"Ich bin nicht der liebe Gott"

Felix Götz
09. Januar 201415:01
Hans Zach kehrte als Mannheim-Trainer in die DEL zurückgetty
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Der Alpenvulkan brodelt wieder. Drei Spiele, zwei Siege, eine Niederlage: Hans Zach hat einen guten Start als Trainer der Adler Mannheim hingelegt. Bei SPOX spricht der 64-jährige Ex-Bundestrainer über seine kompromisslose Art, Trapattoni-Eishockey, Dettmar Cramer und das Beispiel von der Maus.

SPOX: Herr Zach, Sie sind unter dem Spitznamen Alpenvulkan fast berühmter als unter Ihrem bürgerlichen Namen. Wie gefällt Ihnen das eigentlich?

Hans Zach: Der Spitzname Alpenvulkan ist ja nicht negativ gemeint, deshalb schäme ich mich dafür sicher nicht. Aber es ist so, dass mich die wenigsten Leute wirklich kennen. Ich bin sicherlich ein Trainer, der sehr konsequent und sehr geradlinig ist. Aber ich bin nicht der liebe Gott, sondern stehe im menschlichen Bereich mit den Spielern auf einer Höhe. Ich gebe Ihnen ein Beispiel.

SPOX: Gerne.

Zach: Ein heutiger Spieler von mir hat mir schöne Grüße von einem Amerikaner ausgerichtet, der früher unter mir gearbeitet hat. Und der jetzige Spieler fragte meinen Ex-Spieler, wie denn der Zach so ist. Dann hat der gemeint: "Wenn du gut und hart arbeitest und nicht bequem bist, dann hast du kein Problem. Ansonsten kann es unangenehm werden".

SPOX: Es geht Ihnen also darum, eine unmissverständliche Linie vorzugeben?

Zach: So ist es. Jeder bekommt direkt gesagt, wo es lang geht, jeder muss gleich wissen, was los ist. Das hilft. Dann weiß jeder Bescheid und kann sich entscheiden: Will ich unter dem arbeiten oder nicht?

SPOX: Auf einen Außenstehenden wirken Sie immer so, als wären Sie permanent grantig. Aber so können Sie eigentlich gar nicht dauerhaft sein, weil Freude auch dazu gehört, um sportlich erfolgreich zu sein. Oder täusche ich mich da?

Zach: Nein, das ist schon richtig. Freude gehört sogar dringend dazu. Aber was ist denn Freude? Freude ist gewinnen! Wenn ich als Sportler nicht gewinne, dann habe ich keine Freude. SPOX

SPOX: Ist es wirklich so einfach?

Zach: So einfach ist das. Und einfach ist ein gutes Stichwort.

SPOX: Das müssen Sie uns erklären.

Zach: Ich bin generell ein Trainer, der im Umgang mit der Mannschaft alles möglichst einfach hält. Einfache Beispiele, die jeder versteht. Ich verlange von den Spielern, dass sie mich sofort fragen, wenn etwas unklar ist. Es gibt keine blöden Fragen, die Spieler können mich alles fragen. Deshalb und weil ich klare Vorgaben mache, verstehen die Spieler nach kurzer Zeit, was ich von ihnen verlange. Ich gebe Ihnen das Beispiel von der Maus.

SPOX: Wie bitte?

Zach: Ja. Die Maus kommt aus ihrem Loch heraus und zack, bekommt sie eins drüber. Das kann passieren, aber nur einmal. Verstehen Sie? Man muss lernen! So ist es bei einem Eishockeyspieler auf dem Eis auch. Er kann einen Fehler machen, aber nicht immer wieder. Das versuche ich durch mein konsequentes Handeln zu vermitteln.

SPOX: Kommen wir noch einmal zurück zur Einfachheit. Das ist es, was Sie von den Spielern auch auf dem Eis verlangen. Ein schnörkelloses Spiel, richtig?

Zach: Ja, ganz genau. Ich sage Ihnen mal was: Einer der besten Fußballtrainer der Welt war Dettmar Cramer. Der sagte: "Der beste Spieler ist der, der keine Schnörkel mehr weglassen kann, weil er keine mehr hat". So ist es bei uns auch. Puckannahme, Puck weiterspielen, fertig.

SPOX: Aber oft macht doch gerade die außergewöhnliche individuelle Fähigkeit eines Spielers den Unterschied.

Zach: Aber genau das ist doch das außergewöhnliche Können. Der Unterschied zwischen DEL und NHL ist nicht, dass die einen Deppen sind und die anderen Zauberer. Es geht nur um Raum und Zeit. In der NHL wird auf engem Raum und in weniger Zeit etwas Ähnliches gemacht wie in der DEL. Aber das ist die Kunst, das musst du erstmal fertig bringen. Könnte das jeder, würde jeder in der NHL spielen. Aber so ist es halt nicht.

SPOX: Man merkt es Ihnen an. Sie haben an Enthusiasmus nichts eingebüßt. Was gab letztlich den Ausschlag, dass Sie das Angebot, die Adler zu trainieren, angenommen haben?

Zach: Mannheim war der Grund. Ich hatte vorher schon Anfragen, aus der DEL und auch aus dem Ausland. Aber Mannheim ist von den Möglichkeiten und der Organisation her einfach top.

