Terrence Boyd bestritt für die US-Nationalmannschaft bisher 14 Länderspiele, trotz starker Leistungen für den 1. FC Kaiserslautern in der 2. Liga machte er sich keine realistische Hoffnungen auf eine WM-Nominierung. Im Interview mit SPOX und GOAL berichtet der Stürmer von seinen Erlebnissen beim Team USA.
Boyd spricht über sein kurioses Debüt gegen italienische Weltstars als Regionalligaspieler, seine positiven Erfahrungen mit Trainer Jürgen Klinsmann und seinen schwierigen Stand bei dessen Nachfolgern.
Außerdem erklärt der 31-Jährige, wie er die Entwicklung des Fußballers in den Vereinigten Staaten im Generellen sieht, welche Probleme es noch immer gibt - und er freut sich über die Rückkehr eines fast ausgestorbenen Stürmertyps.
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Herr Boyd, Sie waren im WM-Spiel der USA gegen Wales erstmals als Co-Kommentator im Einsatz bei MagentaTV und haben gleichzeitig mit Ihrem Team mitgefiebert. Wie war es?
Terrence Boyd: Super! Ich war echt aufgeregt, weil ich nicht wusste, was mich erwartet. Es ist immer einfach, sich das auf der Couch vorzustellen. Hinter den Kulissen war alles hektisch und crazy, weil es live war. Als Experte war ich vorher schon einmal im Studio, aber dieses Kommentator-Dasein - wann sagst du etwas, wann hältst du besser die Schnauze - das ist schon eine andere Nummer. Du willst ja auch nicht dem Zuschauer zuhause das Spiel vermiesen. Du willst Infos geben, die nützlich sind, gleichzeitig unsichtbar und sichtbar sein. Ich hatte ein paar Versprecher drin, Sätze, die ich angefangen, aber nicht zu Ende gebracht habe. Ich denke aber, dass es im Großen und Ganzen okay war und hoffe, dass mir die Zuschauer die Fehler verzeihen.
Und die Trennung zwischen Spielbeobachter und Fan war kein Problem?
Boyd: Nein, ich kann da schon neutral bleiben. Und wenn man ehrlich ist und sich das Spiel nüchtern anschaut, hatte es keinen Sieger verdient. Die USA waren klar dominant in der ersten Halbzeit, hatten aber auch keine riesigen Chancen auf das zweite oder dritte Tor. Da hätten sie den Sack zumachen müssen. Wales war nach der Pause nicht unbedingt besser, aber hat ein bisschen mehr Alarm gemacht, sich nach vorne getraut und war nach Standards brutal gefährlich. Ein dummer Fehler hat zum Elfmeter geführt, aber damit können beide leben und es hält die Spannung hoch. Beide sollten den Iran schlagen, von daher war es eine Art Endspiel um Platz zwei.
WM 2022 - Gruppe B: Der Spielplan
Datum | Uhrzeit | Team A | Team B | Ergebnis |
21. November | 14 Uhr | England | Iran | 6:2 |
21. November | 20 Uhr | USA | Wales | 1:1 |
25. November | 11 Uhr | Wales | Iran | -:- |
25. November | 20 Uhr | England | USA | -:- |
29. November | 20 Uhr | Iran | USA | -:- |
29. November | 20 Uhr | Wales | England | -:- |
Kann an einem guten Tag auch gegen England etwas drin sein oder ist das eher unrealistisch?
Boyd: Ich gehe von einer Niederlage aus. England ist für mich allerdings nicht das Maß aller Dinge. Sie gehören zu den Großmächten, die auch in der Lage sind zu patzen und wichtige Spiele zu verballern. Das traue ich auch den USA zu. England ist kein Schwergewicht, das dich 5:0 überrollt, trotz dem 6:2 gegen den Iran, das nur schwer einzuschätzen ist.
Um zu Ihrer Person überzuleiten: Wäre das Wales-Spiel nicht für einen Strafraumspieler wie Sie prädestiniert gewesen, um einen positiven Einfluss zu nehmen?
Boyd: Natürlich wäre ich sehr gerne dabei gewesen, aber machen wir uns mal nichts vor: Es gibt so viele talentierte Stürmer, die gerade in Europa gut performen und zurecht dabei sind - außer Jordan Siebatcheu von Union, der am ehesten den klassischen Mittelstürmer verkörpert. Die waren bis vor kurzem Tabellenführer in der Bundesliga und er Stammspieler. Also von was reden wir da im Vergleich zu mir? Haji Wright hat schon ein paar Tore geschossen in der Türkei, Josh Sargent ist dabei und kann diese Rolle auch spielen. Klar: Du brauchst auch mal jemanden, der die Dreckstore macht, Wales hat die Einwechslung von Kieffer Moore extrem gut getan. Viele Teams wünschen sich mittlerweile einen solchen Spielertypen zurück, um auch mal einen Plan B zu haben, egal ob in einer niedrigen Liga oder auf Weltklasseniveau. Irgendwann musst du über Flanken agieren und brauchst mal einen, der keinen guten Fußball spielen muss, sondern einen eingebauten Torriecher hat. Ich finde es gut, dass diese ausgestorbene Art so langsam wieder mehr Akzeptanz findet.