Gladbach verpasst das Wunder hauchdünn

Stefan RommelJochen Tittmar
30. August 201200:00
Filip Daems (l.) und Borussia Mönchengladbach sind an Dynamo Kiew gescheitertGetty
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Borussia Mönchengladbach ist hauchdünn am Wunder von Kiew vorbeigeschrammt und damit in der Qualifikation zur Champions League gescheitert. Bei Dynamo Kiew kam die Mannschaft von Lucien Favre "nur" zu einem 2:1 (0:0) - nach dem 1:3 aus dem Hinspiel aber ein Tor zu wenig.

Vor 66.800 Zuschauern im beinahe ausverkauften Olympiastadion in Kiew war die Borussia wie schon im Hinspiel über 90 Minuten die bessere Mannschaft, vor dem Tor aber lange Zeit nicht effektiv genug.

Erst das Eigentor von Kiews Jewgeni Khacheridi (70.) brach den Bann. Juan Arangos 0:2 läutete eine turbulente Schlussphase ein (78.) - mit dem besseren Ende für Kiew, das zwei Minuten vor dem Ende durch Ideye Brown zum 1:2 kam.

Dynamo Kiew wird bei der Auslosung am Donnerstag in Topf zwei gesetzt sein. Mönchengladbach tritt in der Europa League an.

Die CL-Auslosung am Donnerstag um 18 Uhr im LIVE-TICKER

Reaktionen:

Lucien Favre (Trainer Borussia Mönchengladbach): "Es war möglich, ein drittes Tor zu machen. Es fehlten ein paar Zentimeter. Wir haben am Ende ein wenig überhastet gespielt. Es ist eine große Enttäuschung. Wir haben das Spiel zu Hause verloren, keine Diskussion. In der Europa League gibt es auch sehr, sehr gute Mannschaften."

Filip Daems (Borussia Mönchengladbach): "Wir haben ein fast perfektes Spiel gemacht, über 90 Minuten waren wir die klar bessere Mannschaft. Wir hatten das dritte Tor verdient, aber leider hat es nicht geklappt. Man hat gesehen, dass Kiew nach unserem zweiten Treffer verunsichert war. Wir können trotzdem stolz auf unsere Leistung sein. Die 1:3-Niederlage aus dem Hinspiel war zu hoch. Natürlich haben wir gehofft, in die Champions League zu kommen, aber wir freuen uns auch auf die Europa League. Dort können wir als Mannschaft weiter wachsen."

Patrick Herrmann (Borussia Mönchengladbach): "Am Ende war es noch mal sehr eng, wir haben ein sehr gutes Spiel gemacht, aber es hat leider nicht gereicht."

Marc-Andre ter Stegen (Borussia Mönchengladbach): "Wir haben gut und couragiert gespielt. Wir hatten viele Chancen, haben aber leider das dritte Tor nicht hinbekommen. In der ersten Halbzeit hätten wir vielleicht schon einen Treffer gebraucht. Es ist im Fußball manchmal so, dass manchmal ein wenig Pech hinzukommt. Natürlich sind wir alle enttäuscht, denn am Ende war natürlich mehr drin. Aber das Leben geht weiter."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Kiew mit zwei Änderungen: Khacheridi in der Innenverteidigung an Stelle von Mychalyk. Kranjcar nur auf der Bank, für ihn spielt Kapitän Gusev.

Lucien Favre lässt Brouwers in der Innenverteidigung und Dominguez auf der Bank. Herrmann beginnt für Ring, Hanke im Sturm. Insgesamt also drei Wechsel im Vergleich zum Hinspiel.

2.: Tolles Zuspiel von Arango per Außenrist in die Tiefe. Herrmann hat sich in den Rücken der Abwehr geschlichen und kommt nur noch ganz leicht an die Kugel. Der Ball rollt am herauseilenden Koval und ganz knapp rechts am Pfosten vorbei.

5.: Steiler Pass von Dynamo in die Spitze zu Ideye, der dann allein auf ter Stegen zuläuft. Stranzl rennt hinterher, setzt im letzten Moment zum perfekten Tackling an und hindert Ideye am Schuss.

13.: Arango mit der Flanke von links, die zum langen Pfosten durchrutscht. Dort steht Hanke, hat aber Probleme mit der Ballannahme und stochert den Ball dann über die Querlatte.

53.: Arango hält mit links von der halblinken Seite unbedrängt drauf, Koval lässt abklatschen. Herrmann spitzelt aufs Tor, aber direkt Koval an die Brust. Der hat den Ball im Nachfassen.

70., 0:1, Khacheridi (Eigentor): Flanke Arango von rechts. Hrgota springt unterm Ball durch. Kacheridi dahinter ist überrascht und bekommt den Ball an den Kopf und versenkt das Ding unhaltbar rechts unten.

