BVB-Torjäger Youssoufa Moukoko reif für die WM in Katar? Pro und Contra

Filippo CataldoTim Ursinus
06. November 202212:45
SPOXgetty
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Youssouffa Moukoko hat mit einer Gala beim 3:0 des BVB gegen den VfL Bochum am 13. Spieltag der Bundesliga eine eindrucksvolle Bewerbung für einen Platz in Hansi Flicks WM-Kader abgegeben. Doch ist der noch nicht mal 18-Jährige wirklich schon bereit für die WM? Ein Pro und Contra.

PRO: Qualität ist keine Frage des Alters - Moukoko ist WM-reif

Von Filippo Cataldo

Am 20. November 2022 wird Youssoufa Moukoko 18 Jahre alt. Was kann einem jungen Fußballprofi Besseres passieren, als seine Volljährigkeit am Tag des WM-Eröffnungsspiels garantiert rausch- und eskalationsfrei im Kreis der DFB-Elf im WM-Quartier in Katar zu feiern?

Im Ernst: Moukoko hat spätestens am Samstag bewiesen, dass er bereit ist für die WM und dass er der DFB-Elf in Katar auch helfen könnte. Mit seinen zwei herrlichen Toren beim 3:0 des BVB gegen den VfL Bochum im kleinen Revier-Derby, klar. Vor allem aber hat er es mit seinem Verhalten nach dem Spiel gezeigt.

"Ehrlich gesagt, ist mir das so egal. Ich schaue einfach von Spiel zu Spiel, wenn ich so Leistungen bringe. Am Ende werden wir es am Donnerstag sehen, wer dabei ist", sagte Moukoko unmittelbar nach dem Spiel bei Sky auf die Frage nach seiner Nominierungseinschätzung. Jemand, der mit nicht einmal 18 Jahren die Floskeln aus dem Lehrbuch für professionelle Fußballerantworten so cool ad absurdum führt, der ist sowas von reif für eine Weltmeisterschaft.

DFB-Elf: Spielertyp wie Youssoufa Moukoko fehlt Hansi Flick

Später in der Mixed Zone gab das Schlitzohr zu, dass er "natürlich gerne dabei" wäre bei der WM und dass er am Donnerstag Kontakt zu Hansi Flick gehabt habe. Am gleichen Tag hatte RB Leipzig bekannt gegeben, dass Timo Werner wegen einer Fußverletzung das restliche Jahr kein Fußball mehr spielen könne.

Ob zwischen Werners Verletzung und Flicks Kontaktaufnahme ein direkter Zusammenhang besteht, ist offen.

Doch der DFB-Elf fehlte auch vor dem WM-Aus des Leipziger Stürmers ein robuster wie resoluter und noch dazu antrittsstarker Dribbler mit Lust auf den spektakulären Abschluss. Moukoko ist im Gegensatz zu Werner nicht vor allem ein Umschaltspieler, er agiert lieber zwischen den Gegenspielern als zwischen den Linien.

Es ist zumindest vorstellbar, dass Moukoko angesichts seiner Entwicklung in dieser Saison und speziell seiner Formstärke der letzten Wochen so oder so reelle Chancen auf eine Nominierung gehabt hätte. Die größeren WM-Kader für Katar (26 statt 23 Spieler) geben dem Bundestrainer ja ein bisschen mehr Raum für Experimente und auch etwas gewagtere Manöver. Darum muss es nach Werners Verletzung nun auch nicht unbedingt Niclas Füllkrug oder Youssoufa Moukoko heißen, sondern womöglich auch: Füllkrug UND Moukoko.

Im mutmaßlich schwersten Gruppenspiel gegen Spanien am 27. November könnte ein Spielertyp wie Moukoko womöglich mehr helfen als ein eher klassischer Brechertyp wie Füllkrug - dessen Kopfbälle aber womöglich gegen Costa Rica helfen könnten.

WM in Katar: Moukoko hat jedes Versprechen gehalten

Dass Moukoko in dieser Saison bereits auch gegen Dortmunds Spezialgegner FC Schalke 04 und Bayern München traf, muss ihm ebenso angerechnet werden wie die Tatsache, dass er die womöglich unvermeidbar komplizierte erste komplette Bundesligasaison 2021/2022 zum Wachsen nutzte. Als der BVB auf die Krebserkrankung Sébastien Hallers mit der Not-Verpflichtung von Anthony Modeste reagierte, schmollte er nicht, sondern schoss Tore.

Klar, Moukoko ist noch nicht 18 und er macht die normalen Entwicklungsschritte und die normalen Aufs und Abs eines jeden Jungprofis durch. Doch bisher hat Moukoko jedes Versprechen gehalten und nie den Anschein gemacht, mental nicht auf das Profileben vorbereitet zu sein. Und ganz generell: Dass Qualität keine Frage des Alters ist, gilt in jede Richtung.

