BVB: Das sind die Sorgenkinder im Kader von Borussia Dortmund

Jochen Tittmar
02. August 202115:37
Zwei der Sorgenkinder im BVB-Kader: Reinier (l.) und Thomas Delaney.imago images
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Am kommenden Samstag startet Borussia Dortmund im DFB-Pokal gegen Wehen Wiesbaden in die Pflichtspielsaison 2021/22. Einige BVB-Spieler stehen aktuell und langfristig gesehen besonders im Fokus.

Die Vorbereitung von Borussia Dortmund lief unter erschwerten Bedingungen ab, mit dem vollen Kader konnte der neue Trainer Marco Rose noch kein einziges Mal trainieren. Mit der Rückkehr von Thomas Delaney und Jude Bellingham am Montag hat der Coach bis auf Olympiateilnehmer Reinier nun aber endlich alle Spieler beisammen.

Darunter befinden sich jedoch auch einige Sorgenkinder - aus ganz unterschiedlichen Gründen. SPOX und Goal beleuchten deren individuelle Situationen.

Roman Bürki (Torwart, 30 Jahre alt, Vertrag bis 2023)

Etwas weniger als einen Monat hat der Schweizer noch Zeit, um einen neuen Verein zu finden. Mit der Verpflichtung von Gregor Kobel als neuer Nummer eins ist Bürki, der bereits in der Vorsaison seinen Platz an Landsmann Marwin Hitz verlor, in der Dortmunder Torhüter-Hierarchie auf den dritten und letzten Platz gefallen.

Das kam angesichts einer Vertragsverlängerung im Juni 2020 durchaus überraschend, doch Bürki hat in der vergangenen Saison schlicht auch nicht gut genug gespielt. Nun werden sich die Wege trennen, rund fünf Millionen Euro will der BVB noch für ihn haben.

Das Problem: Zahlreiche Interessenten sind bislang letztlich abgesprungen und nun wird die Zeit immer knapper. Bürki wird am Ende wohl ins Ausland wechseln und bis dahin weiter in Dortmund trainieren. Ideal ist die Konstellation längst nicht mehr, auch wenn der verspätet angelaufene Transfermarkt gewiss noch Möglichkeiten für Bürki bietet. Viel Zeit zur Akklimatisierung im künftigen Verein wird er nicht haben, wenn die Saison schon in vollem Gange ist.

BVB: Die kommenden Termine

DatumTermin
7. AugustDFB-Pokal, 1. Runde gegen SV Wehen Wiesbaden (20.45 Uhr/Wiesbaden)
14. AugustBundesliga, 1. Spieltag gegen Eintracht Frankfurt (18.30 Uhr/Dortmund)
17. AugustSupercup-Finale gegen den FC Bayern (20.30 Uhr)

Dan-Axel Zagadou (Innenverteidiger, 22 Jahre alt, Vertrag bis 2022)

Außenbandanriss im Knie, Muskelfaserriss, schließlich eine Knie-OP - Zagadou gehört schon seit längerem zur Liste der Dortmunder Sorgenkinder. Die Verletzungstrilogie im Vorjahr ließ nur 381 Spielminuten für ihn zu und auch in der neuen Spielzeit wird er nicht auf die volle Ausbeute kommen können.

"Ich rechne damit, noch etwas Zeit vor mir zu haben und ungefähr noch zwei bis drei Monate zu brauchen", sagte der Franzose am vergangenen Montag im BVB-Trainingslager in der Schweiz. Das ist nicht nur für Zagadou, sondern auch für die Mannschaft ein Problem, da sie seit Beginn der Vorbereitung ein personelles Loch in der Innenverteidigung hat.

Der Fokus bei Zagadou liegt nun weiter auf der Reha, man wird ihm alle Zeit geben, um wieder fit zu werden. Denn der 1,96-Meter-Mann befindet sich an einem besonders kritischen Punkt in seiner Karriere: In Dortmund konnte er sich bislang nicht dauerhaft durchsetzen, dazu plagen ihn sehr regelmäßig kleinere und größere Verletzungen. Es stellt sich die Frage, inwiefern sein Körper den Belastungen künftig standhält - viel mehr sollte ihm in nächster Zeit wohl nicht mehr passieren.

Zudem läuft sein Vertrag nach der Saison aus. Zagadou kann sich einen Verbleib vorstellen, auch der BVB hält weiter große Stücke auf ihn. Dazu muss er jedoch konstant stabil bleiben und Leistung bringen, sobald er wieder auf den Platz zurückkehrt.

"Ich weiß noch nicht, wie es weitergeht. Mein Fokus und der des Vereins liegt momentan darauf, wieder gesund zu werden und die Reha optimal abzuschließen. Der BVB hat mir die Chance gegeben, mich als Profi zu beweisen. Wenn der Verein das ähnlich sieht wie ich, bleibe ich sehr gerne bei Borussia Dortmund", sagte Zagadou.

