Die Formel-1-Saison 2015 verspricht Spannung: Fünf Weltmeister, drei Deutsche, ein Haufen talentierter Neulinge. SPOX-Redakteur Alexander Maack bewertet nach jedem Grand Prix die fahrerischen Leistungen von Sebastian Vettel, Lewis Hamilton, Fernando Alonso und Co. und stellt sein persönliches Driver-Ranking auf. Teil 12: Der Italien-GP in Monza.
Platz 1, Daniel Ricciardo: Lewis Hamilton ist nicht allein. Red Bulls australischer Strahlemann mit italienischen Wurzeln fuhr ein perfektes Wochenende und verdiente sich damit meinen Spitzenplatz. Ricciardo startete durch den Einbau der zusätzlichen Powerunits aus der letzten Reihe und fuhr trotz leistungsschwachem Renault-Antrieb als Achter über die Ziellinie.
Schon in der ersten Runde schob sich der 26-Jährige dank intelligenter Positionierung auf Rang 13 vor, Button kassierte er danach problemlos und rutschte immer weiter vor, als die anderen Fahrer ihre weichen Reifen zur Box brachten. Ricciardo setzte die alternierende Ein-Stopp-Strategie perfekt um, auch wenn er auf der Strecke nicht überholen konnte.
Nachdem er selbst die Mediums gegen die weichen Reifen getauscht hatte, betrug Ricciardos Rückstand auf Marcus Ericsson und Nico Hülkenberg noch 16 Sekunden. Er arbeitete sich mit höchstkonstanten Runden heran. Die Fahrweise als Schweizer Uhrwerk zahlte sich aus: Ricciardo schnappte sich in der letzten Kurve Ericsson und erhöhte damit seine Ausbeute um zwei WM-Punkte.
Platz 2, Lewis Hamilton: Der Weltmeister dominierte in Monza. Klar, das lag zum einen natürlich wie immer an seinem Dienstwagen. Doch selbst mit dem W06 fährt niemand nach Belieben die gesamte Konkurrenz in Grund und Boden. Bestzeiten in allen drei Freien Trainings, die schnellste Zeit in jedem Abschnitt des Qualifyings trotz zweier kleiner Fehler und damit Pole, Start-Ziel-Sieg mit der schnellsten Rennrunde. Perfekt.
Lewis Hamilton ist ein Legal Alien. Er fährt nicht nur wie ein Außerirdischer. Er verhält sich auch so. Glamour, Jetset, Nordatlantikreisen am laufenden Band. Ablenkung? Fehlanzeige. Es tut ihm gut. Hamilton ist der Held der bisherigen Saison. Seine Formkurve ist selbst auf einer nach oben offenen Skala kaum darstellbar.
Beim Italien-GP katapultierte er sich nach dem Start schon in einer Runde aus der DRS-Reichweite heraus und legte nach drei weiteren den Turbo ein. Ganz entspannt ließ er vier Umläufe im hohen 1:27-Minuten-Bereich folgen ohne die Reifen zu strapazieren. Seine schnellste Rennrunde in 1:26,672 Minuten war fast eine halbe Sekunde schneller als Rosbergs Bestzeit und fast eine ganze Sekunde schneller als die jedes anderen Fahrers. Dafür kann kein um 0,3 PSI zu niedriger Luftdruck verantwortlich sein.
Platz 3: Sergio Perez: Als Sechster kam der Mexikaner am Sonntag ins Ziel. War mehr drin? Aus meiner Sicht eindeutig nicht. Perez beschleunigte trotz des Nachteils der Innenbahn Nico Rosberg nach dem Start aus. Weder gegen den Deutschen noch gegen Kimi Räikkönen in der Schlussphase hatte er eine realistische Chance, seinen Platz zu halten. Dafür sind Ferrari und Mercedes zu schnell.
Perez holte in den letzten beiden Rennen 18 WM-Punkte und 30 Zähler im Driver-Ranking. Während Hülkenberg den Force-India-Iceman spielt und das Pech anzieht, wenn das Auto gute Platzierungen ermöglicht, ist sein Teamkollege zur Stelle. Die aufsteigende Form macht Perez' Verbleib über die laufende Saison hinaus zum Selbstläufer.
