Die Saison 2012 ist Geschichte und Sebastian Vettel hat seinen Titelhattrick perfekt gemacht. Doch auch Abseits des Titelkampfes hatte die Formel 1 wieder einiges zu bieten. Ein Deutscher ist der Aufsteiger des Jahres, ein Finne feierte ein furioses Comeback und alle fürchten sich vor den Crash-Kids. Außerdem: Das Mercedes-Desaster, ungeahnte Spannung und ein Skandal-Grand-Prix.
Hülkenberg startet durch
Für Nico Hülkenberg hätte Jahr eins nach seiner Zwangspause als Test- und Ersatzfahrer für Force India kaum besser laufen können. Nach anfänglichen Anpassungsschwierigkeiten zahlte er seine Beförderung ins Stammcockpit vor allem in der zweiten Saisonhälfte mit guten Leistungen zurück. Mit sechs Top-Ten-Platzierungen in den letzten neun Rennen fuhr er Teamkollege Paul di Resta in Grund und Boden.
In Sao Paulo wäre dem Deutschen sogar fast noch die Sensation gelungen. 30 Runden führte er das Rennen in Brasilien an, weil er trotz Regens auf einen Reifenwechsel verzichtete. Im Zweikampf mit Lewis Hamilton an der Spitze kollidierten die beiden allerdings. Hülkenberg wurde mit einer Durchfahrtsstrafe belegt und landete am Ende auf Rang fünf. Sein bestes Saisonergebnis erzielte er mit Platz vier beim Großen Preis von Belgien.
"Es war ein sehr positives Jahr. Ich habe mich als Fahrer entwickelt und Stück für Stück verbessert. Wir hatten großen Erfolg und viele gute Resultate, ich ziehe ein positives Resümee", so Hülkenberg zufrieden. Auch die großen Teams haben einen starken "Hülk" gesehen. Ferrari und Mercedes sollen sich für ihn interessieren. Force-India-Teamchef Vijay Mallya sieht in ihm sogar einen "künftigen Weltmeister".
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Auch wenn Hülkenberg 2013 bei Sauber noch nicht in einem der ganz großen Boliden sitzt, ist die Hintertür zu Ferrari weiter offen. Denn auch das Schweizer Team fährt mit Motoren der Scuderia. Hülkenberg nimmt sich viel vor für die neue Saison. Nach dem Rennen in Brasilien sagte er im Beisein von Sauber-Manager Beat Zehnder: "Den Sieg hole ich nächstes Jahr bei Euch nach."
Kimi is back - und wie
Nach zwei Jahren in der Rallye-Weltmeisterschaft hat ihn die Formel 1 zurück, den Iceman. Sportlich demonstrierte Kimi Räikkönen einmal mehr seine fahrerische Klasse und blieb bis zum Saisonfinale in Schlagdistanz zu Fernando Alonso und Sebastian Vettel. Am Ende wurde er souverän Dritter, holte mehr als doppelt so viele Punkte wie Teamkollege Romain Grosjean und sicherte sich beim Großen Preis von Abu Dhabi sogar einen Rennsieg.
Aber auch für den ein oder anderen Schmunzler war Räikkönen in dieser Saison wieder verantwortlich. In Bahrain beispielsweise hatte er scheinbar keine Lust auf seine Pressekonferenz, erschien rund zehn Minuten vor dem Termin, stellte fest: "niemand da" und ging wieder. In China tauchte er gleich gar nicht zum Pressetermin auf.
Launisch zeigte sich Räikkönen auch bei seinem ersten GP-Sieg für Lotus in Abu Dhabi. Als ihn seine Renningenieure während einer Safety-Car-Phase mehrmals daran erinnerten, seine Reifen auf Temperatur zu halten, ätzte Kimi über den Boxenfunk zurück: "Ja, ja, ja! Lasst mich in Ruhe, ich weiß, was ich tue." Doch damit nicht genug: In der darauf folgenden Woche trafen im Werk des früheren Renault-Rennstalls rund 500 T-Shirts im schwarz-goldenen Lotus-Look und der Aufschrift "Leave me alone, I know what I'm doing" ein.