Nico Schulz (Linksverteidiger, 28 Jahre alt, Vertrag bis 2024)

Schulz geht in seinen nun dritte Saison in Dortmund, die Vorzeichen haben sich aber nicht verändert. Beinahe seit seinem Wechsel 2019 macht der Linksverteidiger Sorgen, die hohe Ablösesumme von 25,5 Millionen Euro hat er zu keinem Zeitpunkt gerechtfertigt.

Das lag auch an permanenten Verletzungen, die ihm Rhythmus, Wettkampfhärte und auch Selbstbewusstsein kosteten. Spielt Schulz, dann ist er sehr bemüht, doch mittlerweile auch enorm fehleranfällig. Die mangelnde Spielpraxis ist beinahe mit Händen zu greifen und die Angst davor, Fehler zu machen, schimmert in seinen Aktionen auch oft durch.

Unter diesen Voraussetzungen hat es Schulz nun seit geraumer Zeit enorm schwer, sich beim BVB wieder in Stellung zu bringen. Hinten links hat Raphael Guerreiro mehrere Nasen vorn. Dass Schulz noch nicht aufgegeben hat, liegt zum einen an den mangelnden Angeboten für ihn. Dortmund will freilich kein riesiges Verlustgeschäft machen. Zudem ist der Vertrag des 28-Jährigen gut dotiert - eine Gemengelage, mit der beide Seiten nicht gerade glücklich sein dürften.

Und so haben sich die Perspektiven von Schulz kein Stück verändert, auch wenn Trainer Rose mit ihm das Einzelgespräch bereits suchte und sich erhofft, die Leichtigkeit im Spiel des Ex-Nationalspielers wieder zum Vorschein zu bringen. Ein Schlussstrich unter die vermaledeite Beziehung wäre für alle Beteiligten das Beste.

Thomas Meunier (Rechtsverteidiger, 29 Jahre alt, Vertrag bis 2024)

Vom Sorgenkind zum Hoffnungsträger, diese Schlagzeile würde der Belgier am Ende der neuen Saison wohl gerne über sich lesen. Meunier ist nach der Langzeit-Verletzung von Mateu Morey und dem Abgang von Urgestein Lukasz Piszczek der einzige echte Anwärter auf die Position des Rechtsverteidigers. Einzig Felix Passlack und in Notfällen Emre Can sowie Manuel Akanji könnten dort noch spielen.

Meunier weiß selbst, dass er sich im Vergleich zu seinem sehr schwachen Vorjahr dringend steigern muss. "Es geht jetzt nochmal von vorne los, als hätte ich gerade erst in Dortmund unterschrieben. [...] Ich bin mir sicher, dass ich in der Zukunft deutlich besser sein werde", sagte er Ende Mai im Interview mit SPOX und Goal.

Auch bei ihm sind die Bedingungen nicht gerade ideal, Meunier ist erst seit einer Woche zurück in Dortmund und hat die EM in den Knochen. Dort jedoch zeigte er ein anderes Gesicht als jenes, das man im Vorjahr in Dortmund kennenlernte. In der belgischen Nationalelf fand Meunier die Balance zwischen robuster Defensivarbeit und starken Akzenten in der Offensive - das muss der Maßstab sein, an dem man ihn künftig auch beim BVB messen wird.

Thomas Delaney (Mittelfeldspieler, 29 Jahre alt, Vertrag bis 2022)

Der EM-Halbfinalist komplettiert mit seiner Rückkehr den Dortmunder Kader. Ob er ihm aber noch lange angehören wird, ist fraglich. Der Vertrag des Dänen läuft nach der Saison aus und Delaney scheint sich nach Informationen der Ruhr Nachrichten mit einem Abgang anfreunden zu können.

Das dürfte auch der Borussia so gehen, denn Delaney hat bei der Europameisterschaft eine starke Visitenkarte abgegeben und seinen Marktwert gewiss nicht verringert. Seit Jahren träumt der defensive Mittelfeldspieler von einem Wechsel in die Premier League, mit Norwich City, Crystal Palace und dem FC Southampton soll es auch Interessenten für ihn von der Insel geben.

Dortmund könnte mit seinem Verkauf ein hübsches Sümmchen herausschlagen, das man direkt wieder in einen Transfer auf den neuralgischen Positionen hinten links oder auf dem Flügel in der Offensive investieren könnte.

Klar ist: Lange kann und wird sich die Entscheidung nicht mehr ziehen, die Gespräche über Delaneys Zukunft sind längst angelaufen. Einen Abschied würde der BVB gut verkraften können, da mit Bellingham, Can, Axel Witsel oder Mahmoud Dahoud reichlich positionsgetreue Alternativen zur Verfügung stehen.

