Arjen Robben ist derzeit nicht gut genug für die erste Elf des FC Bayern München. Der Erfolg gibt Trainer Heynckes Recht und Robben gibt sogar Mängel in seinem Spiel zu. Für ihn ist die Situation dennoch unerträglich. Der Verein stärkt dem Niederländer demonstrativ den Rücken - die einzig richtige Maßnahme.
Vor einigen Jahren provozierte Ralf Rangnick seinen Rauswurf bei Schalke 04, indem er erst die "politischen Possenspiele" im Verein öffentlich anprangerte und anschließend vor Anpfiff eines Heimspiels eine Ehrenrunde drehte, um sich feiern zu lassen und sich auch ein Stück Bestätigung für seine Kritik am Verein zu holen.
Rangnicks Ehren- wurde zur Abschiedsrunde. Nach dem Spiel wurde er gefeuert.
Arjen Robben suchte am Samstag nach dem 2:0 des FC Bayern gegen Kaiserslautern ebenfalls die Zuneigung der Fans. Während der Rest der Mannschaft nach dem Schlusspfiff fluchtartig ins Warme flüchtete, warf Robben Küsschen in die Menge.
Sein Rundgang durch die Münchner Arena war keine PR-wirksame Inszenierung wie der von Rangnick, hatte aber irgendwie auch etwas von Abschied.
Nach zweieinhalb Jahren in München mit Erfolgen, aber auch vielen Verletzungen, erlebt Robben derzeit seine sportlich schwierigste Phase: Er ist nur noch Reservist. Aussortiert wegen schlechter Leistungen auf dem Feld. Das ist für den sensiblen Perfektionisten aus den Niederlanden ebenso unerträglich wie das permanente Malochen als Rekonvaleszent.
Schuster: "Arjen hält sich für den wichtigsten Spieler"
"Arjen hat kein Verständnis und unglaubliche Probleme, wenn er nicht spielt. Er hält sich für den wichtigsten Spieler einer Mannschaft und meint, er muss immer spielen. Das ist für den Trainer natürlich ein Problem, weil er auch jemand ist, der dir die Pistole auf die Brust setzt und sagt: 'Trainer, was ist los? Ich muss spielen!'", sagte "LIGA total!"-Experte Bernd Schuster, der Robben von Juli 2007 bis Dezember 2008 bei Real Madrid trainierte.
Bei Jupp Heynckes hat Robben mit dieser Tour schlechte Karten. Nach drei wirkungslosen Auftritten in den ersten drei Rückrundenspielen wurde er vom Bayern-Trainer aus der ersten Elf genommen. Heynckes' Maßnahme zeigte positive Wirkung - die letzten beiden Spiele wurden jeweils in souveräner Manier 2:0 gewonnen.
Für Heynckes stand früh fest, dass Robben auch gegen Kaiserslautern auf die Bank muss. "Es ist natürlich sehr bitter für Arjen, aber ich denke, dass ein Trainer die Mannschaft nicht wechseln darf, die im Pokal eine so gute Leistung gebracht hat. Dafür muss jeder Spieler Verständnis haben."
Rummenigge total überzeugt von Robben
Robben ist vorerst kein fester Bestandteil der Startelf und er hat nach seinen in der Rückrunde gezeigten Leistungen auch nicht unbedingt eine Berechtigung dazu.
Daraus aber abzuleiten, dass Robben in München möglicherweise keine Zukunft mehr hat, auch weil der FC Bayern mit Xherdan Shaqiri einen ähnlichen Spielertypen für die kommende Saison bereits verpflichtet hat, ist der grundlegend falsche Ansatz. Der FC Bayern geht korrekterweise nicht emotional, sondern rational mit dem Thema um.
Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge betonte am Samstag, dass der Verein nach wie vor von Robbens Qualitäten "total überzeugt" ist.
"Nur weil er zwei Mal nicht von Anfang an gespielt hat, findet bei uns kein Meinungsumschwung statt. Unser Trainer hat einen richtigen Satz gesagt: 'Ist Arjen Robben körperlich in bester Verfassung, ist er ein Weltklassespieler'", sagte Rummenigge.
Nach seiner Schambeinentzündung hat Robben noch nicht wieder die körperlichen Voraussetzungen, die für sein dynamisches Spiel unabdingbar sind. Im Interview mit dem Bayern-Magazin" sagte er: "Ich merke es noch manchmal und muss einen Tag im Training kürzer treten."