Auch eine Szene aus dem letzten Rennen in Interlagos dürfte wohl in jedem Formel-1-Saionsrückblick ihren Platz finden. Mitten im Rennen rutschte Räikkönen von der nassen Fahrbahn und wollte über einen alten Streckenabschnitt zurück auf die Fahrbahn. Das Tor zur Rennstrecke war jedoch geschlossen. Kimi musste umdrehen und nahm nach seiner kleinen Irrfahrt wieder Kurs auf die eigentlich Strecke. "2001 bin ich da schon mal lang gefahren, damals war das Tor offen. Ich werde dafür sorgen, dass es nächstes Jahr wieder offen ist" erklärte der Finne sein Manöver. Der Kimi weiß halt, was er macht...
Achtung, die Crash-Kids kommen!
Wenn man das Auto von Narain Karthikeyan, Pastor Maldonado oder Romain Grosjean im Rückspiegel sieht, kann einem schon mal Angst und Bange werden. Die drei Piloten sorgten in dieser Saison nicht nur einmal für Unmut und schlechte Laune im Fahrerlager.
Besonders Karthikeyan und Sebastian Vettel werden keine Freunde mehr. In Malaysia ließ Karthikeyan dem Deutschen beim Überholen zu wenig Platz und schlitzte ihm dabei zudem einen Reifen auf. Vettel beschimpfte den Inder anschließend als "Idiot" und "Gurke".
Auch Pastor Maldonado ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen und bewarb sich auf den Titel "Crash-Kid des Jahres 2012". Beim Großen Preis von Europa in Valencia duellierte er sich mit Lewis Hamilton um den dritten Platz. Beide berührten sich, Hamilton schied aus und Maldonado kam zwar noch ins Ziel, wurde dank einer Durchfahrtsstrafe aber nur Zwölfter. Zwei Wochen später kollidierte er in Großbritannien mit Sergio Perez und wurde verwarnt.
Unerreicht bleibt in dieser Saison aber die Unfallakte von Romain Grosjean. Gleich sein erstes Rennen in Australien war nach einer Runde beendet. Bei einem Überholmanöver von Pastor Maldonado gab er nicht klein bei und sorgte für eine Kollision. Auch in Malaysia sorgte er schon in der vierten Kurve für einen Crash mit Michael Schumacher. Für Beide ging das Rennen zunächst weiter. Der Franzose musste nach vier Runden dennoch aufgeben, weil er sich erneut drehte und im Kiesbett stecken blieb.
Seinen großen Auftritt hatte Grosjean dann spätestens in Belgien. Gleich nach dem Start zog er ohne Rücksicht auf die Seite von Hamilton und löste so eine spektakuläre Kettenreaktion aus. Er selbst flog mit seinem Lotus durch die Luft und nur knapp am Kopf von Fernando Alonso vorbei. Auch Hamilton traf Alonso und räumte dazu noch den Heckflügel von Sergio Perez ab. Mit Hamilton, Alonso, Perez und Maldonado schieden somit neben Grosjean gleich vier weitere Fahrer aus.
Für den Großen Preis von Italien wurde der Franzose daraufhin von der Rennkommission gesperrt und bekam dazu noch eine Geldstrafe in Höhe von 50.000 Euro aufgebrummt. Doch selbst davon ließ sich der wilde Franzose nicht stoppen und fügte seiner Unfallakte im zweiten Rennen nach seiner Rückkehr gleich ein neues Kapitel hinzu. In Japan war er bereits zum achten Mal in dieser Saison in eine Startkollision verwickelt, räumte Mark Webber ab und wurde mit einer 10-Sekunden-Stop-and-Go-Strafe belegt.
Die Kritik am Lotus-Piloten wurde danach immer lauter. "Der ist talentiert, aber manchmal unwahrscheinlich blöd", so Niki Lauda. Auch Jacques Villeneuve lässt kein gutes Haar an Grosjean: "Fehler zu machen ist eine Sache. Aber doof sein? Das ist inakzeptabel". Sogar Formel-1-Boss Bernie Ecclestone empfahl ihm den Gang zum Augenarzt.
