Die rein rhetorische Glaubensfrage

Von Maurice Kneisel
Dean Ambrose, Roman Reigns und Seth Rollins prägen derzeit die WWE
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Bei WrestleMania 30 (Sonntagnacht ab 0.30 Uhr im User Talk) trifft der Shield auf Kane und die New Age Outlaws. Seit Roman Reigns, Dean Ambrose und Seth Rollins bei den Survivor Series 2012 debütierten, hat das Trio der WWE merklich seinen Stempel aufgedrückt. SPOX blickt zurück auf den Werdegang der Hounds of Justice.

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"Believe in the Shield!" In schöner Regelmäßigkeit fordert Roman Reigns das WWE-Universum zum Glaubensbekenntnis auf - doch ist das wirklich noch nötig? Seit der Shield vor knapp eineinhalb Jahren bei den Survivor Series 2012 debütierte, hat sich das Trio zu einem der dominantesten Stables der WWE-Geschichte gemausert.

Blickt man zurück auf die letzten 20 Jahre, kommen einem nur wenige Gruppierungen in den Sinn, die einen ähnlich starken Eindruck hinterlassen haben, in den letzten zehn sind es noch deutlich weniger. D-Generation X, Evolution, vielleicht Legacy - und auch diese Teams sind längst Geschichte. Der Stern des letzten großen Stables, des Nexus, verglühte fast noch schneller, als er zuvor ans Firmament geschossen war.

Besonders hervorzuheben ist, dass der Shield im Gegensatz zu den anderen genannten Gruppen eben nicht von einem etablierten Star (Shawn Michaels, Triple H, Ric Flair, Randy Orton) ins Feld geführt wurde, sondern aus drei - zumindest nach WWE-Standards - Rookies bestand; und eben diese drei Neulinge wussten nicht nur von Tag eins an zu überzeugen, sondern haben in den letzten 16 Monaten auch eine beeindruckende Entwicklung genommen.

Als die Hounds of Justice am 18. November 2012 in das Triple-Threat Match um den WWE-Champion-Titel eingriffen und Ryback ausschalteten, waren die drei Männer nur einem Teil der WWE-Fans bekannt. Seth Rollins konnte immerhin durch den Gewinn des NXT-Champion-Titels im Rahmen des Gold Rush Tournaments wenige Monate zuvor auf sich aufmerksam machen.

Dean Ambrose hatte derweil für Schlagzeilen gesorgt, als er bei WrestleMania XXVIII Axxess sowie in den folgenden Wochen immer wieder Mick Foley konfrontierte und ihn persönlich angriff. Dass die beiden zu diesem Zeitpunkt bereits seit Monaten eine intensive Fehde im Development-System bestritten, war in Zeiten, wo NXT noch nicht landesweit im Fernsehen zu verfolgen war, hingegen den Wenigsten bewusst.

Reigns: Erst NFL, dann WWE

Über Roman Reigns war derweil nur bekannt, dass er als Einziger in der Runde nicht über jahrelange Indy-Erfahrung verfügte, früher American Football an der Georgia Tech gespielt und kurzzeitig im Kader zweier NFL Teams gestanden hatte; und nicht zu vergessen natürlich, dass er einer der legendärsten Wrestling-Familien überhaupt, der Anoa'i Familie entstammt und unter anderem mit The Rock, den Wild Samoans und Yokozuna verwandt ist.

Letztlich bereiteten diese Fakten aber niemanden auf das vor, was folgen sollte. Gleich das erste offizielle Match des Shield, ein Six-Man Tag-Team-Match gegen Daniel Bryan, Kane und Ryback bei TLC 2012, avancierte zum absoluten Showstealer und stellte in den Augen nicht weniger Wrestlingfans das beste Match des Jahres dar.

Lange Siegesserie

Es folgte ein Undefeated-Streak, der bis zum 13. Mai des Folgejahres Bestand hatte, als der Shield per Disqualifikation bei RAW die erste Niederlage einstecken musste. Doch nur sechs Tage später, bei Extreme Rules, schien der Stern des Trios heller denn je, als Rollins und Reigns Team Hell No die Tag-Team-Titel abnahmen, während Ambrose sich am gleichen Abend die United States-Championship von Kofi Kingston sicherte, welche er bis heute hält.

In der Folge wurde es allerdings etwas ruhiger um den Shield, da die Schreiber sich primär darauf konzentrierten, sie als Champions darzustellen. Der Storyline-Fokus wanderte derweil zu anderen Superstars, wie der aufstrebenden Wyatt Family und später der Bryan/Authority-Fehde. Doch während sich die Gerüchte häuften, dass Bray Wyatt und seine beiden Riesen-Schäfchen die neuen Heel-Lieblinge der Writer seien und der Shield kurz vor der Auflösung stünde, lebten Ambrose, Rollins und Reigns noch einmal auf - und präsentierten sich stärker denn je!

