Jaime Alguersuari. Der Name des neuen Toro-Rosso-Stammfahrers ist gerade für deutsche Zungen extrem schwer auszusprechen, aber daran werden sich wohl alle gewöhnen müssen. Denn Alguersuari wird beim Ungarn-GP Geschichte schreiben. SPOX stellt den neuen Red-Bull-Hoffnungsträger vor.
Jaime Alguersuari hat ein Versprechen einzulösen. "Wenn ich den Sprung in die Formel 1 schaffe, dann gründe ich mein eigenes Musik-Label." So hatte es Alguersuari im Red-Bull-Interview angekündigt, allerdings schon lange bevor er wusste, dass er den Sprung schon in dieser Saison schaffen würde.
Jetzt hat er den Salat. Ein Musik-Label gründen und ganz nebenbei für Toro Rosso Formel-1-Rennen bestreiten - das kann ja heiter werden.
Musik machen kann der 19-jährige Spanier. Er legt selbst elektronische Musik, House und Minimal Techno auf und ist sogar Mitveranstalter eines Festivals auf Ibiza. Auf "Youtube" existiert ein Video, das ihn zeigt, wie er als Fahrer zusammen mit zwei Kumpels im Auto zu seiner Lieblingsmusik Party macht.
Warnende Worte von Vettel
Aber die Zeit für Party und sein Hobby Musik wird in den kommenden Monaten extrem knapp werden. Das sagt Alguersuari jemand, der sich bestens in dessen Situation hineinversetzen kann, weil er ebenfalls mitten in der Saison in die Formel 1 gekommen ist - Sebastian Vettel.
"Ich weiß, dass Jaime ein guter Musiker ist. Ich habe ihn zwar noch nie live gehört, aber man hört nur gute Dinge über sein Können", sagte Vettel dem "Red Bulletin". "Jetzt sollte er sich aber eher darauf konzentrieren, im Auto besser zu sein als an den Turntables."
Als Vettel mitten in der Saison 2007 beim USA-GP für Robert Kubica ins BMW-Sauber-Cockpit rutschte, hatte er zuvor als Testfahrer schon einige Formel-1-Erfahrung gesammelt.
Nur ein kurzer Test in Vairano
Die fehlt Alguersuari aufgrund des Testverbots völlig. "Mir ist klar, dass das ein sehr harter Kampf wird, denn es ist niemals leicht, in die Formel 1 zu kommen. Ein Einstieg mitten in der Saison ist noch schwieriger, und dann auch noch ohne jegliche Tests", zitiert der "Focus" Alguersuari.
Immerhin durfte der junge Spanier am vergangenen Freitag in Vairano einen kleinen Aerodynamik-Test fahren, aber diese wenigen Kilometer ernsthaft als Formel-1-Erfahrung zu werten, wäre wohl etwas übertrieben.
Alguersuari: "Ich will lernen und beobachten"
Die muss Alguersuari auf die harte Tour während der Rennwochenenden sammeln. Sein Motto: "Ich will vor allem lernen und beobachten. Ich sehe es nicht so, dass ich nichts zu verlieren habe. Die Formel 1 ist die höchste aller Rennkategorien und es wird sehr schwierig für mich, das Niveau der anderen Piloten zu erreichen. Ich muss es ruhig angehen lassen. Vor mir liegen viele wichtige Kilometer des Lernens."
Gedämpft ist auch die Erwartungshaltung bei Toro Rosso. "Zumindest in den ersten drei Rennen erwarte ich mir gar nichts von ihm. Er muss sich erst an das Auto gewöhnen, an das Team und an das Umfeld der Formel 1", sagte Teamchef Franz Tost bei der offiziellen Präsentation seines neuen Schützlings.
Jüngster F-1-Pilot aller Zeiten
Die erste Feuerprobe steht unmittelbar bevor. Am Wochenende wird Alguersuari beim Ungarn-GP als jüngster Formel-1-Pilot aller Zeiten in die Geschichte eingehen. Mit 19 Jahren und 125 Tagen wird er am Sonntag den Neuseeländer Mike Thackwell ablösen. Der war bei seinem Debüt in Kanada 1980 58 Tage älter.
Kommt das alles nicht doch zu früh? Alguersuaris bisherige Rennsport-Karriere ist nicht allzu lang. Er hat 118 Autorennen bestritten, davon 17 gewonnen. Ebenfalls 17 Mal stand er auf der Pole-Position, 36 Mal reichte es für einen Podestplatz. Sein größter Erfolg war der Gewinn der britischen Formel-3-Meisterschaft. Aktuell fährt er in der World Series by Renault, an der er auch weiterhin teilnehmen wird, sofern es der Formel-1-Kalender zulässt. Fahrpraxis ist alles.
Haug vergleicht Alguersuari mit Buemi
"Ich finde es grundsätzlich gut, einem jungen Fahrer eine Chance zu geben", sagt Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug im Gespräch mit SPOX. "Natürlich ist es eine harte Prüfung, so in die Formel 1 zu kommen. Aber schauen sie sich Sebastien Buemi an. Der hat sich ohne großartige Erfahrung sehr wacker geschlagen."
Buemi hatte zwar eine ganze Reihe Testkilometer, aber nicht mit dem aktuellen Auto. Trotzdem holte der Schweizer bereits drei WM-Punkte.
Haug: "Vielleicht kommt er gerade zur richtigen Zeit"
Haug erinnert sich sogar an einen noch besseren Neueinsteiger: "So viel Erfahrung wie immer geschrieben wurde hatte Lewis Hamilton auch nicht. Das ernsthafte Testen hat damals im Dezember 2006 angefangen, im ersten Rennen 2007 stand er auf dem Podium."
Insgesamt fällt seine Prognose für Alguersuari positiv aus: "Vielleicht kommt er gerade zur richtigen Zeit. Toro Rosso kommt mit einem großen Aerodynamik-Update nach Ungarn und ist immer für eine Überraschung gut. Franz Tost und Technikchef Giorgio Ascanelli wissen schon, was sie tun. Sie nehmen niemanden, der es nicht kann. Das kann durchaus gut gehen."
Große Klappe und Interesse vom Playboy
Vorausgesetzt, das fahrerische Potenzial ist da, kann Jaime Alguersuari zu einer echten Bereicherung für die Formel 1 werden. Der in Barcelona geborene Espanyol-Fan ist ein lässiger Typ, er sieht gut aus und ist auch immer für einen flotten Spruch zu haben.
Angesprochen auf Parallelen zu seinem berühmten Landsmann Fernando Alonso sagte er einmal: "So wie ich das sehe, ist das einzige, was wir gemeinsam haben, die Tatsache, dass wir aus Spanien kommen."
Und zum Rauswurf seines Vorgängers Sebastien Bourdais leistete er sich folgende Meinung: "Ich glaube, dass Red Bull die richtige Entscheidung getroffen hat. Es scheint, als hätte Bourdais in diesem Jahr nicht alles gegeben."
Einige mögen solche Aussagen anmaßend finden, aber sie erzeugen auf jeden Fall Aufmerksamkeit. So viel sogar, dass selbst der Playboy in den letzten Wochen die Beförderung von Jaime Alguersuari redaktionell verfolgt hat.