Der deutsche U17-Kapitän Noah Darvich wechselt vom SC Freiburg zum FC Barcelona. Christian Streich ist mäßig erfreut.
Das vielleicht größte Talent des deutschen Fußball war noch nicht einmal wirklich weg, da hatte Christian Streich schon ein Paket aus besorgten, enttäuschten und verbitterten Abschiedsworten zusammengeschnürt. Adressat: Noah Darvich, 16, Kapitän der U17-Nationalmannschaft, bislang Juwel des kleinen SC Freiburg, künftig Lehrling beim großen FC Barcelona.
"Die Jungen haben ja unzählige Vorbilder in finanzieller Hinsicht und in allem", sagte der passionierte Sozialkritiker Streich, im Hauptberuf Trainerikone der Freiburger Bundesliga-Mannschaft, am Samstag nach dem Doppeltest gegen den FC Empoli (2:0 und 1:2): "Wenn so ein 16-Jähriger sieht, was die ganze Zeit im Fußball abgeht: Wie soll er da einen klaren Kopf behalten?"
Am Tag zuvor war durchgesickert, dass Darvich die Breisgauer Fußballschule gegen Barcas legendäre Akademie La Masia eintauscht. Dass Freiburg, nach den Verkäufen von Mark Flekken (13 Millionen) und Kevin Schade (25 Millionen) an Brentford finanziell ohnehin solide aufgestellt, bis zu fünf Millionen Ablöse kassiert, wiegt den Verlust nicht auf.
Streich: Darvichs Abgang "sehr schade für die Fußballschule"
Der robuste Offensivakteur, ein gebürtiger Freiburger, der 2017 von kleinen Stadtnachbarn Eintracht zum Sportclub gekommen war, führte im Juni die deutsche U17 zum EM-Titel, für die neue Saison war er in Freiburgs Drittliga-Reserve eingeplant und sollte im Bundesliga-Team hospitieren - wie zuletzt beim 6:1-Test gegen Grasshopper Zürich, als Darvich sogar traf. Schritt für Schritt, alles bodenständig.
"Speziell bei Noah mache ich mir keine Gedanken", sagte sein bisheriger DFB-Trainer Christian Wück der SZ: "Ich weiß, dass er nächstes Jahr das Abitur machen will und muss - in Freiburg. Er fühlt sich dort sehr, sehr wohl."
Das ist nun Makulatur, Darvich und sein Umfeld erlagen dem Reiz Barcelonas. La Masia kann ein Sprungbrett zu einer Weltkarriere sein wie bei Lionel Messi, aber auch eine Sackgasse: Viele vermeintliche Ausnahmetalente scheiterten dort.
Darvichs Abgang sei "sehr schade für die Fußballschule und die Leute, die so viel in ihn investiert haben", sagte Streich: "Jetzt werden wir sehen, wo der Weg hinführt. Ich hoffe, er hat am Ende eine gute Entscheidung getroffen."