Platz 4, Felipe Massa: Was für Perez gilt, trifft auch auf Massa zu. Der Brasilianer fuhr in Monza zum zweiten Mal in der laufenden Saison auf das Podium. Den von sämtlichen Experten als hochbegabt eingeschätzten Teamkollegen Valtteri Bottas steckt er regelmäßig in die Tasche. Massa führt nicht nur im teaminternen Qualifying-Duell, er ist auch Vierter in der Fahrer-WM - vor dem mit dem besseren Ferrari-Material ausgestatteten Räikkönen.
Massa beweist, dass fortgeschrittenes Alter keineswegs zu verminderter Leistung führt. Der 34-Jährige spielt in seinem 13. Formel-1-Jahr seine ganz Erfahrung aus. Allein Williams hält nicht mit. Den Kampf ums Podest hätte Massa ohne Rosbergs Motorenschaden verloren, weil das Team zum wiederholten Mal die Strategie nicht komplett im Griff hatte.
Mercedes düpierte Williams, brachte Rosberg mit einem Undercut gleich an beiden Autos aus Grove vorbei. Bis zum Stopp waren die Überholversuche des Vizeweltmeisters auf der Strecke allesamt gescheitert. Massa trifft am falschen Zeitpunkt des Boxenstopps keine Schuld. Sein Wochenende verlief fehlerfrei und er blieb im Rennen vor Bottas.
Platz 5, Sebastian Vettel: Zweiter Platz hinter dem Außerirdischen, vollkommene Zufriedenheit nach dem Rennen über den für ihn emotionalsten Erfolg seiner Formel-1-Karriere - doch perfekt war Vettels Leistung an diesem Wochenende nicht. Er startete hinter Teamkollege Räikkönen, weil er sich in den Lesmo-Kurven einen Fehler leistete.
Ob er vom zweiten Platz eine Chance gehabt hätte, Hamilton beim Viertelmeilenrennen zur ersten Schikane abzufangen? Er klebte zumindest beim Anbremsen an der Seite des Weltmeisters. Wobei ich bezweifle, dass Vettel den Sieg eingefahren hätte, wäre er vorbeigegangen.
Der Silberpfeil-Vorteil war zu groß, der Heppenheimer bekam auf den weichen Slicks zu früh Probleme mit starkem Untersteuern. Zwar ging Vettel das Tempo des Führenden nach dem Reifenwechsel größtenteils mit, doch als Mercedes in Erwartung einer Strafe den Weltmeister zur Eile anhielt, nahm Hamilton ihm wieder mehr als eine halbe Sekunde pro Runde ab.
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Platz 6, Nico Hülkenberg: Schwer zu beurteilen ist der Italien-GP 2015 für mich aufgrund der vielen Strafen und technischen Probleme. 168 Plätze wurden sieben Piloten in Monza nach hinten gestuft, in der gesamten Saison waren es addiert weniger. Hülkenberg blieb davon glücklicherweise verschont, doch ihn bremsten andere Hindernisse.
Im Qualifying fehlte der Benzindruck beim Force India, der zweite Versuch in Q3 fiel aus. Im Rennen fügte die Kollision mit Pastor Maldonado beim Start dem VJM08 einen Schaden am Unterboden zu. Die Folge: Abtriebsverlust und verringerter Grip. Deshalb waren die 20 Sekunden Rückstand auf Teamkollege Perez kein Wunder.
Platz 7, Nico Rosberg: Während Hülkenberg noch das Maximum aus dem mehr als durchwachsenen Wochenende herausholte, gab es für Rosberg keinen einzigen Grund zur Freude. Als der alte Motor nach dem 3. Training eingebaut wurde, war klar, dass er gegen einen fehlerfreien Hamilton keine Chance im Qualifying haben würde. Der vierte Startplatz ist ihm nicht anzulasten.
