Von Christian Albrecht Barschel aus Wimbledon
Roger Federer (Schweiz/3) - Grigor Dimitrov (Bulgarien/13)
(3. Match Centre Court)
Was musste sich Grigor Dimitrov in den letzten Jahren nicht alles anhören, wenn es um den Vergleich mit Roger Federer geht. Von "Baby Federer" war stets die Rede. Ein Vergleich, der auch erdrückend wirken kann. Zugegeben, die Spielweisen der beiden ähneln sich stark. Doch Dimitrov ist keine schlechte Kopie des Schweizers, sondern ein starkes Original. Die hohen Erwartungen, die ihn seit Jahren begleiten, konnte der 26-jährige Bulgare, der damals der weltbeste Junior war, nie ganz erfüllen. Zwar blitzt immer wieder sein großes Talent auf, wie zum Beispiel zu Beginn des Jahres mit der Halbfinalteilnahme bei den Australian Open, doch es gibt auch immer wieder Phasen, in denen Dimitrov überfordert scheint mit der großen Schlagauswahl in seinem Repertoire. Ähnlich ging es zunächst auch Federer, der bei den Profis etwas Zeit brauchte, um das völlige Vertrauen zu seinem Spiel zu haben. Der Schweizer steht in Wimbledon zum 15. Mal im Achtelfinale. Nie ist er in dieser Runde gescheitert. Die Bilanz gegen den Bulgaren spricht mit 5:0 klar für Federer. Doch Vorsicht: Dimitrov hinterließ bislang einen starken Eindruck und konnte in der dritten Runde bei seinem Aufgabesieg viel Kräfte sparen. Dass er große Siege auf dem Centre Court feiern kann, hat er vor drei Jahren mit dem klaren Viertelfinalsieg gegen Andy Murray bewiesen. Federer plagt sich dieser Tage mit einer hartnäckigen Erkältung. Dies hat sich bislang als nicht allzu großer Störfaktor gezeigt, doch die großen Brocken warten nun auf den siebenmaligen Titelträger, zunächst Dimitrov. Vor 16 Jahren gewann Federer im Achtelfinale auf dem Centre Court gegen sein Idol Pete Sampras. Gelingt Dimitrov dies heute auch?
Prognose: Federer gewinnt in vier Sätzen.
Milos Raonic (Kanada/6) - Alexander Zverev (Deutschland/10)
(3. Match Court 2)
Für Alexander Zverev ist das Achtelfinale bei einem Grand-Slam-Turnier Neuland, für Milos Raonic hingegen gehört dies schon zum Alltag. Der Kanadier steht bereits zum 13. Mal in der zweiten Woche eines "Majors". Sowohl Raonic als auch Zverev hinterließen in den ersten drei Runden einen souveränen Eindruck. Der Kanadier hatte bei seinem Drittrundensieg gegen Albert Ramos-Vinolas nicht einen Breakball gegen sich. Für Zverev liegt demnach vor allem beim Return der Schlüssel auf dem Weg ins Viertelfinale. Der Deutsche kündigte an, dass er sich wahrscheinlich einen Sparringspartner nimmt, der von der T-Linie serviert, um den Aufschlag von Raonic halbwegs nachzuahmen. Zverev hat das einzige Duell gewonnen, im Mai im Viertelfinale in Rom, anschließend gewann er den Titel. Auf Rasen sollte der 20-Jährige als leichter Außenseiter ins Match gehen. Raonic stand im Vorjahr in Wimbledon im Finale. Die Erfahrung in großen Grand-Slam-Matches spricht für den Kanadier, die jugendliche Unbekümmertheit für den Deutschen. Zverev ist mittlerweile in der Weltspitze angekommen und gibt sich mit einem Achtelfinale nicht zufrieden. Seine Tennis-DNA ist auf Siege auf der großen Bühne gepolt. Hält er sein Temperament unter Kontrolle und spielt genauso abgeklärt wie in den ersten drei Runden, dann wird Zverev als Sieger den Platz verlassen, weil er der bessere Spieler ist.
Prognose: Zverev gewinnt in fünf Sätzen.
Dominic Thiem (Österreich/8) - Tomas Berdych (Tschechien/11)
(3. Match Court 3)
Die Vorbereitung auf Wimbledon lief für Dominic Thiem alles andere als zufriedenstellend. In Halle/Westfalen scheiterte er im Achtelfinale, in Antalya zu Beginn sang-und klanglos gegen den unbekannten Inder Ramkumar Ramanathan. In Wimbledon ist Thiem wieder voll da und steht hier erstmals im Achtelfinale. Der 23-jährige Österreicher hat bereits gezeigt, dass er Titel auf Rasen gewinnen kann, auch wenn er den Turniersieg in Stuttgart im vergangenen Jahr als Unfall bezeichnet hat. Thiem ist zum konstanten Grand-Slam-Spieler gereift und löst seine Pflichtaufgaben, zumindest von der Papierform her, ohne großes Drama. Folgt nun die Kür? Nun wartet Tomas Berdych, der trotz der schlechteren Ranglistenplatzierung als leichter Favorit gelten sollte. Der Tscheche feierte in Wimbledon seinen größten Erfolg mit der Finalteilnahme im Jahr 2010, im Vorjahr reichte es bis zum Halbfinale. Berdych hat zwar die Waffen, um Wimbledon zu gewinnen, aber in den ganz großen Matches fehlt dem 31-Jährigen das Siegergen. Und oft steht er sich selbst im Weg, heute auch in der Partie gegen Thiem?
Prognose: Berdych gewinnt in vier Sätzen.