent der Gehirnerschütterungen in der vergangenen Saison aus "legalen Checks gegen Kopf oder Körper".
Davor gibt es keinen Schutz, glaubt Hecht: "Ein Helm schützt zwar vor offenen Wunden, aber nicht, wenn dein Gehirn im Schädel rumfliegt."
Der Spielplan der NHL