Trotz des bislang starken Saisonstarts von Borussia Dortmund haben die Westfalen mit einigen Verletzungsproblemen zu kämpfen. Dieser Umstand spülte zuletzt drei Spieler in die Startelf, die allesamt zu überzeugen wussten: die Talente Achraf Hakimi, Dan-Axel Zagadou und den zuvor bereits zum Problemfall abgestempelten Mario Götze. SPOX blickt nach dem Unentschieden gegen Hertha BSC auf diese drei Personalien.
Achraf Hakimi (5 Startelfeinsätze in Folge)
Es ist dann doch vieles anders gekommen, als es sich Achraf Hakimi gedacht hatte. Vor allem schneller. Der junge Marokkaner setzte sich im August während des BVB-Trainingslagers in Bad Ragaz in den Garten des Mannschaftshotels und sprach über seinen Wechsel nach Dortmund.
Dort sagte Hakimi mit einer gewissen Schüchternheit unterlegt: "Der BVB ist ein Verein, der bekannt dafür ist, jungen Spielern eine Chance zu geben." Oder: "Hier werde ich rechts spielen."
Nun ist rund ein Drittel der ersten von zwei Saisons gespielt, die Hakimi von Real Madrid an Dortmund ausgeliehen ist. Und es lässt sich einwandfrei festhalten: Die Borussia hat mit dem in Kürze 20-Jährigen einen guten Fang gemacht.
Hakimi schon mit sechs Torvorlagen für den BVB
Fünf Pflichtspiele in Folge stand Hakimi nun in der Startelf von Trainer Lucien Favre, nur zweimal davon als Rechtsverteidiger. Doch dass er es auch auf der gegenüberliegenden Seite kann, bewies Hakimi bereits in der Nationalelf, für die er bislang auf 15 Einsätze kommt - und nun auch beim BVB.
Hakimi bestach zuletzt mit der richtigen Balance in seinem Defensiv- und Offensivverhalten. Der Weg nach vorne liegt ihm dabei ein Tick mehr. Der Marokkaner verfügt über ein sehr hohes Tempo, eine starke Technik und ist sich auch nicht zu schade, präzise Distanzschüsse abzugeben. Ein solcher führte beim 7:0-Kantersieg gegen Nürnberg, seinem ersten Startelfeinsatz für Dortmund, direkt zu einem Treffer.
Insgesamt steht Hakimi zudem bei schon sechs Torvorlagen. Stichwort Assists: Das bisherige Glanzstück lieferte Hakimi am vergangenen Mittwoch beim beeindruckenden 4:0-Erfolg gegen Atletico Madrid in der Champions League ab. Hakimi bereitete die ersten drei Dortmunder Treffer vor und wurde von der UEFA zum Man of the Match gewählt.
"Ein Messer namens Achraf" - Presse adelt Hakimi
"Vor allem Achraf ist über außen extrem wichtig, wie er die Linien hoch- und runterrennt. Er hat eine extrem hohe Geschwindigkeit und die haben wir heute gebraucht. Er hat ein sehr gutes Spiel gemacht", schwärmte anschließend Kapitän Marco Reus.
Die spanischen Gazetten - Hakimi steht seit seinem achten Lebensjahr bei den Königlichen unter Vertrag - überschlugen sich mit Lobeshymnen: Eine "Geschwindigkeit, die für Atletico unerreichbar war", nahm die Marca wahr. Die AS schrieb: "Verprügelt von einem Zyklon namens Dortmund, und einem Messer namens Achraf."
Bleibt Hakimi in seinen Leistungen stabil, wird er zweifelsohne nicht nur beim BVB und Real auf dem Zettel landen. Ein offensivstarker Außenverteidiger, der beide Seite gleichermaßen beackern kann und die Pflicht in der Defensive dabei nicht vernachlässigt - das ist der Traum jedes Kaderplaners.