SPOX: Drei Spiele sind nun vorbei, zwei Siege und eine Niederlage stehen zu Buche. Welchen Eindruck haben Sie bisher von Ihrer neuen Mannschaft gewonnen?

Zach: Einen sehr guten Eindruck. Die Mannschaft hat einen guten Charakter. Und es spielen sehr viele deutsche Spieler bei uns, wir spielen derzeit nur mit fünf Ausländern. Deutsche Spieler zu fördern ist etwas, das mir sehr am Herzen liegt.

Teil 2: Zach über seine Zukunft und die Entwicklung der DEL

SPOX: Während der Saison einzusteigen ist nicht ganz einfach, weil die Zeit fehlt. An welchen Stellschrauben haben Sie gedreht?

Zach: Da geht es erstmal darum, dass die Spieler Vertrauen zu mir haben und wissen, was ich eigentlich will, wie sie sich auf dem Eis verhalten sollen. Da geht es auch um Psychologie. Das ist mir, würde ich sagen, in kurzer Zeit ganz gut gelungen.

SPOX: Wie man beispielsweise beim 3:0-Sieg gegen München gesehen hat. EHC-Coach Pierre Page hat ihnen anschließend Trapattoni-Eishockey vorgeworfen, weil Mannheim angeblich so defensiv gespielt hat. Was sagen Sie dazu?

Zach: Mei, wir haben 44 Mal auf das Tor geschossen, die Münchner 26 Mal. Was soll ich dazu noch sagen?

SPOX: Also ist Pages Aussage schlichtweg falsch?

Zach: Nicht falsch. Wir spielen eben, wenn wir die Scheibe nicht haben, sehr gut in der Abwehr und gehen entschlossen in die Zweikämpfe. Haben wir die Scheibe, spielen wir sehr schnell und direkt nach vorne. Das ist Eishockey, wie es auf der ganzen Welt gespielt wird. Vor allem in den USA, wo bekanntlich das beste Eishockey gespielt wird.

SPOX: Wie erklären Sie sich dann Pages Aussage?

Zach: Wir gehen in der Abwehr eben mit aller Konsequenz zur Sache und lassen dem Gegner kaum Möglichkeiten. Das wurmt die Spieler und ärgert den Trainer.

SPOX: Also war der Frust der Münchner letztlich nicht mehr als ein Kompliment an Ihre Mannschaft?

Zach: Ja, das war ein Lob. Wenn der Gegner frustriert ist, hat man nicht so viel falsch gemacht.

SPOX: Vor allem lassen Sie diese Art von Eishockey seit vielen Jahren spielen und hatten damit oft genug Erfolg.

Zach: Eben. Wissen Sie: Es gibt ja in dem Sinne keine offensive oder defensive Spielweise, das ist doch ein Schmarrn. Man muss beides vereinen. Wir wollen Tore schießen, aber ich bin ja nicht blöd und lasse meine Mannschaft mit offenem Visier ins Verderben rennen. Man muss immer mit Kontrolle spielen.

SPOX: Was ist in dieser Saison für die Adler noch drin?

Zach: Wir wollen gutes Eishockey spielen und erfolgreich sein. Wenn uns das gelingt, ist einiges drin.

SPOX: Auch der ganz große Wurf, also wie 2010 mit Hannover die Meisterschaft?

Zach: Das ist nicht so einfach. Die Liga ist so ausgeglichen, dass sechs bis sieben Mannschaften den Titel holen können.

SPOX: Wird letztlich in den Playoffs die Tagesform den Ausschlag geben?

Zach: Es geht nicht um Tagesform. Sondern darum, wer härter und konsequenter ist.

SPOX: Sie haben einen Vertrag bis zum Saisonende. Ist danach definitiv Schluss, oder ist Ihre Zukunft noch offen?

Zach: Danach gehe ich wieder in den Zustand zurück, der mir dreieinhalb Jahre uneingeschränkt Freude bereitet hat. Fliegenfischen, in die Berge gehen, radeln und so weiter.

SPOX: Wie bewerten Sie die Entwicklung in der DEL in den vergangenen Jahren?

Zach: Teils positiv, andererseits bin ich der Meinung, dass das Deutsche in der DEL abhanden kommt. Alles wird nordamerikanisiert und von drüben angenommen. Das Gute kann man ja annehmen, aber eben nicht alles.

SPOX: Haben Sie ein Beispiel parat?

Zach: Beispielsweise trainieren fast alle Mannschaften nur noch einmal am Tag am Mittag. Das ist nicht mein Ding.

SPOX: Wird in der DEL zu wenig trainiert?

Zach: Natürlich ist es so, dass viel Training nicht unbedingt besser ist. Aber richtiges Training ist halt wichtig. Man braucht einen Wechsel zwischen Belastung und Erholung, da muss man dann eben auch mal zwei Mal am Tag trainieren. Vor allem benötigt man das individuelle Training, besonders für die jungen deutschen Spieler.

SPOX: Ist diese fehlende individuelle Förderung auch etwas, das sich negativ auf die Nationalmannschaft auswirkt?

Zach: Sicherlich. Es ist doch so: In der entscheidenden Phase eines Spiels stehen meistens Ausländer auf dem Eis.

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