Mourinho schwärmt
Ungeachtet dessen hält der FC Bayern den Wunsch, Robben über 2013 hinaus in München zu halten, aufrecht. "Christian Nerlinger hat Robbens Vater mitgeteilt, dass der FC Bayern an einer Vertragsverlängerung Interesse hat", sagte Rummenigge.
Alles andere wäre auch fahrlässig. Robben hat herausragende Qualitäten; um diesen Spieler wird der FC Bayern in Europa beneidet. "Es gibt nicht viele Spieler, mit denen ich lieber zusammengearbeitet habe, als Arjen Robben", sagte Jose Mourinho im Herbst 2011.
In 50 Bundesligaspielen war Robben an 49 Toren direkt beteiligt (33 Tore, 16 Assists). Nur dank seiner Tore holte der FC Bayern 2010 das Double und stand im Champions-League-Finale.
Auch damals hatte Robben mit Verletzungen zu kämpfen und benötigte eine gewisse Zeit, um sein höchstes Niveau zu erreichen. In Florenz, Manchester und im DFB-Pokal auf Schalke schoss er die Bayern dann praktisch im Alleingang in die Finals.
Der FC Bayern und speziell Heynckes tun gut daran, weiter auf Robben zu zählen; und sein 35-Minuten-Auftritt gegen Kaiserslautern war auch wieder vielversprechend.
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Netzer: Robben darf sich nicht verbiegen
Die Geduld des Vereins hat sich im Fall Franck Ribery schon einmal bezahlt gemacht. Der Franzose kämpfte zwei Jahre lang mit Verletzungen und persönlichen Problemen und fand in dieser Saison zu alter Stärke zurück.
Auch Günter Netzer ist davon überzeugt, dass Robben für den FC Bayern noch sehr wichtig werden kann. "Es ist für mich unbestritten, dass Robben den Weg in die Mannschaft zurückfinden wird. Dafür sind seine Fähigkeiten und sein Ehrgeiz zu groß, er will mit allen Mitteln zurückkommen", schrieb Netzer in seiner "BamS"-Kolumne.
Zudem rät Netzer Robben, nichts an seiner Spielweise zu verändern. "Ich glaube, dass ihn die Diskussion um seinen Egoismus auf dem Platz verunsichert hat. Robben ist nicht mehr so instinktiv. Er überlegt zu viel und sieht mehr seine Mitspieler als früher. Das ist prinzipiell zwar nicht schlecht, Robben aber geht dadurch seine Ursprünglichkeit verloren."
Robben: Mein Spiel ist durchschaubar
Auch wenn Robben im "Bayern-Magazin" betont, dass in seinen Aktionen nach wie vor alles intuitiv abläuft, gibt er zu, dass sein Spiel zuletzt für die Gegenspieler leicht zu durchschauen war.
"Wichtig ist, dass ich in meinen Aktionen nicht zu ausrechenbar bin und auch mal versuche, außen vorbei zu gehen oder mit dem Mitspieler zu kombinieren."
Robben fordert indirekt, dass ihn der rechte Verteidiger (Rafinha oder Boateng) öfter hinterläuft.
"Der Spieler, der mich im Rücken hinterläuft, ist sehr wichtig! Durch diese Aktion schafft er Raum für mich, weil er die Aufmerksamkeit auf sich zieht, auch wenn er den Ball dann nicht von mir zugepasst bekommt. Wenn ich dann eine erfolgreiche Aktion habe, sei es mit einem Tor oder einer Vorlage, dann trägt dieser Spieler einen großen Anteil daran."
Vertrag? "Es sieht gut aus"
Wie der Bayern-Vorstand hat auch Robben großes Interesse an einer langfristigen Zusammenarbeit.
"Was die Vertragsverlängerung betrifft, gibt es nichts Neues. Aber ich denke, es sieht gut aus, die Fans brauchen sich keine Sorgen zu machen. Das wird schon. Ich habe immer gesagt, dass ich mich beim FC Bayern sehr wohl fühle."
Kurzfristig zählt für Robben die Rückkehr in die erste Mannschaft. Die englischen Wochen stehen an und Mario Gomez weiß: "Wir reden hier über Arjen Robben, einen unglaublich wichtigen Spieler für uns. Er wird seine Chancen bekommen und er wird sie nutzen."
FC Bayern München: Kader, Ergebnisse, Termine