78., 0:2, Arango: Ecke von rechts. Am Elfer wird Arango total übersehen, darf aus zehn Metern in die Bogenspannung gehen und versenkt den Ball unhaltbar, wieder rechts unten.

88., 1:2, Ideye: Stranzl nicht auf Höhe der Viererkette, Brouwers lässt Ideye aus den Augen. Das Zuspiel kommt, Ideye ist frei durch und lupft den Ball traumhaft über ter Stegen ins Netz.

90.: Freistoß Arango an den Fünfer. Khacheridi köpft den Ball unbedrängt Ring auf den Stiefel. Der ist überrascht und drischt volley aus sechs Metern am Tor vorbei.

Fazit: Wie im Hinspiel war Gladbach klar spielbestimmend, im letzten Angriffsdrittel aber lange nicht genau genug. Am Ende war plötzlich doch noch was möglich. Ausgeschieden ist die Borussia aber schon letzte Woche.

Der Star des Spiels: Juan Arango bestätigte seine starke Frühform auch in Kiew. Der Spielmacher war an den gefährlichen Szenen immer beteiligt, selbstredend auch an beiden Toren. Leider mit ein paar Verschnaufpausen zu viel Mitte der zweiten Halbzeit. Trotzdem der nächste tolle Auftritt von Arango.

Der Flop des Spiels: Bis zum Eigentor war Jewgeni Khacheridi gut - danach aber ziemlich wild. Kaum noch mit klaren Aktionen, als Krönung dann die Vorlage für Ring kurz vor dem Abpfiff, die Kiew beinahe noch um die Champions League hätte bringen können.

Der Schiedsrichter: Craig Thomson hatte mit der fairen Partie keine Probleme und leitete angenehm großzügig. Hätte Velosos Tritt gegen Herrmann mit Freistoß und Gelb für den Portugiesen ahnden müssen. Ansonsten ohne Fehler und auch bei den persönlichen Strafen mit dem richtigen Maß.

Die Trainer:

Juri Semin dachte gar nicht daran, an der vorsichtigen Defensivtaktik aus dem Hinspiel etwas zu ändern. Dynamo blieb seinem Spiel treu und fuhr damit lange Zeit recht gut. Nach dem Rückstand verpasste Semin aber, seiner Mannschaft neue Impulse von außen zu geben und verzichtete auf einen taktischen Wechsel, um etwa die Kreise von Arango weiter einzudämmen.

Lucien Favre versuchte wirklich alles. Die Hereinnahmen von Herrmann und Hanke hatten aber nicht den gewünschten Effekt. Favre wechselte dosiert offensiv, am Ende hatte das 4-4-2 weiter Bestand. Für den jungen Hrgota war das Tempo einige Male zu hoch - allerdings hatte Favre auch gar keine anderen Alternativen mehr auf der Bank.

Das fiel auf:

  • Das Rückzugverhalten der Gäste war sehr ordentlich, bei Ballgewinn kam Kiew nicht oft in die schnelle Kontersituation. Probleme gab es bei Gladbach aber bei den Zuspielen in die Tiefe, als sich Brouwers und Stranzl in der Übergabe vom geschickt einlaufenden Ideye nicht immer einig waren.
  • Weniger gut war das Umschalten in die Offensive. Gladbach ließ das nötige Tempo und die Präzision vermissen, beraubte sich so einiger guter Gelegenheiten schon in der Entstehung.
  • Luuk de Jong bewegte sich besonders im ersten Durchgang deutlich besser als im Hinspiel und hatte auch mehr Ballkontakte. Das direkte Kombinationsspiel hat der Niederländer aber noch nicht ganz verinnerlicht. Die Tendenz stimmt, auch wenn noch Luft nach oben ist. In der zweiten Hälfte aber zunehmend müder.
  • Gladbach war vor dem Tor nicht energisch genug - weder beim letzten Pass noch im Abschluss. Die Abstimmung zwischen de Jong und Hanke ist noch verbesserungswürdig, auch wenn die Ansätze mittlerweile sichtbar sind.
  • Die Borussia muss sich auch den Vorwurf gefallen lassen, gegen den unsicheren Koval nicht viel öfter den Abschluss auch aus der zweiten Reihe gesucht zu haben.
  • Wie ärgerlich und überflüssig das Aus ist, lässt sich an den Spielverläufen beider Partien ablesen. Gegen einen wahrlich nicht übermächtigen Gegner war die Borussia zweimal das bessere Team. Gladbach hatte das Pech, zwei der wichtigsten Spiele der Saison in der Findungsphase absolvieren zu müssen, gegen einen Gegner, der drei Viertel der Auseinandersetzung abgezockt und letztlich zu erfahren für den Europacup-Rückkehrer war. Immerhin sind die Fortschritte im Gladbacher Spiel unverkennbar, was für die Saison hoffen lässt.

Kiew - Mönchengladbach: Daten und Fakten zum Spiel