BVB besitzt Matching Right bei Hakimi
Auch am Samstag gegen die Hertha - die Highlights im Video - glänzte Hakimi wieder im vorderen Drittel. Einen Distanzschuss setzte er hauchdünn neben den Pfosten, mit etwas Glück hätte er nach einem Berliner Klärungsversuch fast ins leere Tor getroffen, dann scheiterte mit links frei vor dem Kasten und dazu spielte er noch den Pass in die Tiefe, der zu Dortmunds 2:1 führte.
Zwei Spielzeiten wird Hakimi der Borussia nun gehören, in Madrid steht er noch bis 2021 unter Vertrag. Dortmund soll jedoch ein sogenanntes Matching Right besitzen: Ein Erstverhandlungsrecht, dass dem BVB zusichert, bei jedem Angebot für Hakimi von den Madrilenen informiert zu werden, um dann selbst über ein Angebot in selber Höhe entscheiden zu können - jedoch nur in dem Fall, dass Real Hakimi nach Ende der Leihe verkaufen möchte.
Und danach, das ist die schlechte Nachricht für die Borussen, sieht es aktuell wohl eher nicht aus.
Dan-Axel Zagadou (7 Startelfeinsätze in Folge)
Zagadou profitierte am 5. Spieltag von einem Platzverweis von Abdou Diallo und fand nach langer Abstinenz wieder den Weg in die Anfangsformation. In seinem ersten BVB-Jahr hatte es der Franzose alles andere als leicht: Erst musste er als Linksverteidiger ran, dann ging er im Dortmunder Hinrunden-Strudel mit unter und bei Peter Stöger kam er gar nicht mehr zum Einsatz.
Doch bereits der Österreicher bescheinigte Zagadou eine gute Entwicklung. Gelogen scheint er damit nicht zu haben, denn was der 19-Jährige seit vier Wochen trotz sechs Monaten ohne wirkliche Spielpraxis abzieht, ist aller Ehren wert.
Zagadou spielt ruhig und abgeklärt, gewinnt viele Zweikämpfe aufgrund seiner Robustheit und Antizipation, ist im Luftkampf kaum zu schlagen und streut zudem immer wieder starke Flachpässe ins vordere Drittel ein. Ein runder Eindruck, der von einer wahnsinnig lässigen Körpersprache abgerundet wird. Diese Mischung hat ihn bei den aktuell ohnehin euphorisierten BVB-Fans in Rekordzeit zu einem Publikumsliebling gemacht.
Trotz Fehler: Favre lobt Zagadous Entwicklung
Wie beinahe alle anderen Dortmunder machte Zagadou unter der Woche gegen die Rojiblancos sein bislang bestes Spiel zu die Borussia - und das gegen keine geringeren Kontrahenten als Antoine Griezmann und den ähnlich bulligen Diego Costa. Am Samstag gegen die Hertha legte Zagadou 90 Minuten lang die nächste blitzsaubere Leistung hin, Berlins Torjäger Vedad Ibisevic wurde nach nicht einmal einer Stunde Spielzeit entnervt ausgewechselt.
Allerdings kam in der Nachspielzeit der Moment, der belegte, das die Dortmunder Youngster natürlich auch noch Fehler begehen können - und in Zagadous Fall war dies sozusagen ein spielentscheidender. Er ließ sich im Laufduell mit Davie Selke überraschen und riss den Stürmer im Strafraum um, ein Elfmetertor und zwei verlorene Punkte waren die Folge.
Favre nahm Zagadou jedoch sofort in Schutz, denn auch er hatte gesehen, dass der Franzose bis dahin ein tadelloses Spiel zeigte. "Er hat heute sehr gut gespielt heute, Fehler gehören manchmal dazu", sagte der Coach. "Er hat hervorragend gespielt, die letzten Spiele alle gemacht und ist erst 19. Er hat viele Fortschritte gemacht, seine Entwicklung ist sehr, sehr gut. Er muss so weitermachen."
