Das Spiel zwischen Hoffenheim und Augsburg wurde im Schatten des verunglückten 1899-Profis Boris Vukcevic zur Nebensache. Die Akteure sind froh, dennoch gespielt zu haben.
Nach dem Abpfiff der Bundesligapartie gegen den FC Augsburg (0:0) begaben sich die Profis von 1899 Hoffenheim sofort auf den Weg in die Fankurve. Einen Tag nach dem schweren Verkehrsunfall ihres Kollegen Boris Vukcevic trugen sie dabei alle das Trikot mit der Nummer Sieben.
Die Nummer ihres Mittelfeld-Allrounders, der seit dem schweren Crash auf dem Weg zum Training in einer Heidelberger Klinik um sein Leben kämpft. Die Fans skandierten den Namen des beliebten Spielers, Banner mit dessen Konterfei hingen im Rund. In der Sorge um Vukcevic waren Fans und Mannschaft vereint, wie selten zuvor in Hoffenheim.
"Es war eine gute Entscheidung, dass wir heute gespielt haben", sagte Marvin Compper nach dem torlosen Remis. Er war als Kapitän in die Partie gegangen und trat als einziger Hoffenheimer Fußballer danach in die Öffentlichkeit. Auch Trainer Markus Babbel war sich sicher, das Richtige getan zu haben.
"Ich würde das immer wieder so handhaben - vorausgesetzt, die Familie sieht das auch so", sagte Babbel nach dem Unentschieden, über dessen sportliche Aspekte er nicht sprechen mochte. Vukcevics Eltern hätten dem Verein frühzeitig signalisiert, dass das Spiel ausgetragen werden sollte. "Wir sollten für ihn spielen", sagte Babbel.
Compper: Wir sind da
"Die Mannschaft hat dann geschlossen entschieden, zu spielen", sagte Babbel. "Es war sehr schwer. Aber wir haben versucht, das Spiel für ihn zu gewinnen. Wir wollten ihm zeigen, dass wir da sind", sagte Compper, der sichtlich mit seinen Gefühlen zu kämpfen hatte.
In der Gruppe sei es einfacher, den "großen Schock" zu verarbeiten. "Ich hätte es nicht gut gefunden, wenn wir nach der Nachricht getrennte Wege gegangen wären", sagte Compper, der seit 2008 im gleichen Verein mit dem im kroatischen Osijek geborenen Vukcevic spielt. "Wir haben heute gemacht, was uns am meisten miteinander verbindet. Das, was wir alle lieben", sagte Compper.
Einen erkennbaren Einfluss auf die sportliche Leistung weder von 1899 Hoffenheim noch auf die von den Gästen aus Augsburg hatte das Drama um Vukcevic nicht. Augsburg trat gewohnt defensiv auf, Hoffenheim war über weite Strecken die bessere Mannschaft - wenn auch nicht zwingend im Abschluss. "Man hat gesehen, dass wir auf eine gewisse Weise schon verkrampft waren", analysierte Innenverteidiger Compper den insgesamt schwachen Auftritt.
Psychologe betreut die Mannschaft
Augsburgs Paul Verhaegh machte deutlich, dass die Situation auch für sein Team nicht einfach gewesen sei: "Für die Hoffenheimer war es aber sicher noch schlimmer." Trainer Markus Weinzierl konnte "mit dem Punkt leben", blickte aber bereits auf die nächste Partie am Freitag gegen Werder Bremen: "Da wollen wir uns dann endlich auch das erste Erfolgserlebnis holen." Augsburg ist mit nun zwei Zählern weiterhin Liga-Schlusslicht.
Markus Babbel hat seine Spieler Sonntag und Montag vom Training befreit. "Jetzt ist der Psychologe gefragt, der den Jungs Tag und Nacht zur Verfügung steht. Der eine kommt etwas besser mit der Situation zurecht, andere weniger." Gerade für die vielen jungen Spieler sei das eine schwierige Erfahrung. "Auch wenn es sich blöd anhört - wir müssen sehen, dass wir das positiv verarbeiten." Am Sonntag ist ein Treffen mit dem Psychologen Jan Mayer geplant.
Gegen Augsburg hatte aber ausgerechnet der erfahrene Sejad Salihovic mit sich zu kämpfen. Vollkommen übermotiviert trat er in der Nähe der Mittellinie Tobias Werner um und musste weniger als eine halbe Stunde nach seiner Einwechslung mit der Roten Karte vom Platz. Auch Babbel konnte seinen Ärger über einzelne Entscheidungen des Schiedsrichters nicht kontrollieren und musste auf die Tribüne. "Heute kam einiges zusammen", lautete ein zaghafter Erklärungsversuch Babbels.
Unfallursache weiterhin unklar
Vukcevics Zustand war am Samstagabend "unverändert kritisch", wie Vereinssprecher Holger Tromp sagte. Nach einer Not-Operation aufgrund der schweren Kopfverletzungen war Vukcevic am Freitag ins künstliche Koma versetzt worden. "Eine Prognose ist nicht möglich", ergänzte Tromp.
Unterdessen halten es die ermittelnden Behörden für möglich, dass Vukcevic aufgrund eines Zuckerschocks die Kontrolle über seinen Mercedes verlor und mit einem LKW im Gegenverkehr kollidierte. "Nach Zeugenaussagen ist der Wagen von Vukcevic abrupt nach links ausgeschert. Vukcevic ist Diabetiker. Das wird unser erster Ansatz sein", sagte der Heidelberger Polizeisprecher Norbert Schätzle.
Marvin Compper glaubt trotz der schweren Verletzungen an die Stärke seines Teamkameraden: "Er hat schon viele Hindernisse überwunden in seinem Leben, auch dieses wird er schaffen."
Hoffenheim - Augsburg: Daten zum Spiel
Meistgelesene Artikel
Das könnte Dich auch interessieren

.jpg?quality=60&auto=webp&format=pjpg&width=317)

