Brasilien hat sich durch ein wenig begeisterndes 0:0 gegen Portugal die Pole-Position in der Gruppe G gesichert und trifft im Achtelfinale auf Chile. Auch Portugal steht als Zweiter in der Runde der letzten 16 und bekommt es dort mit Europameister Spanien zu tun.
Vor 62.712 Zuschauern in Durban hatte der Brasilianer Nilmar noch die beste Chance. Sein Schuss aus kurzer Distanz wurde jedoch von Portugal-Keeper Eduardo an den Pfosten gelenkt (30.).
Portugal blieb damit im 19. Spiel in Folge ungeschlagen, Brasilien spielte nach sieben Siegen in Serie erstmals remis. Josue und Grafite vom VfL Wolfsburg gaben ihr WM-Debüt.
Brasilien schließt die Gruppe G mit sieben Punkten als Erster ab und trifft im Achtelfinale am Montagabend (20.30 Uhr) auf den Zweiten der Gruppe H. Portugal bekommt es am Dienstag (20.30 Uhr) als Zweiter mit fünf Punkten und ohne Gegentor mit dem Sieger der Parallelgruppe zu tun.
Nachbetrachtung:
Eine echte Standortbestimmung fürs Achtelfinale war dieses Spiel nicht - dafür war das Niveau zu schlecht. Portugal darf sich dennoch als moralischer Sieger fühlen, weil es Brasilien die Lust am Spielen nahm und auch im dritten Spiel ohne Gegentor blieb.
Beide Trainer probierten offensiv ein paar Alternativen aus. Richtig empfehlen konnte sich allerdings niemand. Allenfalls Dani Alves ist ein passabler Ersatz für den angeschlagenen Elano. Festzuhalten bleibt, dass es auch für die Brasilianer kaum möglich war, gegen die starke Defensive der Portugiesen Chancen zu kreieren.
Wenn, dann sind Carvalho und Co. über Außen zu knacken, im Zentrum wird es verdammt eng - vor allem wenn Pepe den Abräumer gibt. Auf der Rechtsverteidigerposition machte von allen drei getesteten Kandidaten Miguel noch den besten Eindruck.
Brasilien ist hingegen ohne Robinho und Kaka - selbst wenn der noch nicht ganz fit ist - offensiv nur die Hälfte wert. Dungas Konzept fußt auf schnellem Umschalten zwischen Defensive und Offensive - das sah man in diesem Spiel überhaupt nicht.
Reaktionen:
Carlos Queiroz (Trainer Portugal): "Gegen eine Mannschaft wie Brasilien mit fantastischen Spielern muss man seine Stärken zur Geltung bringen - und das ist bei uns die Defensive. Aber Statistik hat keine Bedeutung, wir können uns im Achtelfinale nicht auf unseren Ruf verlassen. Wenn ich den 'Man-of-the-Match-Award' vergeben dürfte, hätte ich meine ganze Mannschaft ausgezeichnet."
Ronaldo (Portugal): "Wir sind voller Selbstvertrauen, uns ist egal, wen wir in der nächsten Runde bekommen."
Carlos Dunga (Trainer Brasilien): "Wir sind nicht glücklich, wir wollen immer gewinnen. Die anderen Teams spielen gegen Brasilien immer sehr vorsichtig. Auch heute wollte die gegnerische Mannschaft nicht angreifen. Wir hingegen schon, obwohl wir schon qualifiziert waren. Ballbesitz ist eine Charakteristik für uns. Leider konnten wir unsere technischen Qualitäten nicht zeigen. Kaka und Elano sind außergewöhnliche Spieler, aber auch wenn sie dabeigewesen wären, hätten die Portugiesen ihnen das Leben schwer gemacht."
Julio Cesar (Brasilien): "Portugal stand nur hinten drin und hat mit seinen schnellen Stürmern auf Konter gehofft. Was zählt, ist, dass wir in dieser schweren Gruppe Erster geworden sind. Wir werden erst nach dem 11. Juli nach Brasilien zurückfliegen. Bis dahin sind es jetzt noch vier Spiele."
Der SPOX-Spielfilm:
Vor dem Anpfiff: Vier Änderungen bei Portugal: Pepe ist erstmals dabei, dazu spielen der Ex-Wolfsburger Ricardo Costa, Duda und Danny für Miguel, Simao und die gelbvorbelasteten Mendes und Almeida. Queiroz stellt von 4-2-3-1 auf 4-1-4-1 um - mit Ronaldo als einziger Spitze.
Brasilien mit drei Neuen: Dani Alves, Julio Baptista und Nilmar spielen für Elano (verletzt), Kaka (Gelb-Rot-Spierre) und Robinho (Bank). Dunga wieder mit einem klaren 4-2-3-1.
18.: Klasse Spielzug der Portugiesen: Coentrao bedient Ronaldo am linken Flügel und der flankt zurück an den Strafraum. Tiagos Volleyabnahme geht drei Meter rechts vorbei.
