Die erste Frage betraf dann doch nicht den "Shaker", sondern die andere Angie der Republik. Und Angelique Kerber blickte im Konferenzsaal "Gereon 3" fast so, als sei sie nicht wirklich überrascht über das Interesse an einer ganz besonderen Begegnung, die sich am vergangenen Wochenende in Berlin ereignete. Die Angies waren dabei für Sekunden unter sich, Kerber und Merkel - am Rande eines Sponsorentermins.
"Es war sehr interessant und eine große Ehre für mich, die Bundeskanzlerin persönlich zu treffen. Wir haben nur ganz kurz gesprochen, und sie hat mir zum Wimbledonsieg gratuliert. Sie sagte, sie hätte das Turnier verfolgt", sagte Kerber am Mittwoch in Köln bei der Präsentation der neuen Kampage ("Move yourself") des Versicherungsunternehmens Generali, für das sie als Markenbotschafterin fungiert. Dass Merkel während der kurzen Unterredung vor ein paar Tagen ihre berühmte "Raute" formte, durfte die Weltranglistenzweite jedenfalls als Kompliment betrachten.
Tauchen und mal was Neues - Kerber experimentierte im Urlaub
Für Termine in Berlin und Herzogenaurach hatte Kerber seit dem Wochenende ihre Ferien kurz unterbrochen. Eine Woche nach dem WTA-Finale in Singapur hatte sie sich Ende Oktober zu einem knapp zweiwöchigen Urlaub auf die Malediven aufgemacht. Ausspannen stand auf dem Programm, dazu ein bisschen Tauchen und Yoga. "Es waren auch mal neue Sportarten, die ich ausprobiert habe. Ein bisschen Fitness gehört bei mir immer dazu", erzählte sie, die bestens erholt aussah in ihrem grauen Hoodie und schwarzer Hose. So, als könne sie es kaum erwarten, wieder zum Schläger zu greifen.
Die dreimalige Grand-Slam-Siegerin konnte ihre freie Zeit auf den Malediven ja auch in vollen Zügen genießen, denn die Trainerfrage hatte sie bereits vor ihrem Flug in den Inselstaat gelöst. Letzte Woche war bekannt geworden, dass der derzeit auf den Malediven weilende Rainer Schüttler, Australian-Open-Finalist von 2003, die 30-Jährige fortan betreuen und somit die Nachfolge von Wim Fisette antreten wird.
"Angie" in der Pflicht: "Alles fängt bei mir an"
In Köln lieferte Kerber nun die Begründung für ihre Wahl: "Ich hatte mir schon Gedanken über ein paar Namen gemacht. Aber Rainer erfüllt alle Kriterien. Er hat als Spieler und Coach schon selbst Erfahrungen gesammelt. Er hat zwar noch niemanden auf der WTA-Tour trainiert, aber das wird kein großer Wechsel für ihn sein", betonte die Linkshänderin. Auch menschlich passe es. "Mit Rainer kann man Spaß haben - und ihm vertrauen." Ganz wichtig für Kerber.
Sie selbst nimmt sich aber besonders in die Pflicht: "Alles fängt bei mir an. Wenn ich nicht motiviert bin, ist es egal, ob es der beste oder schlechteste Trainer ist." Sie brauche Schüttler nicht, um erfolgreich Tennis zu spielen, "sondern um konstant erfolgreich zu bleiben", erklärte Kerber. Aber die US-Open-Siegerin von 2016 weiß auch, dass eine "neue Stimme" im Umfeld belebend wirkt.
Kerber ist "stolz" auf ATP-Weltmeister Zverev
Bevor Schüttler eingreift, wird sein neuer Schützling ab nächster Woche erst einmal fünf Tage lang intensive Fitnesseinheiten absolvieren. Danach stößt der Nordhesse in Polen zum Team. Überlegt wird noch, ob man zum Training noch einmal für zehn Tage woanders hinfliegt.
Fest steht, am ersten Weihnachtsfeiertag hebt der Flieger mit Kerber und Schüttler an Bord Richtung Australien ab. In Perth findet ab Ende Dezember der Hopman Cup statt, bei dem sie mit dem neuen ATP-Weltmeister Alexander Zverev ein Team bildet. Apropos "Sascha": "Ich bin stolz auf ihn, was er in Loondon geleistet hat", erklärte Kerber. Sie griff am Sonntag gleich zum Handy und schickte Zverev eine Gratulations-WhatsApp.
"Sascha und ich sind gute Vorbilder für die jungen Spieler"
Kerber ließ keinen Zweifel daran, dass sich ihre Popularität seit dem magischen Triumph im Rasen-Mekka am 14. Juli vergrößert hat. Der Wimbledon-Faktor eben - emotional und unbeschreiblich. Und die deutsche Nummer eins ist davon überzeugt, dass sie "die Herzen der Menschen" erreicht habe. "Ich denke", betonte Kerber, "Sascha Zverev und ich sind gute Vorbilder für die jungen Spieler."
Ihr Schwerpunkt wird auch 2019 auf den Grand-Slam-Turnieren liegen, klar. "Aber auch auf den Mandatory-Events". Das ist so mit Schüttler abgesprochen. Die Erfolge der abgelaufenen Saison mit ihrem dritten Major-Coup und dem Sprung zurück auf Platz zwei des Rankings dienen dabei als Garanten für eine entsprechend große Motivation. "Das gibt mir Mut, Kraft und Selbstvertrauen."
Ob Kerber nach den Australian Open (14. bis 27. Januar) beim Fed Cup in Braunschweig gegen Weißrussland (9./10.) spielt, ließ sie zunächst offen. "Das werde ich mit Rainer und Teamchef Jens Gerlach besprechen", sagte sie.