Zwar befindet sich der verletzte Manuel Akanji auf einem guten Weg hinsichtlich einer baldigen Rückkehr und dürfte dann Zagadous Platz einnehmen. Doch Favre weiß nun, dass er drei formstarke Innenverteidiger in seinen Reihen und in Zagadou jemanden in der Hinterhand hat, der mehr als eine Alternative sein kann.
Mario Götze (2 Startelfeinsätze in Folge)
265 von 1.170 möglichen Pflichtspielminuten hat Mario Götze in dieser Saison erst absolviert. Dies führte zu Saisonbeginn zu einer langwierigen Diskussion, die zwar noch nicht ausgestanden ist, zuletzt aber auch dank mehrere Appelle seiner Mitspieler etwas versickerte.
Das lag jedoch vor allem daran, dass Götze in den letzten Wochen wieder mitkicken durfte im so gut funktionierenden schwarzgelben Ensemble. 180 seiner 265 Spielminuten riss er in den vergangenen beiden Spielen gegen Atletico und Hertha ab - und das nicht nur zum ersten Mal seit Anfang Mai, sondern auch in ungewohnter wie ungeliebter Rolle.
In Vertretung von Torjäger Paco Alcacer entschied sich Favre zuletzt zwei Mal in Serie für Götze als Spitze und damit gegen Maximilian Philipp, der gegen seinen Ex-Klub aus Berlin sicherlich nicht unmotiviert gewesen wäre. Götze selbst votiert eher für Einsätze auf der Achterposition. Doch seine Darbietungen zeigten: Favre lag mit dieser Entscheidung nicht falsch.
Favre über Götze: "Er spürt den Fußball"
Der Weltmeister von 2014 interpretierte die Neuneinhalb-Position, wie der Trainer sie nennt, enorm variabel und damit anders als Philipp, bei dessen Versuchen man häufiger erkannte, dass Einsätze als alleiniger Stürmer nicht zu seinem Spezialgebiet gehören. Götze jedoch war spritzig, laufstark, wich auf die Flügel aus, legte die Bälle gekonnt ab, war durchsetzungsstark und arbeitete gut mit nach hinten. Zudem bereitete er den Dortmunder Führungstreffer vor.
"Für mich hat er sehr gut gespielt", sagte Favre über Götze nach dem 2:2 gegen die Hertha. "Er bewegt sich richtig gut und bietet den Mitspielern Lösungen an. Er spürt den Fußball. Er hilft defensiv sehr viel mit, läuft viel, presst - das ist sehr gut."
Das hörte sich vor nicht allzu langer Zeit noch ganz anders an. Favre gingen die Fragen nach Götze merklich auf den Zeiger, doch das bisschen, was er über ihn sagte, war für Götze wenig aussichtsreich. Ein Platz im System für Götze zu finden? Schwierig, meinte der Schweizer.
Götze kann sich mit neuer Position anfreunden
Nun lieferte Götze seinem Coach aber zwei Bewerbungsschreiben ab, die Mut machen und belegen, dass Götze im Saft steht und durchaus in der Lage ist, der Mannschaft zu helfen. Zumal in einigen Szenen, auch schon gegen Atletico, wieder jene Spielintelligenz aufblitzte, die Götze zu Beginn seiner Karriere so einzigartig machte.
In engen Räumen technisch sauber zu spielen, sich leichtfüßig zu bewegen und die Bälle fehlerfrei weiterzuleiten, um Räume zu öffnen - das sind die Zutaten, die Götzes Spiel ausmachen können. "Wenn wir es so spielen, mit vielen flüssigen Positionswechseln, dann macht die Position richtig Spaß und ich kann mich definitiv damit anfreunden", sagte Götze am Samstagnachmittag.
Bleibt nur die Frage: Wohin mit Götze, sollte Alcacer wieder fit werden und dann auch mal mehrere Spiele am Stück absolvieren können? Die Geräuschkulisse um Götze wird in den nächsten Monaten sicher nicht geringer werden, seine Formkurve zeigt aber nach oben und die Aussicht auf Spielzeit ist nun gestiegen. Und das ist für ihn bestimmt keine schlechte Erkenntnis.