Wieso sollte der jüngste Bundesliga- und jüngste Champions-League-Spieler der Geschichte, wieso sollte der jüngste Bundesligatorschütze, der jüngste U21-Nationalmannschafts-Debütant und der jüngste U21-Torschütze der Geschichte nicht auch bei der WM helfen können?

CONTRA: Flick braucht Moukoko noch nicht

Von Tim Ursinus

Das Talent von Youssoufa Moukoko steht freilich nicht zur Debatte, sechs Tore und sechs Assists in 20 Pflichtspielen sind in seinem Alter beachtlich. Doch braucht Hansi Flick diesen Spielertypen wirklich in seinem Kader? Ist es nötig, einen zum WM-Start 18-Jährigen in das größtmögliche Haifischbecken zu werfen? Die Antwort lautet jeweils: Nein!

In der Tat: Mit einer Körpergröße von 1,79 Metern gehört Moukoko nicht zu den kleinsten Stürmern. Im Sommer hat er in Sachen Muskeln sogar etwas zugelegt, gegen beinahe jede Innenverteidigung dieser Welt wäre er mit seiner weiterhin schmächtigen Statur aber körperlich unterlegen - und kleine, quirlige, schwer zu packende Spieler hat Flick auch nach der Verletzung von Timo Werner genügend in seinen Reihen. Zumal in seiner Startelf sehr wahrscheinlich ohnehin kein Neuner zu finden sein wird.

Thomas Müller, Kai Havertz oder Serge Gnabry - die Liste der potenziellen Sturmspitze in Flicks geliebtem 4-2-3-1 ist lang und vor allem hochkarätig. Klar: Moukoko wäre so oder so als Joker eingeplant. In engen Spielen braucht es aber bekanntlich neue Impulse. Jemanden, auf den es sich einzustellen gilt. Jemanden, der nicht den Angreifern der ersten Elf ähnelt. Einen Brecher wie zum Beispiel Niclas Füllkrug, der auch mal einen hohen Ball verwerten kann und nicht noch einen Schnittstellenläufer, der wie seine Vorgänger in der Luft hängt und an der bulligen Verteidigung abprallt. Einfach gesagt: In welchem Szenario würde Flick überhaupt auf Moukoko zurückgreifen?

Der Vollständigkeit halber muss gesagt sein, dass Flick 26 anstatt wie gewohnt 23 Spieler nach Katar mitnehmen darf. Es gibt also durchaus Argumente, zwei Stürmer als Joker im Gepäck zu haben - wenn Flick noch einen Platz für die Problemzonen auf den äußeren Abwehrpositionen oder im defensiven Mittelfeld opfern will. Jedoch stellt sich auch hier die Frage, warum derjenige nicht zum Beispiel Hany Mukhtar sein sollte, der mit 23 Treffern zum Torschützenkönig und MVP der MLS avancierte. Der 27-Jährige passt durch seine Flexibilität perfekt ins Anforderungsprofil des DFB-Teams, das bekanntlich gerne mehrere Positionen mit einem Spieler abdeckt. Ein weiterer großer Unterschied zu Moukoko: Bei dem erfahrenen Ex-Herthaner besteht nicht die Gefahr, dass ein Nachwuchsspieler mit viel Potenzial verheizt wird.

Hany Mukhtar wurde als erster Deutscher zum MVP der MLS gewählt.imago images

WM 2022: Mario Götze als warnendes Beispiel

Schon vor rund zwei Jahren hatte Moukoko der Hype um seine Person nicht gutgetan. Quasi mit Beginn seines 16. Lebensjahres war er Teil des Dortmunder Profi-Kaders. Auf einen passablen Start folgten zahlreiche schlechte Leistungen mit nur vereinzelten Ausreißern nach oben. Erst seit einigen Wochen zeigt er seine Qualitäten regelmäßiger. Der von anfänglichen Höhen und vielen Tiefpunkten geprägte Werdegang von Mario Götze, das medial ebenfalls hochgelobte "Wunderkind", gilt als warnendes Beispiel.

Zumal Moukoko in der jüngeren Vergangenheit schon mehrfach den Anschein erweckt hat, dass er dazu neigt, Flausen im Kopf zu haben. Das zeigen auch die sich seit Monaten ziehenden Verhandlungen über einen neuen Vertrag beim BVB. Dem Vernehmen nach soll er sich des Geldes wegen sogar mit seinen Eltern zerstritten haben. Die nötige Reife darf von so einem jungen Spieler auch noch nicht erwartet werden. Eine Eigenschaft, die er sich womöglich für die EM im eigenen Land aneignen könnte. Dann im Alter von 20 Jahren und nicht als jüngster deutscher WM-Fahrer seit Karl-Heinz-Schnellinger anno 1958.

Youssoufa Moukoko: Leistungsdaten als BVB-Profi

  • Angaben von transfermarkt.de
SaisonPflichtspiele (Minuten)ToreAssists
2022/2320 (1.007)66
2021/2222 (358)32
2020/2115 (442)153