Zunächst als Exekutive der Authority rund um Triple H eingesetzt, geriet das Trio wenig später ausgerechnet mit den Wyatts aneinander. Zwei Heel-Gruppierungen aufeinander zu hetzen, war zweifelsohne ein Risiko, aber eines, das sich absolut auszahlte! Das Publikum nahm die Konfrontationen mit Begeisterung an, die Luft knisterte förmlich vor Erwartungshaltung.

Als die sechs Männer kurz vor No Escape 2014 in einem Segment bei RAW endlich aufeinander losgelassen wurden, kochte die Stimmung in der Halle entsprechend über und man erntete gewaltige Pops. Beim Pay-per-View lieferten der Shield und die Wyatts sich die erwartete Schlacht und legten die Messlatte für das Match des Jahres einmal mehr sehr hoch an.

WWE investiert viel in The Shield

Auch das Re-Match bei RAW und der Turn gegen Kane und die Authority in den letzten Wochen waren hervorragend geschrieben und zeigten einmal mehr, dass es sich beim Shield um einen Sonderfall handelt: einigen kurzen und völlig normalen Schwächephasen zum Trotz, während denen der Fokus auf anderen Wrestlern lag, hat die WWE vom ersten Tag an voll auf Reigns, Ambrose und Rollins gebaut.

Wann wurde zuletzt drei Neulingen über einen solch langen Zeitraum und mit solcher Intensität derart viel Aufmerksamkeit gewidmet? Man hat viel in das Trio investiert und dafür drei potentielle zukünftige Dauer-Main Eventer erhalten.

Denn so stark das Writing rund um den Shield auch war und ist, den Hauptanteil an dieser Entwicklung tragen natürlich die drei Protagonisten. Der Muskel, der Architekt und der Psychopath ergänzen sich perfekt und bilden eine Einheit, wie man sie selten erlebt hat. Gerade die Schwächen, welche zu Beginn noch auszumachen waren, werden immer marginaler.

Seth Rollins im SPOX-Interview: "Hunderprozentig im Main-Event!"

Positive Entwicklung

Reigns hat im Ring merklich zugelegt, mit dem Superman Punch, seinem sehenswerten Dropkick auf den Apron und dem schönsten Spear seit Bill Goldberg Signature Moves etabliert, die grundsätzlich laute Pops hervorbringen. Zudem grölt das Publikum mittlerweile auch lautstark bei seinem Kampfschrei vor der Triple Powerbomb mit.

Rollins hat derweil in den letzten Wochen am Mikro enorm zugelegt und steht seinen Kollegen charisma-technisch bei weitem nicht so sehr nach, wie es zu Beginn den Eindruck hatte. Zudem darf er in der neuen Face-Rolle verstärkt auf sein Highflyer-Arsenal zurückgreifen, was ebenfalls starke Reaktionen zieht. Bleibt schließlich noch Ambrose, dessen Wrestlingstil so unspektakulär wie effizient ist. Gepaart wird das Ganze mit der vielleicht stärksten Gestik und Mimik in der Liga. Wer es noch nicht getan hat, sollte sich während Backstage-Segmenten häufiger ausschließlich auf Dean konzentrieren - es lohnt sich.

Das anstehende Match gegen Kane und die New Age Outlaws wird wohl den letzten gemeinsamen Auftritt bei einer WrestleMania darstellen. Ob die Entwicklung der drei Shield-Mitglieder auch nach dem Split weiterhin derart steil bergauf gehen wird, bleibt abzuwarten.

Roman Reigns gilt seit geraumer Zeit als das kommende Top-Babyface, während für Dean Ambrose und Seth Rollins zunächst ein Run als Heel-Tag Team geplant sein soll. Doch wie schnell sich solche Pläne ändern können und dass die gehandelten Stars von morgen von einem Tag auf den anderen wieder in der Versenkung verschwinden, haben Leute in Wade Barrett und Damien Sandow in letzter Zeit mehr als deutlich bewiesen.

Die Hoffnung bleibt

Optimistisch stimmt derweil die Tatsache, dass die WWE-Verantwortlichen, wie erwähnt, ab Tag eins im Main Roster viel in die Hounds of Justice investiert und ihnen merklich mehr Vertrauen geschenkt haben als anderen Newcomern. So bleibt die Hoffnung, dass eben nicht nur Reigns, sondern auch seine beiden Kollegen sich langfristig an der Spitze der WWE festsetzen können und eines Tages vielleicht sogar der viel diskutierte Three-Way bei WrestleMania zu bewundern sein wird - bestenfalls im Main Event.

Bis dahin bleibt nichts weiter zu tun, als jedes Match und jeden Auftritt des Shield zu genießen, denn Unterhaltung ist bei diesen drei Männern garantiert. Believe that and believe in the Shield!

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