25.: Juan stoppt einen Steilpass Richtung Ronaldo als letzter Mann mit der Hand. Dickes Gelb. Portugals Duda will lieber Rot für den Brasilianer, motzt und kassiert ebenfalls den gelben Karton.
30.: Schöner Diagonalball vor dem portugiesischen Tor auf Nilmar, Carvalho pennt. Nilmar schießt aus vier Metern aufs kurze Eck und Eduardo kratzt den Ball irgendwie noch an den Pfosten.
39.: Coentrao stellt Maicon an der Eckfahne, der kommt trotzdem zur Flanke. Carvalho und Ricardo Costa sind sich uneins, Luis Fabiano köpft aus fünf Metern per Aufsetzer aufs Tor - knapp über den Winkel.
60.: Ronaldo startet im Mittelkreis und wird dann im Strafraum von Lucio abgegrätscht. Der Ball kommt quer zu Meireles, der aus fünf Metern mit dem rechten Außenrist an Julio Cesar scheitert. Hätte er doch den linken Fuß genommen!
91.: Ramires schießt aus der zweiten Reihe. Alves fälscht ab, und Eduardo muss spektakulär übergreifen, um den Ball aus dem Eck zu fischen.
Fazit: Langweilige Partie. Brasilien in der zweiten Halbzeit unterirdisch, Portugal insgesamt nicht risikofreudig genug. Die Südamerikaner ging Kaka als Ideengeber total ab, Ronaldo fiel eigentlich nur durch verschossene Freistöße und ein, zwei Sprints auf.
Der Star des Spiels: Eduardo (SPOX-Note 2). Der Portugal-Keeper wurde wie in den Spielen zuvor kaum geprüft, war aber zweimal zur Stelle, als es darauf ankam: Wie er Nilmars Schuss in der 30. Minute entschärfte, war klasse. Ebenso die Parade gegen Ramires. Dass Portugal in den letzten zwölf Länderspielen elf Mal die Null hielt, ist auch sein Verdienst. Gegenüber Julio Cesar stand Eduardo in Nichts nach, war ebenfalls ein Rückhalt seiner Mannschaft.
Für die SPOX-User war Cristiano Ronaldo Man of the Match
Die Gurke des Spiels: Julio Baptista (SPOX-Note 5). Der Römer sollte Kaka als zentralen Offensivspieler ersetzen - das glückte ihm nicht ansatzweise. Baptista konnte sich kaum einmal durchsetzen, hatte bei Ballbesitz Schwierigkeiten, das Tempo hochzuhalten und wurde bei den meisten Angriffen schlichtweg übergangen. Ebenfalls grausam: Luis Fabiano.
Die Pfeife des Spiels: Benito Archundia (Mexiko). War in einem teilweise harten Spiel häufig gefordert und sparte nicht mit Karten - lag damit auch meistens richtig. Fiel nicht auf Tiagos Schwalbe im Strafraum rein (31.). Übersah dafür Carvalhos Hüftcheck gegen Juan (45.) im Strafraum und Gilberto Silvas Foul gegen Danny an der Strafraumgrenze (47.).
Analyse: Brasiliens neue offensive Dreier-Reihe präsentierte sich anfangs flexibler als die alte - Nilmar brachte frischen Wind über links und Dani Alves hatte deutlich mehr Ballkontakte als Elano in den Spielen zuvor. Julio Baptista konnte Kaka hingegen nicht gleichwertig ersetzen, ihm fehlten Ideen. Maicon leistete sich nicht so viele Vorstöße, weil Ronaldo oft auf den linken Flügel verschob, um von dort die Kollegen zu bedienen.
Außerdem war Coentrao, wenn er mit in die Offensive ging, eine Bedrohung für Brasilien. Felipe Melo, der sich ein privates Duell mit Pepe lieferte und nach einem Revanchefoul nahe am Platzverweis stand, wurde von Dunga noch vor der Halbzeit ausgewechselt - ein klares Zeichen an die Spieler, sich nicht zu Dummheiten hinreißen zu lassen.
Nach dem Seitenwechsel war der Spielfluß bei Brasilien plötzlich wie abgerissen. Luis Fabiano hing völlig in der Luft, Dani Alves half nur unzureichend in der Defensive aus. Ronaldo, der in den ersten 45 Minuten kaum am Spiel teilgenommen hatte, war nun lauffreudiger und initiierte einige Angriffe.
Bei Portugal gab Rückkehrer Pepe einen resoluten Abräumer vor der Abwehr und könnte in der K.o.-Runde noch wichtig werden. Ricardo Costa - bereits der dritte Rechtsverteidiger, den Queiroz eingesetzt hat - nutzte seine Chance indes nicht, was auch für die glücklosen, aber oft zu umständlich spielenden Danny und Duda gilt, die viel rochierten, aber oft den falschen Laufweg wählten. Im Achtelfinale dürfte wieder die Elf, die Nordkorea 7:0 wegfegte, auf dem Platz stehen - mit Pepe statt Pedro Mendes.
Portugal - Brasilien: Daten und Fakten