Die Niederlande haben auch das dritte Spiel der Gruppe E gewonnen und damit weiter Selbstvertrauen für die K.o.-Runde getankt. Gegen das schon ausgeschiedene Kamerun gab es im letzten Gruppenspiel einen verdienten 2:1 (1:0)-Erfolg.
Vor 63.093 Zuschauern in Kapstadt brachte Robin van Persie die Niederländer in Führung (36.). Samuel Eto'o glich nach einem Handspiel von Rafael van der Vaart im eigenen Sechzehner per Elfmeter aus (63.), der eingewechselte Klaas Jan Huntelaar erzielte das Siegtor (84.). Huntelaars Treffer war ein Pfostenschuss des eingewechselten Arjen Robben vorausgegangen.
Die Niederlande treffen im Achtelfinale nun auf Italien-Bezwinger Slowakei. Kamerun schließt die WM enttäuschend mit null Punkten und 2:5 Toren ab und steht ohne Coach da. Paul Le Guen bekräftigte nach dem Spiel, nicht mehr weitermachen zu wollen. Le Guen soll Nachfolger von Pim Verbeek als australischer Auswahlcoach werden.
Nachbetrachtung:
Holland schließt die Gruppe wie Argentinien mit neun Punkten ab - und hadert dennoch weiter mit sich. Trainer van Marwijk merkte an, dass gegen Kamerun Konzentration und Disziplin gefehlt hätten. Den Eindruck kann man teilen - man kann aber auch sagen, dass die Niederländer das Spiel trotz dieser Mängel locker nach Hause gebracht haben.
Van Persie macht als Mittelstürmer von Spiel zu Spiel einen besseren Eindruck, dahinter sind Sneijder und Kuyt gesetzt, zudem kommt Robben zurück. Mit van der Vaart, Afellay, Elia und Huntelaar hat van Marwijk noch weitere Spieler in der Hinterhand, die ein Spiel entscheiden können. Die Zentrale mit de Jong und van Bommel steht sowieso.
Kurzum: Holland hat genügend Argumente für den ersten Viertelfinaleinzug seit zwölf Jahren auf seiner Seite. Gegen die Slowakei ist Oranje im Achtelfinale jedenfalls klarer Favorit. Die Frage, ob die Defensive ausreicht, um bei dieser WM zu bestehen, stellte sich bisher nicht - das könnte bis zum Viertelfinale (vielleicht gegen Brasilien?) so bleiben.
Über Kamerun kann man nur den Mantel des Schweigens hüllen. Ansätze waren da, dennoch blieben die zahmen Löwen ohne Punktgewinn - eine weitere herbe Enttäuschung, nachdem Kamerun die WM 2006 gar verpasst hatte. Eto'o und Co. konnten die in sie gesetzten Hoffnungen abermals nicht erfüllen.
Reaktionen:
Paul Le Guen (Trainer Kamerun): "Wir haben gut gespielt, aber das haben wir in den Spielen zuvor auch schon. Von einem Erfolg können wir aber nicht sprechen. Vielleicht hat es uns am Zusammenhalt gefehlt, und vielleicht habe ich es nicht geschafft, die Mannschaft zusammenzubringen. Mein Vertrag läuft aus. Es war klar, dass ich aufhöre."
Bert van Marwijk (Trainer Niederlande): "Das war das schlechteste unserer drei Spiele. Disziplin und Konzentration fehlten. Wenn wir im Achtelfinale so spielen, wie heute in der zweiten Halbzeit, scheiden wir aus. Der Gegner hatte nach der Pause viele Ideen und wollte uns plötzlich besiegen. Ich war die ganze Zeit ziemlich aufgeregt. Nach dem 1:1 saß ich nicht mehr ruhig auf der Bank."
Arjen Robben (Niederlande): "Ich bin froh, dass ich wieder zurück bin. Ich muss erst wieder in meinen Rhythmus kommen. Schade, dass der Schuss an den Pfosten gegangen ist."
Der SPOX-Spielfilm:
Vor dem Anpfiff: Kamerun mit einem völlig veränderten Mittelfeld im Vergleich zum Dänemark-Spiel. N'Guemo, Makoun, Chedjou, Bong und Choupo-Moting spielen für Bassong, A. Song, Eyong, Emana und Webo. Geremi rückt nach rechts hinten, Mbia nach innen. Überhaupt bleiben nur vier Positionen (Hamidou, N'Koulou, Assou-Ekotto und Eto'o) gleich.
Obwohl die Niederlande schon vorzeitig im Achtelfinale stehen, verzichtet Trainer van Marwijk auf Rotation. Die einzige Änderung: Boulahrouz spielt für den gelbvorbelasteten van der Wiel. De Jong und van Persie spielen trotz einer Gelben Karte im Nacken.