Rosberg versuchte die Rückschläge professionell wegzustecken und wurde dafür weiter bestraft. Das Ausweichmanöver um den parkenden Räikkönen ließ die Williams durchschlüpfen und als er nach dem erfolgreichen Undercut Vettel jagte, ging der sechs Rennen alte Motor zwei Runden vor Schluss in Flammen auf. Rosberg war das Opfer des verfrühten Einsatzes des noch nicht vollständig auf Zuverlässigkeit überprüften, überarbeiteten Mercedes-Motors.
Das Unschöne: Der Deutsche hat schon jetzt, sieben Rennen vor Saisonende, keine Chance mehr aus eigener Kraft die WM zu gewinnen. Siegt der Deutsche bei sämtlichen ausstehenden Rennen und kommt Hamilton immer als Zweiter ins Ziel, feiert der Brite in Abu Dhabi seine dritte Weltmeisterschaft mit vier Punkten Vorsprung.
Platz 8, Jenson Button: Die stagnierende Entwicklung bei McLaren-Honda spaltet die Fahrer. Während Button professionell damit umgeht und abgeklärt das Auto so schnell wie möglich um die Pisten bewegt, wird Alonso langsam aber sicher sauer. Der Spanier ging in Monza gegen seinen Teamkollegen unter.
Button drehte pünktlich zum Qualifying auf und qualifizierte sich vor Alonso. Die ersten beiden Runden nutzte er, um auf Platz 9 vorzusprinten und anschließend den Abstand zu kontrollieren. So frustrierend es angesichts des großen Namen McLaren-Honda auch ist: Mehr als ein Sieg gegen Manor ist für die früheren Weltmeister nicht drin.
Platz 9, Will Stevens: Zwei Punkte für einen Manor-Piloten! Warum? Weil Stevens einen bockstarken Italien-GP fuhr. Startplatz 13 resultierte aus den vielen Strafen, Endposition 15 aus Ausfällen. Wie immer gibt es nur eine Frage bei der Beurteilung der Hinterbänkler: Hätte er etwas noch besser machen können?
Wohl kaum. Stevens nahm Teamkollege Merhi fast zwei Zehntel im Qualifying ab. Er fuhr im Rennen die konstanteren Rundenzeiten, er nahm dem Spanier knapp eine halbe Sekunde pro Runde ab. Mehr als 13 Sekunden Vorsprung auf den Mann mit demselben Material bei der Zieldurchfahrt sind für mich ein eindeutiges Indiz, dass der Engländer sich an diesem Wochenende die beiden Punkte redlich verdient hat.
Platz 10, Valtteri Bottas: Der Vorteil des Finnen gegenüber seinem Teamkollegen bleibt sein besseres Reifenmanagement. Da der Verschleiß im königlichen Park allerdings relativ gering ist, zog er daraus keinen Nutzen. Bottas schloss zwar in den letzten Runden bedrohlich zu Massa auf, kam aber nicht vorbei.
Härtefall, Kimi Räikkönen: Der Iceman stand erstmals seit dem China-GP 2013 wieder in der ersten Startreihe. Das starke Quali-Resultat verspielte er allerdings direkt, als die Ampeln ausgingen. Es war schon sein zweiter schlechter Start in Folge. Schon in Spa kam Räikkönen schlecht weg. Zwar blieb er dort auf Platz 16, was aber nur zustande kam, weil Nico Hülkenberg und Carlos Sainz jr. das Rennen überhaupt nicht aufnahmen. Räikkönen fiel in Spa hinter beide McLaren zurück.
Der Finne ist bisher der Fahrer, der am schlechtesten mit den neuen Startregeln zurechtkommt, wonach die Ingenieure nicht mehr den optimalen Schleifpunkt durchgeben dürfen. Ob sich Räikkönens Abneigung gegen die Simulatorarbeit hier bemerkbar macht? Hamilton und Rosberg bekundeten schon in Spa, das neue Verfahren stundenlang geprobt zu haben. Was auch der Grund ist: Räikkönen und Ferrari sollten schnell eine Lösung finden.
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Die Formel-1-Saison 2015 im Überblick