SPOX-Redakteur Alexander Maack bewertet nach jedem Grand Prix die fahrerischen Leistungen der Formel-1-Piloten und stellt sein persönliches Driver-Ranking auf. Teil 14 der Saison 2016: Der Große Preis von Italien in Monza. Mit dabei: Pascal Wehrlein macht schon wieder Lust auf mehr, Jenson Button ist junges Eisen und Lewis Hamilton ist Trainingsweltmeister.
Platz 1, Valtteri Bottas: Eine Frage vorweg: Hat überhaupt ein Fahrer beim Italien-GP die Erwartungen übertroffen? Kein einziger erwischte ein perfektes Wochenende. Am besten machte es noch Valtteri Bottas. Der Finne beeindruckte im Qualifying, als er als Fünfter Red Bull in Person von Daniel Ricciardo um eine Tausendstel hinter sich ließ. Den knappen Vorsprung führte er darauf zurück, dass er vor dem Zeitentraining die Belüftungshutzen seines Helms abgenommen hat. Es war wohl eher seine perfekte Fahrt.
Den fünften Platz konnte Bottas im Rennen nicht halten. Hohe Temperaturen fordern die Hinterreifen mehr, deshalb fuhren die meisten Teams mit größeren Flügeln als sonst in Monza üblich. Williams hat aber einen größeren Reifenverschleiß als die direkte Konkurrenz. Ricciardo zog so an Bottas vorbei, Hamilton schaffte das mit einem herausragenden vorbereiteten Manöver ebenfalls. Ein Makel? Wohl kaum. Der Williams gab nicht mehr her. Zum zweiten Mal in der Saison 2016 ist Bottas der Mann des Wochenendes - wenn auch knapp.
Platz 2, Sebastian Vettel: Ein My hinter Bottas reiht beim Heimspiel in dieser Woche Ferraris Nummer eins ein. Vettel fuhr im Qualifying Platz 3 hinter den Mercedes heraus. Mehr war nicht drin. Sein Start funktionierte, die große Stärke der Scuderia. Vettel nutzte sie, fuhr aufmerksam an Hamilton vorbei und setzte sich neben Rosberg.
Dass der Heppenheimer nicht mit letzter Verbissenheit den Mercedes attackierte, könnte eine Nachwirkung des Startcrashs in Spa sein. Wahrscheinlicher aber: Vettel war sich bewusst, dass er binnen weniger Umläufe von Rosberg geschnupft wird.
Vettel strahlte am Wochenende, an dem seine Scuderia von den Tifosi angehimmelt wurde. Es schien, als hätte ihm die Unterstützung einen Motivationsschub gegeben. Der war nötig: Seit dem Rennen in Baku fehlte Vettel eine Top-3-Platzierung im Driver-Ranking. Der Abstand auf die Spitzenpiloten in der Gesamtwertung ist mittlerweile beträchtlich gewachsen.
Platz 3, Jenson Button: Altmeister auf dem Abstellgleis: Jenson Button bekommt in der Saison 2017 ein Sabbatjahr, das gab McLaren-Honda am Samstag bekannt. Stattdessen wird Supertalent Stoffel Vandoorne neben Fernando Alonso fahren dürfen. Doch kehrt Button überhaupt wieder in den Rennbetrieb zurück? Mika Häkkinen wollte eigentlich auch noch ein paar Rennen fahren und kam nie wieder zurück...
Erstmal aber hat Button noch ein paar Grands Prix vor sich. Den ersten absolvierte er mit Höhen und Tiefen. Am Ende der ersten Runde war er plötzlich Letzter und musste sich anschließend nach vorne kämpfen. Das gelang hervorragend. Platz 12 im Ziel, zwei Positionen vor Teamkollege Alonso. Wie? Im Mittelstint ließ Button die Gummis glühen ohne sie zu beanspruchen. Er war deutlich schneller als Alonso und schaffte es trotzdem, den Verschleiß im Griff zu haben.
Keine Frage: Button kann noch immer mit den Besten mithalten. Wie er Esteban Gutierrez in der Parabolica außen überholte? Ein Leckerbissen für jeden Motorsport-Fan! Trotzdem bekommt Button eine Auszeit verpasst. Er selbst betont, nach 17 Jahren in der Formel 1 bräuchte er sie. Schade ist es trotzdem.
Platz 4, Pascal Wehrlein: Neben Button verabschiedet sich Felipe Massa nach der Saison 2016. Was das mit dem deutschen Manor-Piloten zu tun hat? Wehrlein braucht im nächsten Jahr ein neues Cockpit. Für Manor ist er eigentlich schon zu gut!
Dass der Mercedes-Antrieb in Monza hilft, keine Frage. Trotzdem muss es dem amtierenden DTM-Champion erstmal jemand nachmachen, sich mit dem Manor zwischen beide McLaren zu schieben. Dazu beweist er fast bei jedem Grand Prix, wie abgeklärt er mit seinen läppischen 21 Lebensjahren schon ist.
In Monza machte Wehrlein beim Start drei Plätze gut, indem er beim Start so extrem wie möglich die Außenbahn hielt. Fast hätte er so sogar Nico Hülkenberg kassiert. Danach ging es für den Mercedes-Junior wie gewohnt um Verteidigung. Er schwamm komfortabel mit den McLaren-Honda und Carlos Sainz jr. mit. Aus deutscher Sicht wäre es hervorragend, ließe Toto Wolff seine guten Kontakte zu Williams spielen, um Wehrlein dort in der Saison 2017 unterzubringen. Leider wird wohl ein besser betuchter Fahrer das Rennen machen.