11.: Scharfe Hereingabe von Assou-Ekotto von der linken Seite. Makoun rauscht in die Hereingabe, köpft am kurzen Pfosten aber deutlich drüber.
19.: Van Persie nimmt den Ball am Strafraum mit der Brust an und hält sofort volley drauf. Hamidou packt sicher zu.
32.: Boulahrouz schaltet sich über rechts mit in die Offensive ein und bedient Kuyt im Sechzehner. Kurze Drehung um die eigene Achse und sofort der Abschluss aus halbrechter Position. Hauchdünn am langen Eck vorbei.
36., 0:1, van Persie: Van Persie marschiert über rechts in den Strafraum. Kurzer Doppelpass mit van der Vaart, der passiv abseits stehende Kuyt hüpft über den Ball und schon steht van Persie blank vor Hamidou. Rechtsschuss durch die Hosenträger - drin! Erstes Turniertor.
62.: Der eben eingewechselte Aboubakar tanzt durch Hollands Abwehr und sieht dann Makoun. Pass in die Schnittstelle. Stekelenburg stürzt raus und pariert Makouns Schuss glänzend.
63., 1:1, Eto'o (Elfmeter): Van der Vaart wehrt einen Geremi-Freistoß in der Mauer mit dem Unterarm ab - Elfmeter. Eto'o zielt nach links und lässt Stekelenburg damit keine Chance. Zweites Tor.
84., 1:2, Huntelaar: Typischer Robben. Mit Tempo umkurvt er R. Song, zieht nach innen und hält mit links drauf. Der Ball klatscht an den linken Pfosten und springt zurück ins Spiel. Huntelaar staubt sicher ab.
Fazit: Routinierter Sieg der Holländer mit dem guten Gefühl, dass Robben im Achtelfinale mitmachen kann. Kamerun okay, aber nicht mehr.
Der Star des Spiels: Robin van Persie (SPOX-Note 2). Zentralstürmer haben es bei dieser WM nicht leicht, van Persie kommt aber immer besser in Form. Der Arsenal-Angreifer war jederzeit anspielbar, suchte Räume und den Abschluss mit beiden Füßen. Sein Tor war der gerechte Lohn. Huntelaar, der nach 58 Minuten für ihn kam, fiel da deutlich ab.
Für die SPOX-User war Mark van Bommel Man of the Match
Die Gurke des Spiels: Eric Maxim Choupo-Moting (SPOX-Note 5). Lehrgeld für den jungen Bundesliga-Stürmer, der sich oft festrannte und überhaupt nicht mit dem etwas tiefer spielenden Eto'o harmonierte. Wurde mit null Torschüssen ausgewechselt.
Die Pfeife des Spiels: Pablo Pozo (Chile). Tadellose Partie des Schiedsrichters, der mit dem zugegeben fairen und emotionslosen Spiel keine Probleme hatte. Einzige Fehlentscheidung: Makoun stand bei seiner Großchance knapp im Abseits (62.).
Analyse: Bert van Marwijk verzichtete auf Experimente, um die Mannschaft nicht aus dem Rhythmus zu bringen. Das hatte 2006 und 2008 zum vorzeitigen Aus geführt. So war das dritte Gruppenspiel gegen renovierte Kameruner eine willkommene Trainingseinheit als Vorbereitung fürs Achtelfinale.
Van der Vaart kam mit seiner Rolle diesmal besser zurecht, war lebendiger und zog oft nach innen - wie beim 1:0. Dennoch bleibt der Ex-Hamburger nicht mehr als ein Platzhalter für Robben, der der Mannschaft spielerisch sicherlich nochmal einen Schub geben wird. Kuyt müsste dann die Seiten wechseln.
Boulahrouz bewies indes, dass man auf ihn bauen kann. Der Stuttgarter machte seine Seite dicht und schaltete sich auch mehrfach ins Angriffsspiel ein. Die Innenverteidigung wurde indes auch im dritten Spiel nicht richtig gefordert, weil Eto'o sich die Bälle meist aus der Tiefe holte und es so mehr mit van Bommel und de Jong zu tun hatte.
Für Kamerun war das Spiel nicht die große Wiedergutmachung, auch im dritten Spiel schöpfte die Mannschaft ihr Potenzial nicht aus. Schön immerhin, dass Trainer Le Guen dem 33-jährigen Ex-Kapitän R. Song in einem bedeutungslosen Spiel seine vierte WM-Teilnahme (1994, 1998, 2002, 2010) ermöglichte.
Kamerun - Niederlande: Daten zum Spiel