Andrea Petkovic zur Sexismus-Debatte: "Frauen werden anders behandelt"

Von Ulrike Weinrich
Andrea Petkovic, Serena Williams, US Open
© getty

Andrea Petkovic hat den vieldiskutierten Ausraster von Serena Williams am vergangenen Wochenende im Finale der US Open genau beobachtet. Die Darmstädterin versuchte, sich in den Superstar aus den USA hineinzuversetzen - und stellte in der Sendung "Heimspiel!" des Hessischen Rundfunks (HR) mit Blick auf die entfachte Sexismus-Debatte fest: "Frauen werden anders behandelt".

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Andrea Petkovic hat in ihrer bisherigen Karriere fünfmal gegen Serena Williams gespielt - zuletzt 2015 in Toronto. Und die Darmstädterin hat nie einen Hehl daraus gemacht, wie sehr sie die Leistungen der 23-maligen Grand-Slam-Siegerin aus den USA anerkennt, ja auch bewundert.

Petkovic ist bekannt dafür, dass sie Dinge hinterfragt, analysiert, oft doppelt und dreifach, um ihre persönlichen Schlüsse zu ziehen. Auch wenn es manchmal quälend sein kann. Natürlich hat die seit kurzem 31-Jährige auch über das "Warum" gegrübelt, über die Gründe des erschreckenden "Meltdowns" von Williams im Endspiel von Flushing Meadows gegen die ebenso junge wie coole Japanerin Naomi Osaka (2:6, 4:6).

"Petko": "Serena hatte das Gefühl, dass alles gegen sie läuft"

Und "Petko" ist zur Erkenntnis gekommen, dass die Reaktion der ehemaligen Nummer eins ein allerletzter verzweifelter Versuch war, das zuvor eher einseitige Finale doch noch einmal zu drehen. "Man muss Serena als Persönlichkeit ein bisschen kennen, sie ist immer wahnsinnig emotional. Und ich glaube, sie ist in der Erwartung ins Match gegangen, es zu gewinnen", sagte Petkovic im "Heimspiel!" und meinte: "Man merkt ganz schnell als Einzelsportler, wenn alles gegen einen läuft, das ist das schlimmste Gefühl. Und ich denke, Serena hatte dieses Gefühl."

Williams habe gespürt, dass Außenseiterin Osaka "voll in der Zone war und ihr heute nichts geben wird", unkte Petkovic: "Ich glaube, dass es ein emotionaler Ausbruch war - mit dem Versuch, es umzudrehen, diesen Wirbel an Energie und Emotionen. Dann hat Serena die Kontrolle darüber verloren."

"Noch nie jemanden gesehen, der das Outfit der Männer kommentiert"

Die Hessin wollte zwar den Williams-Vorwurf, dass die Spielerinnen gegenüber ihren männlichen Kollegen auf der Tour benachteiligt werden, nicht explizit bestätigen, betonte aber: "Es ist ganz klar, dass wir Frauen anders behandelt werden als die Männer." Der Sport rücke dabei (zu) oft in den Hintergrund.

Das bekommt auch Petkovic öfter deutlich zu spüren. "Ich habe noch nie jemanden gesehen, der das Outfit der Männer kommentiert. Aber ich muss mir jedes Mal anhören: Das hat mir gut gefallen, was du getragen hast. Wir werden einfach anders begutachtet", erklärte die Weltranglisten-88.

Petkovic denkt noch nicht ans Karriereende - Aber: Buch in Planung

Petkovic indes denkt noch nicht an ein Karriereende. "Die letzten Wochen haben gezeigt, dass ich wieder mit den Besten der Welt mithalten kann. Das sind die Momente, die mir zeigen, dass ich noch dabei bin", sagte sie.

Erst jüngst Anfang August in Washington hatte die French-Open-Halbfinalistin von 2014 unter anderem die damals amtierende US-Open-Siegerin Sloane Stephens (USA) bezwungen - und kurz darauf beim Major in New York der Top-Ten-Spielerin Jelena Ostapenko (Lettland) einen Schlagabtausch auf Augenhöhe geliefert.

Petkovic verlor nach einer beeindruckenden Vorstellung das Duell mit der einstigen Roland-Garros-Championesse ganz knapp in drei Sätzen, war aber danach stolz wie Bolle "über die beste Box der Welt" - gespickt mit Freunden aus Südhessen und dem Big Apple.

Obwohl die eloquente Darmstädterin der Tennis-Welt noch ein bisschen erhalten bleiben will, denkt sie schon an die Zukunft. Das Schreiben macht ihr viel Spaß. Für das schrille US-Magazin Racquet hat Petkovic schon einige beeindruckende Reportagen und Artikel verfasst. Und für das Süddeutsche Zeitung Magazin (SZ-Magazin) schrieb sie bis vor kurzem sogar eine mehrteilige Kolumne, die nicht nur wegen ihres Wortwitzes auf äußerst positive Resonanz stieß.

Und "Petko" wäre nicht "Petko", wenn sie nicht noch mehr in der Pipeline hätte. Sie plant, ein Buch zu schreiben. Einzig der Zeitpunkt überrascht. Nach der Saison möchte sich die frühere Nummer neun der Welt ein paar Wochen ganz zurückziehen - "nur mit Laptop". Vielleicht in eine einsame Berghütte, mit viel Tee und ohne Handy. Man darf gespannt sein. Fest steht: So haben schon viele Schriftsteller-Karrieren begonnen...!

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