Platz 5, Kimi Räikkönen: Wirklich angegriffen hat der Iceman seinen deutschen Ferrari-Kollegen nicht. Trotzdem war sein Italien-GP ein neuerlicher Schritt in die richtige Richtung. Seit der Vertragsverlängerung liefert Räikkönen wieder. Er konnte Vettel in Monza zwar einmal mehr nicht attackieren, er folgte ihm aber im Qualifying wie im Rennen.
Platz 6, Lewis Hamilton: Der Weltmeister startete katastrophal. Mercedes' Achillesferse demonstrierte er ein weiteres Mal. Sobald die Kupplung überhitzt, spannt sich der Bogen des Silberpfeils kaum. Statt zu greifen und das Auto nach vorne zu katapultieren, rutscht die Kupplung. Vortrieb? Fehlanzeige. Doch bei Hamilton war in Monza etwas anders.
Normalerweise schaltet ein Pilot hoch, wenn er beim Start das Drehmoment nicht auf die Straße bringt. Dann greifen die Teile wieder ineinander, dann geht's nach vorn. Bei Hamilton aber war davon nichts zu sehen. Erst im vierten Gang beschleunigte der Mercedes wirklich. Der Weltmeister erklärte, er habe keine Schuld. Ich zweifle. Es kommt zu oft bei ihm vor.
Trotzdem gebührt Hamilton Respekt. Er betrieb nicht nur ordentliche Schadensbegrenzung, in dem er auf Platz 2 fuhr. Er hatte einen Tag zuvor eine fabelhafte Qualifikation absolviert. Der Abstand zu Rosberg: 0,478 Sekunden. Das ist in Monza keine Welt, das ist eine Galaxie.
Platz 7, Daniel Ricciardo: Kein Shoey, Ricciardos Leistung war dennoch mehr als akzeptabel. Der Red Bull ist aufgrund seiner Konstruktion für Monza weniger geeignet. Zu viel Anpressdruck selbst bei kleinstmöglichen Flügeln.
Immerhin: Der Australier setzte Bottas so lange unter Druck, bis der Williams-Pilot Probleme mit seinen Reifen bekam, dann griff er an. Mit der Brechstange schlüpfte Ricciardo in der ersten Schikane vorbei und feierte direkt danach mit einem Shaka, dem Surfergruß - während der Fahrt wohlgemerkt. Nach dem Manöver war Freude auch angebracht.
Platz 8, Nico Rosberg: Der Deutsche hat erstmals in seiner Formel-1-Laufbahn in Monza gewonnen. Der WM-Zweite hat den Rückstand in der Gesamtwertung auf läppische zwei Punkte verkürzt, vor Ende der Sommerpause waren es noch 19. Trotzdem hat Rosberg ein Problem. Er ist langsamer als Hamilton. Bedeutend langsamer. Eine halbe Sekunde nahm Hamilton dem Deutschen im Qualifying ab. Bei drei richtig harten Bremszonen. Viel? Viel zu viel.
Monza ist eine Strecke, die wie gemacht für Hamiltons Stil ist, das ist sicher. Doch wie soll Rosberg mit seinem Teamkollegen im Lauf der Saison mithalten, wenn er so viel langsamer scheint? In dem er genau das macht, was ihn in dieser Saison mit Hamilton auf Augenhöhe bringt: Ständig Leistung bringen. Keine Fehler machen. Denn auch wenn Rosberg kaum durch brillante Aktionen strahlt, er macht Rennen für Rennen einen guten Job. Er fährt kontrolliert. Er sammelt Punkte.
Rosberg profitierte von Hamiltons Startproblemen, dann verwaltete er die Führung. Dass er nicht gefordert wurde, kann ihm nicht angelastet werden. Er schonte sein Material. Das könnte sich am Saisonende auszahlen. Wenn Mercedes eine Ausbaustufe des Motors an den Start bringt, dann bekommt Rosberg sie allein. Hamilton ist an die Power Units gebunden, die er in Spa nutzte.
Platz 9, Sergio Perez: Solide aber unspektakulär war die Leistung des Mexikaners in Monza. Er startete von Platz 8, er brachte Platz 8 ins Ziel. Perez kam etwas besser als Hülkenberg mit dem Force India zurecht, dem die richtige Balance im königlichen Park in diesem Jahr fehlte. Bei Force India kommt es fast an jedem Wochenende darauf an, die erste Runde erfolgreich hinter sich zu bringen. Den Vorteil hatte Perez in Italien auf seiner Seite.
Platz 10, Esteban Gutierrez: Top-Leistung im Qualifying. Startplatz 9 für Haas. Doch im Rennen schmiss der Mexikaner seine hervorragende Ausgangsposition wieder weg, weil er nach dem Start auf Platz 20 zurückfiel. Trotzdem hat er Respekt für die Leistung am Samstag verdient. Deshalb bekommt er von mir einen Punkt.
Härtefall, Carlos Sainz jr.: Toro Rosso schwächelt. Kein Wunder. Red Bulls Juniorteam hat die Vorjahresmotoren von Ferrari im Heck. Sainz holte das heraus, was möglich war. Er schaffte den Sprung in Q2 und hängte sich an Romain Grosjeans Haas. Der 15. Rang mag schlecht aussehen, er war es aber nicht.
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