Julian Brandt (Mittelfeldspieler, 25 Jahre alt, Vertrag bis 2024)

In betont lässiger Art und Weise verkündete BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke im Trainingslager, dass ein Abgang von Brandt nie zur Debatte stand. Zuvor waren in steter Regelmäßigkeit Gerüchte um ihn aufgetaucht, bereits im Winter soll sich der FC Arsenal mit ihm beschäftigt haben.

Auch Brandt betonte, nicht vor einem Wechsel zu stehen. Nach zwei Spielzeiten in Schwarzgelb hat der ehemalige Leverkusener schon viel mitgemacht, vor allem Ex-Trainer Lucien Favre verschob Brandt auf dem Spielfeld immer wieder. Wirklich Verwendung fand der Schweizer für ihn jedoch nicht.

Das lag jedoch auch an Brandts Darbietungen, denen meist Konstanz, Durchsetzungsfähigkeit und defensive Robustheit fehlten. So pendelte er stetig zwischen Genie und Wahnsinn, hatte starke und ganz schwache Phasen, ehe er unter Edin Terzic nur noch Bankdrücker war.

Soll Julian Brandt bei Borussia Dortmund bleiben? Das Pro und Contra

Brandt muss sich nun gewaltig steigern, um Coach Rose dauerhaft zu überzeugen und sich im internen Konkurrenzkampf in der Offensivabteilung durchsetzen zu können. Der erste Schritt in die richtige Richtung wäre gemacht, wenn Brandt, der die gesamte Vorbereitung über mitmachen konnte, wieder zu mehr Selbstvertrauen käme.

"Da muss viel von ihm kommen, das ist klar. Wir werden ihn fordern, fördern und eine gute Position für ihn finden. Am Ende muss und wird er sich dem Konkurrenzkampf stellen und wenn er spielen will, auch Leistung bringen. Das liegt in der Natur der Dinge", machte Rose bei den Ruhr Nachrichten klar.

Reinier (Mittelfeldspieler, 19 Jahre alt, Vertrag bis 2022)

Die Leihgabe von Real Madrid geht in das zweite Jahr beim BVB und die gute Nachricht ist: Es kann eigentlich nur besser werden. Reiner, der sich im November mit Corona infizierte, kam bislang nur auf 14 Kurzeinsätze, in diesen 339 Spielminuten gelangen ihm ein Tor und eine Vorlage.

Was dem Brasilianer in seinen Partien fehlte, waren taktisches Verständnis und Durchsetzungsvermögen. Man muss jedoch erwähnen, dass er zuvor bei Real aufgrund der Corona-Pause kaum Spielpraxis hatte und in Dortmund auch noch angeschlagen aufschlug.

Nachdem das IOC die Kadergröße für das olympische Fußballturnier erweiterte und Reinier dann für sein Heimatland nominiert wurde, steht er nun in Tokio auf dem Feld. Auch dort läuft es nicht viel besser für ihn: In drei von vier Spielen wurde er eingewechselt, 60 Minuten beträgt seine bisherige Spielzeit.

Er wird also weiter hinten dran sein, sobald er nach Dortmund zurückkehrt. Die Konkurrenz für ihn bleibt groß, vermutlich zu groß. Aufgegeben hat sich Reinier aber natürlich noch nicht: "Ich hoffe, diese Saison mehr zu spielen und arbeite dafür. Ich arbeite zu Hause täglich. Ich will spielen, Tore machen - alles", sagte er der spanischen AS.

Marius Wolf (Mittelfeldspieler, 26 Jahre alt, Vertrag bis 2023)

Blöder konnte es für Wolf nicht laufen. Wobei es schon längere Zeit für Wolf nicht gut läuft, wenn man genauer hinschaut: Zum zweiten Mal in Serie kam der 26-Jährige von einer Leihe zurück nach Dortmund, wo er auch weiterhin keine ausreichenden Perspektiven im Kader besitzt. Der Außenbandteilriss im Sprunggelenk, den er sich im Test gegen Bilbao zuzog, kam daher zur Unzeit.

Bereits während seiner ersten Leihstation bei Hertha BSC hatte Wolf die Seuche am Fuß, denn nachdem er sich als Stammspieler etabliert hatte, fiel er verletzt im Saisonendspurt aus - die Berliner zogen daraufhin die Kaufoption nicht. Nach dem Klassenerhalt mit Köln suchte Wolf nun die erneute Chance beim BVB: "Ich will es noch einmal versuchen und mich unter dem neuen Coach Marco Rose durchsetzen", sagte er Anfang Juni im Express.

Wolf wäre als Rechtsverteidiger durchaus eine Alternative als Meunier-Ersatz, in den Testspielen ließ ihn Rose auch im rechten Mittelfeld ran. Jetzt wird Wolf erst einmal längere Zeit fehlen - durch die Verletzung ist auch ein drittes Leihgeschäft nicht gerade wahrscheinlicher geworden.