Vettel und die Lichtmaschine
Sebastian Vettel saß bei Red Bull im besten Auto der Saison. Darüber lässt sich kaum streiten. Doch auch der schnellste fahrbare Untersatz nützt nichts, wenn er nicht bis ins Ziel kommt. Zwei Mal sorgte die streikende Lichtmaschine in Vettels Wagen dieses Jahr für Nullnummern des Heppenheimers. Auch Teamkollege Mark Webber hatte mit Problemen der Technik zu kämpfen.
Beim Großen Preis von Europa versagte Vettel die Lichtmaschine 24 Runden vor Schluss. Im Qualifying war er noch auf die Pole gefahren und hatte auch im Rennen gute Chancen auf den Sieg. In Monza waren gar nur noch sechs Runden zu fahren, als ihm die Technik einen Strich durch die Rechnung machte. Bis zuletzt ging beim österreichischen Rennstall die Angst vor einem Verlust der Weltmeisterschaft durch einen erneuten Ausfall der Technik um.
Um beim Saisonfinale in Sao Paulo vor der "tickenden Zeitbombe" (Zitat Adrian Newey, Technischer Direktor Red Bull) sicher zu sein, ließ Red Bull von Zulieferer Magneti Marelli rechtzeitig ein neues Modell entwickeln und testete dieses in Austin an den Autos von Romain Grosjean und Vitali Petrow. Es gab keine Probleme mit dem neuen Bauteil. Mark Webber dagegen schied erneut wegen eines Defekts des alten Modells aus.
"Die Lichtmaschine hatte kaum Laufleistung und stammte aus einer frühen Charge. Es gibt keine andere Wahl: Jetzt muss die neue Spezifikation eingesetzt werden", stellte Renault-Einsatzleiter Remi Taffin fest. "Schlimmer kann es mit der neuen Version kaum werden." Zum Glück für Vettel sollte er Recht behalten.
Seite 2: Mercedes-Desaster und Skandal-GP
Das Mercedes-Desaster
Im dritten Jahr nach der Rückkehr in die Formel 1 wollte das Mercedes-Werksteam endlich den Durchbruch schaffen. Die Pole-Position und der Rennsieg von Nico Rosberg im dritten Rennen in Shanghai nährten diese Hoffnungen zunächst weiter. Doch es folgte die Ernüchterung.
Der Mercedes F1 W03 blieb nicht nur bei der Performance weit hinter den Top-Teams zurück, sondern erwies sich zudem als äußerst anfällig. In fünf der ersten sieben Rennen schied Michael Schumacher wegen eines technischen Defekts vorzeitig aus. In der zweiten Saisonhälfte wurden die Ergebnisse nicht mehr besser. In den letzten fünf Rennen vor dem Saisonfinale in Interlagos holten Schumacher und Rosberg keinen einzigen WM-Punkt.
In der Konstrukteurswerteung reichte es letztlich nur zu einem enttäuschenden fünften Platz. Ende September gab Mercedes zudem bekannt, den auslaufenden Vertrag mit Schumacher nicht zu verlängern.
Für Rosberg aber alles kein Grund zur Sorge: "Es gibt Erklärungen für die Entwicklung unserer Saison. Erstens: Die vielen neuen Leute, die wir eingestellt haben, können ihr Potenzial erst in nächster Zeit richtig entfalten. Zweitens: Erst während dieser Saison haben wir unseren Windkanal modernisiert." Mit Lewis Hamilton im Cockpit und Niki Lauda als Aufsichtsratschef soll 2013 ohnehin alles besser werden.
Der Skandal-GP von Bahrain
Im Vorfeld des Rennens im April in Bahrain gab es nur ein Thema: Die Unruhen in dem Wüstenstaat, die sich gegen das Regime des sunnitischen Königs Hamad al-Khalifa richteten. Nach den ersten Todesfällen bei den wöchentlichen Demonstrationen wurde sogar über eine Absage des Grand Prix diskutiert. Für Bernie Ecclestone kam das allerdings nicht in Frage: "Wir haben damit nichts zu tun."
Während sich einige darüber freuten, dass aufgrund des Rennens endlich ausländische Journalisten nach Bahrain einreisen durften, nutzten die Streitkräfte der Regierung das sportliche Großereignis, um noch härter gegen die Demonstranten vorzugehen.
