Drei Spiele, zwei Niederlagen. Die Bayern taumeln durch die Liga. Die Gegner scheinen ein Rezept gefunden zu haben und die Münchner helfen fleißig mit.
Die Angst ging um in Deutschland. Nach dem 5:1-Erfolg der Bayern im DFB-Pokal beim VfB Stuttgart schien die Rückrunde der Bundesliga eine klare Sache zu werden. Wer soll diese Bayern schlagen, wurde schon gefragt.
Die Antwort kam schnell: der HSV. Zwei Wochen später schaffte es nun auch die Hertha, den großen Favoriten zu bezwingen. Mit relativ einfachen Mitteln.
Bereits in der Vorrunde waren die Münchner sehr schwer in Tritt gekommen und hatten den schlechtesten Saisonstart seit 31 Jahren hingelegt. Allerdings waren sie nach drei Spieltagen noch ohne Niederlage und hatten fünf Punkte auf dem Konto.
Für Bayern untypisch
Zwei mehr als zum gleichen Zeitpunkt in der Rückrunde. Schob man die fehlende Leichtigkeit und ausbleibenden Ergebnisse in der Hinrunde noch auf die zersplitterte Vorbereitung durch das Fehlen der EM-Teilnehmer und den verletzungsbedingten Ausfall von Franck Ribery, so werfen die beiden Niederlagen gegen Hamburg und Berlin doch einige Fragen auf.
Denn eigentlich hatten sich die Bayern nach ihrem Winterprogramm in Dubai perfekt gerüstet gefühlt für den Angriff auf die Tabellenspitze. Doch völlig Bayern untypisch ließen sie die Hoffenheimer Steilvorlage vom Freitagabend ungenutzt und schickten gar die Hertha auf Platz eins.
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"Wenn wir gewonnen hätten, wäre das unser Tag gewesen. Das verstehe ich nicht, dass unsere Spieler da nicht mehr draus machen, wenn man diese einmalige Chance hat. Das begreife ich nicht", meinte Uli Hoeneß.
Besonders die wackelige Defensive sollte Jürgen Klinsmann Kopfzerbrechen bereiten. 28 Gegentore nach 20 Spieltagen sind für eine internationale Spitzenmannschaft deutlich zu viel.
Zu viele individuelle Fehler
Zum Vergleich: Manchester United hat nur zehn Treffer kassiert, Inter Mailand 17 und der FC Barcelona 18. Mit 19 Gegentoren stellt im Moment Schalke die beste Defensive der Bundesliga. Zum selben Zeitpunkt waren es in der vergangenen Rekordsaison der Bayern ganze zehn.
Doch seit dem ersten Spieltag leisten sich die Bayern zu viele individuelle Fehler im Defensivbereich und gewähren so dem Gegner leichte Tore. In Berlin erlaubte sich Christian Lell beim 0:1 einen Blackout, beim 1:2 stellte sich Lucio alles andere als weltmeisterlich an.
Dazu kommt die ständige Diskussion um Michael Rensing. Der Bayern-Torwart ist weder beim Gegentreffer in Hamburg noch beim ersten in Berlin von jeglicher Schuld freizusprechen. Die defensive Stabilität der Hitzfeld-Ära ist dahin.
Ausgewogenheit fehlt
Mit Klinsmanns Verpflichtung haben sich die Bayern auch eine offensivere Philosophie eingekauft, noch fehlt aber die Ausgewogenheit. Besonders wenn wie in den vergangenen Wochen die klaren Chancen reihenweise ausgelassen werden.
Gegen Berlin schossen die Münchner in der ersten Hälfte aber nicht einmal gefährlich aufs Tor. Auch weil Lucien Favre sein Team optimal auf Bayerns Offensivspiel eingestellt hatte und deren Triebfeder Ribery beinahe komplett aus dem Spiel nahmen.
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Einen Plan B hatten die Münchner nicht. Auch weil Riberys Äquivalent auf der Gegenseite Bastian Schweinsteiger nicht die Dynamik besitzt, um die Eins-gegen-Eins-Duelle für sich zu entscheiden. Lell fehlt schlichtweg die Qualität.
Hoeneß kritisiert Schweinsteiger
Auch Hoeneß bemängelt die zu große Diskrepanz zwischen den beiden Flügeln und nahm vor allem Schweinsteiger ins Gebet. "Er muss sich Gedanken machen. Es kann nicht sein, dass die Gegner uns nach einer 1a- und einer 1b-Seite sortieren. Wenn wir so ausrechenbar sind, müssen wir uns etwas einfallen lassen", meinte der Manager im "Kicker". Und forderte gleichzeitig ein Konzept gegen sehr tief stehende Teams.
Klinsmann war mit dem Ziel angetreten, der Mannschaft mehr Flexibilität zu verleihen. Ein internationales Spitzenteam müsse mehrere Spielsysteme beherrschen. Außer einem missglückten Versuch des 3-5-2, war davon aber bisher noch nichts zu sehen.
Vielmehr hatte er bereits in der Vorrunde seine Reformpläne in die Schublade zurückgelegt und war zum klassischen 4-4-2 zurückgekehrt.
Hoeneß nicht nervös
Auch weil ihm heftiger Gegenwind ins Gesicht blies und nach dem 3:3 zuhause gegen Bochum sogar seine Person in Frage gestellt wurde. Franz Beckenbauer meinte damals, der Mythos FC Bayern mache eine Pause.
Ein Konter-Gegentor in der 77. Minute auf fremden Platz, lässt auch im Moment an seiner Gegenwart zweifeln. "Vielleicht muss man auch mal mit einem Punkt zufrieden sein", sagte Philipp Lahm in bester Oliver-Kahn-Manier.
Für Hoeneß sind Tabellenplatz vier und mindestens so viele Gegner im Titelkampf aber kein Grund, nervös zu werden.
Der Manager glaubt an eine Momentaufnahme "bis wir mal drei Siege am Stück einfahren, dann ist der Spuk vorbei. Das muss ja jetzt irgendwann mal kommen." Das Programm der kommenden Wochen spricht jedenfalls dafür.