NHL

"Ich brauche die Sieger-Mentalität"

Von Interview: Jonas Schützeneder
Leon Draisaitl spielt derzeit für die Kelowna Rockets
© getty

WHL-Playoffs mit den Kelowna Rockets statt NHL-Pleiten mit den Edmonton Oilers: 100 Tage nach seinem Wechsel zieht Leon Draisaitl im Interview mit SPOX ein positives Fazit. Ein Gespräch über die Erwartungen der Oilers, seine Zukunft und die Scoutings verschiedener Experten.

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SPOX: Leon, vor knapp 100 Tagen haben die Edmonton Oilers Sie in die WHL geschickt. Wie haben Sie diese Gespräche in Erinnerung?

Leon Draisaitl: Darüber gibt es eigentlich nicht viel zu berichten. Die sportliche Leitung und ich haben uns unterhalten und sie haben mir gesagt, dass es für meine Entwicklung die beste Lösung ist, in der WHL mehr Spielpraxis und Verantwortung zu übernehmen. Ich weiß, was ich zu tun habe und das erste Fazit fällt deshalb sehr positiv aus.

SPOX: Also kein Rückschritt?

Draisaitl: Überhaupt nicht. Ich bin erst 19 Jahre alt, da ist so ein Schritt völlig normal. Ich habe mich bei den Kelowna Rockets sofort gut eingelebt und wir haben eine gute Saison gespielt. Jetzt sind wir bereit für die Playoffs.

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SPOX: Ihre Zahlen sind jedenfalls beeindruckend: In 32 Spielen stehen 54 Scorerpunkte in der Bilanz, die Rockets sind das zweitbeste Team der WHL und führen derzeit in den Playoffs mit 2:0 gegen die Tri-City Americans.

Draisaitl: Ja, es ist für mich wirklich gut gelaufen und ich bin immer besser in Schwung gekommen. Es ist einfach wichtig, dass ich viel spielen kann und die letzten Wochen haben mir viel Selbstvertrauen gegeben.

SPOX: Hat dieses Selbstvertrauen angesichts der vielen Pleiten bei den Oilers etwas gelitten?

Draisaitl: Niemand verliert gerne. Das Wichtigste ist für mich, Spiele zu gewinnen. Das ist auch ein Grund, warum ich runtergeschickt wurde. Die Oilers wollen, dass ich eine Sieger-Mentalität bekomme. Die brauche ich natürlich auch.

SPOX: Mit Chance Braid oder auch Gage Quinney stehen bei den Rockets jetzt sogar Ihre ehemaligen Kollegen der Prince Albert Raiders mit auf dem Eis.

Draisaitl: Ja, darüber bin ich wirklich froh. Es ist immer ein Vorteil, wenn man schon zusammen gespielt hat. Wir haben uns in Prince Albert schon super verstanden und viel gemacht. Leider gewannen wir damals kein Playoff-Match. Das muss jetzt besser werden.

SPOX: Mit Peter Draisaitl steht Ihnen ein erfahrener Eishockey-Spieler als Vater und Berater zur Seite. Wie wichtig war er in den letzten Wochen?

Draisaitl: Er ist immer wichtig. Ich kann ihn jederzeit um Rat fragen und seine Tipps helfen mir enorm. Nach der Entscheidung für die WHL hat er mich bestärkt, dass dieser Schritt mich wirklich weiterbringen wird.

SPOX: Statt gegen die Penguins, Rangers oder Ducks geht es jetzt gegen Teams wie die Victoria Royals oder Prince George Cougars. Hand auf's Herz: Fällt die Motivation da nicht schwerer?

Draisaitl: Nein. Ich liebe Eishockey und ich spiele jedes Spiel gerne. Ich bin glücklich, dass ich in der NHL schon einige Spiele gegen absolute Vorbilder gespielt habe, aber jetzt habe ich eine große Herausforderung bei den Rockets. Wir sind als Nummer 2 in den Playoffs, das wollen wir natürlich bestätigen.

SPOX: Und die Organisation? Mit dem Trubel der NHL ist die WHL nicht zu vergleichen.

Draisaitl: Das muss man präzisieren: Die Organisation rund um das Team ist wirklich hervorragend. Da bestehen wirklich kaum Unterschiede zur NHL. Natürlich sind weniger Zuschauer und Medien dabei, die Stimmung ist aber trotzdem gut.

SPOX: Trotzdem müssen wir natürlich wieder Richtung NHL blicken. Wie sehen Sie dort Ihre Zukunft?

Draisaitl: Ich weiß, dass Sie jetzt etwas anderes hören möchten. Aber darauf liegt derzeit mein Fokus wirklich nicht. Ich schaue nur auf die Playoffs mit den Rockets. Danach werde ich im Sommer weiter hart arbeiten und alles dafür tun, wieder in der NHL zu spielen.

SPOX: Mit Blick auf die Scouting-Berichte der WHL wird Ihre Präsenz und Übersicht sehr gelobt. Kritik gibt es noch für das Skating und die Geschwindigkeit allgemein. Sehen Sie das ähnlich?

Draisaitl: Naja, ich würde nicht sagen, dass das Skating meine große Stärke ist. Aber als Schwachpunkt sehe ich es auch nicht wirklich. Klar ist: Man kann sich immer und überall verbessern. Ich weiß sehr genau, woran ich arbeiten muss. Die Führung der Oilers und ich haben das besprochen und bisher sind beide Seiten zufrieden.

SPOX: Also gibt es regelmäßig Kontakt mit den Oilers?

Draisaitl: Klar, wir kommunizieren wirklich sehr viel und sehr gut. Mir gibt es ein gutes Gefühl, dass sie meine Fortschritte in der WHL so genau beobachten und weiter mit mir planen.

SPOX: In den deutschen Medien taucht Ihr Name kaum mehr auf. Sind Sie froh, dass die Aufmerksamkeit nach dem Draft und dem Debüt nachgelassen hat?

Draisaitl: Naja, das kann man so sehen. Natürlich habe ich jetzt den Vorteil, nicht mehr so im Vordergrund zu stehen. Ich kann mich total auf Eishockey konzentrieren. Die Medien-Anfragen gehören unabhängig von der Anzahl sowieso immer dazu. Ich komme damit recht gut klar.

SPOX: Ihre neue Heimat Kelowna ist den meisten Deutschen kein Begriff. Was können Sie uns über die Stadt erzählen?

Drasaitl: Mir wurde schon vorher von vielen erzählt, dass Kelowna im Sommer die schönste Stadt in Kanada sein soll. Jetzt wo ich hier bin, sehe ich das ähnlich. Es wohnen etwas mehr als 100.000 Menschen hier, trotzdem ist es sehr ruhig. Ich habe mich sofort wohlgefühlt und der Blick auf den Lake Okanagan ist wirklich einmalig. Langsam wird jetzt auch das Wetter besser, es gefällt mir also sehr gut und der Sommer kann langsam mal kommen (lacht).

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