Das Formel-1-Gelände inmitten der Steinwüste entwickelte sich zur einer echten Festung. Direkt neben der Strecke wurden Menschen verhaftet und ohne Prozess inhaftiert. Einer der Demonstranten sagte: "Wenn der Wind stark genug weht, können meine Freunde in den Foltergefängnissen das Geheul der Formel-1-Wagen hören."
Und als wäre ein Rennen mit diesen Rahmenbedingungen nicht schon Imageschaden genug für die Formel 1, legte Chefpromoter Bernie Ecclestone höchstpersönlich noch einen oben drauf. Man solle sich nicht so anstellen, man fahre schließlich auch in China, wo ebenfalls Menschenrechte verletzt werden. Opfer eines Anschlags könne man außerdem überall werden.
Tatsächlich wurden einige Mechaniker des Force-India-Teams vor dem zweiten Training Zeugen eines Anschlags. Mit ihrem Van standen sie in einem Stau, nachdem eine Benzinbombe ein Loch in die Straße gerissen hatte.
Geschockt mussten sie mit ansehen, wie schwer verletzte Menschen aufgeschreckt umher liefen. Der indische Rennstall verzichtete danach auf die Teilnahme am zweiten Training und wurde während der dritten Einheit deshalb nicht im TV-Bild gezeigt. Das wohl dunkelste Kapitel dieser Formel-1-Saison.
Back in the USA
Mit dem Rennen auf dem Circuit of The Americas in Austin kehrte die USA erstmals nach 2007 wieder zurück in den Rennkalender der Formel 1. Mitten in die trostlose Prärie hatte der Aachener Architekt Hermann Tilke eine spektakuläre Berg- und Talbahn gebaut. 260.000 Zuschauer sorgten an den drei Renntagen für mächtig Stimmung. Und das, obwohl am gleichen Wochenende auch das Saisonfinale der in den USA beliebteren NASCAR-Rennserie stattfand.
Sogar Bernie Ecclestone fand das Ereignis "besser als erwartet". In Zukunft sollen bis zu vier US-Rennen im Rennkalender der Formel 1 auftauchen. "Amerika ist in etwa so groß wie Europa. Deshalb sollten wir dort auch genauso viele Rennen haben."
Spannung bis zur letzten Runde
Naja, zumindest fast. In den zwei letzten Rennrunden der Saison hat uns das Safety Car einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nach dem Unfall von Di Resta gab es so keine Überholmanöver mehr und Sebastian Vettel war eigentlich schon zwei Runden vor Schluss Weltmeister.
Über eine langweilige Saison kann sich aber wahrlich keiner beschweren. Ganz im Gegenteil! Bevor sich der Zweikampf zwischen Fernando Alonso und Sebastian Vettel abzeichnete, war die WM offen, wie selten zuvor. Sieben verschiedene Sieger in den ersten sieben Rennen (neben Vettel und Alonso auch Button, Rosberg, Maldonado, Webber und Hamilton) hatte es zuvor in 63 Jahren Formel 1 noch nicht gegeben.
Auch wenn Alonso dem Heppenheimer danach bis zu 44 Punkte in der WM-Wertung enteilt war, gab Vettel nicht auf, legte eine zweite Saisonhälfte mit vier Siegen in Serie hin und machte den Titelkampf so noch einmal spannend bis zum letzten Rennen in Brasilien.
Mit 13 Punkten Vorsprung im Gepäck reiste Vettel nach Brasilien. Und auch nach dem Qualifying roch alles nach dem Vettel-Hattrick. Der Heppenheimer ging von Rang vier ins Rennen, Konkurrent Alonso nur von der Acht. Die Vorzeichen schienen also eindeutig. Aber nicht nur der Wettergott stand einem langweiligen Saisonfinale im Weg.
Gleich in der ersten Kurve drehte Williams-Pilot Bruno Senna Vettel um und beförderte ihn so ganz ans Ende des Feldes. Nach spektakulärer Aufholjagd reichte Vettel am Ende Platz sechs zum Weltmeistertitel, weil Alonso nur Zweiter wurde. "Ich sage nichts mehr. So ein Rennen habe ich noch nie erlebt, so etwas hat es noch nie gegeben", war sogar Niki Lauda platt.
Der Enstand in der Konstrukteurs- und Fahrerwertung
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