Gegen Ende des Jahres nahmen die Leistungen des Alexander Zverev etwas ab, aber wer kann es ihm verdenken? Das Kalenderjahr 2017 war für den 20-Jährigen in jeder Hinsicht ein voller Erfolg. Der Deutsche entwickelte sich in beinahe jedem Gebiet weiter - vor allem, was seine Einstellung angeht.
Am kommenden Montag wird sich "Sascha" hinter Rafael Nadal und Roger Federer auf Position drei der Weltrangliste einreihen und damit sein Karrierehoch erreichen. Die Reise des 20-Jährigen zu dieser sensationellen Leistung begann mit einem spaßigen Turnier beim Hopman Cup in Perth, als er an der Seite von Andrea Petkovic zum Spaß gegen Federer und Co. spielte. Richtig ernst wurde es für Zverev bei seinem Auftritt in Australien. Nach zwei Siegen gegen Robin Haase und Frances Tiafoe lieferte sich der NextGen-Star einen Fünfsatz-Thriller gegen Nadal, den er nach vier Stunden und sechs Minuten Spielzeit verlor. Allerdings wurden dort Ansätze deutlich, was in diesem Jahr für den "kleinen Zverev" alles möglich sein sollte.
Gleich im nächsten Turnier in Montpellier machte der Hamburger klar, dass mit ihm von Beginn an zu rechnen ist. Mit Jeremy Chardy, Jo-Wilfried Tsonga und Richard Gasquet im Finale schlug Zverev drei Franzosen hintereinander auf dem Weg zu seinem zweiten ATP-Titel. Nach zwei Auftaktniederlagen in Marseille und Rotterdam standen die Masters in den USA an. Ein sich in Top-Form befindender Nick Kyrgios stoppte Zverev in der dritten Runde in Indian Wells. Ein Déjà-vu sollte Zverev in Miami erleben, als er erneut am starken Australier scheiterte - diesmal ging es allerdings bis ins Viertelfinale, nachdem er Stan Wawrinka und John Isner in den Runden zuvor auf ihre Plätze verwies.
Tristesse bei den Majors
Zverev wirkte in den ersten Monaten des Jahres im Gegensatz zu 2016 weiterentwickelt und eignete sich eine Gewinnermentalität an, die in seinem Alter Seinesgleichen sucht. Unbeeindruckt von bessergestellten Gegnern oder gar der Kulisse blieb der 20-Jährige seinem Spiel treu und zeigte vor allem im mentalen Bereich eine erstaunliche Reife. Natürlich gehören Wutausbrüche und kaputte Schläger auch zu Alexander Zverev. Im Mai sollten diese in München jedoch ausbleiben. Mit tollem Sandplatztennis triumphierte "Alex" bei den BMW Open und gewann seinen ersten Titel auf heimischem Boden. Der ganz große Coup folgte nur wenige Wochen später, als er zuerst im "Foro Italico" den Lokalmatador Fabio Fognini vom Platz fegte und dann Novak Djokovic im Finale keine Chance ließ. Der erste Masters-1000-Titel in Rom katapultierte Zverev endgültig auf die Favoritenliste eines jeden Turniers.
Die Erwartungen an den 20-Jährigen mussten mit der Erstrundenniederlage bei den French Open aber erst einmal aufgeschoben werden. Sichtlich gestärkt ging Zverev in die Rasensaison und erreichte prompt das Finale bei den Gerry Weber Open in Halle, indem er von Roger Federer entzaubert wurde und eine Lehrstunde in Sachen "chip and charge" und perfektem Rasentennis erteilt bekam. In Wimbledon sollte die nächste Ernüchterung bei den Grand Slams folgen: Im Achtelfinale unterlag "Sascha" dem Kanadier Milos Raonic knapp in fünf Sätzen.
Mit der zweiten Hartplatzhälfte der Saison durfte Zverev zurück auf seinen Lieblingsbelag. Warum Liebligsbelag? Mit dem Titel in Washington und dem Masters-Triumph in Montréal gegen Federer im Finale nur eine Woche später, entpuppte sich der Hamburger als wahrer Spezialist für diesen Untergrund. Seine powervollen Grundlinienschläge, gepaart mit einem harten und konstanten Aufschlag ließen Zverev zu einem unangenehmen Gegner für jeden Spieler werden.
Zverev zollte jedoch den kräftezehrenden Wochen Tribut und musste sich einigen schmerzvollen Niederlagen gegenüberstellen. Die Zweitrundenniederlage bei den US Open gegen Borna Coric machte deutlich, dass der 20-Jährige die Folgen seiner bislang längsten und turnierreichsten Saison deutlich spürte. Neben der Qualifikation für die ATP World Tour Finals war die Halbfinalteilnahme in Peking der letzte große Erfolg des Deutschen vor Jahresende.
Premiere in London
In London wird die aktuelle Nummer drei der Welt jedoch die Chance haben sich mit den besten acht Spielern der Saison zu messen. Für alle deutschen Fans bleibt zu hoffen, dass sich Zverev vor seiner ersten Teilnahme in der O2-Arena etwas erholen konnte und mit neuen Reserven in die Matches gehen wird.
Das positivste der Saison 2017 ist jedoch, dass sich Zverev bei all seinen Erfolgen und fünf Saisontiteln immer noch steigern kann. Vor allem bei den Grand-Slam-Turnieren ist noch Luft nach oben und der 20-Jährige kann dort reichlich Punkte im Jahr 2018 sammeln. Dieser Ausblick macht eindeutig Lust auf mehr.