David Alaba absolvierte vor wenigen Tagen einen Medizincheck - mit einem möglichen Wechsel zu Real Madrid hatte das aber erstmal nichts zu tun. Trotzdem bleiben die Königlichen in der Pole Position im Werben um den Verteidiger des FC Bayern. Entschieden ist aber nur, dass er den FCB verlassen wird. Als Abnehmer könnte sogar der FC Barcelona wieder Chancen bekommen. Fünf Fragen zum nahenden Alaba-Abschied.
Es gibt unangenehmere Situationen als jene, in der David Alaba sich derzeit befindet. Er muss sich nicht sofort entscheiden, es herrscht keine Eile. Bis zum 30. Juni steht der Verteidiger ohnehin noch beim FC Bayern München unter Vertrag. Für die Zeit danach werben neben Real Madrid und Paris St. Germain noch einige andere Spitzemklubs um den wechselwilligen 28-Jährigen.
Mit Pini Zahavi hat Alaba einen gewieften Verhandler als Berater, der seit den 1. Januar sogar ganz offiziell seinem Job nachgehen und mit anderen Klubs in Kontakt treten darf. Alabas Entscheidung, Bayern nach zwölf Jahren zu verlassen, soll nunmehr definitiv sein. Auch Trainer Hansi Flick scheint sich mit dem Abschied des Innenverteidigers nunmehr abgefunden haben.
Sollte ein Wechsel aber aus welchen Gründen auch immer doch nicht klappen, könnte Alaba auch ohne allzu großen Gesichtsverlust noch mal beim FC Bayern nachfragen, ob man sich nicht doch wieder an den Tisch setzen mag - zumindest dann, wenn es nach Bayern-Trainer Hansi Flick geht.
Der sagte zwar am Dienstag auf der Pressekonferenz vor dem Bundesligaspiel gegen Augsburg (Mi., 20.30, Liveticker), dass momentan die Voraussetzungen so seien, dass Alaba "den Verein verlässt", ergänzte aber auch: "Die Hoffnung stirbt zuletzt".
David Alaba: Medizinchek aus privaten Gründen
Wenige Stunden zuvor hatte die bei Real Madrid bestens vernetzte und für gewöhnlich gut informierte Sporttageszeitung Marca berichtet, dass Alabas Wechsel zu den Königlichen praktisch in trockenen Tüchern sei. Alaba stehe unmittelbar vor der Unterschrift eines Vierjahresvertrag, der ihm insgesamt 44 Millionen Euro netto bringen würde. Sogar den Medizincheck habe Alaba bereits im Beisein eines Arztes von Real Madrid absolviert.
Ganz so weit ist es aber dann doch noch nicht. Das kolportierte Vertragsangebot gibt es zwar dem Vernehmen nach, entschieden - oder gar unterschrieben - ist aber noch nichts.
Tatsächlich absolvierte Alaba in den letzten Tagen auch eine medizinische Untersuchung. Jedoch war da kein Arzt von Real Madrid anwesend. "Er machte den Medizincheck aus privaten Versicherungsgründen. Für den Fall, dass eine schwere Verletzung auftritt, bevor David seine Zukunft entschieden hat", sagte Alaba-Berater Pini Zahavi zu SPOX und Goal.
Fragen und Antworten zum nahenden Wechsel von David Alaba:
David Alaba: Was hat es mit dem Medizincheck auf sich?
Alaba schloss in den vergangenen Tagen dem Vernehmen nach eine private Verdienstausfall- und Berufsunfähigkeitsversicherung ab, um somit den auch finanziell negativen Begleiterscheinungen einer schweren Verletzung vorzubeugen.
Sollte Alaba sich also beispielsweise in den kommenden Wochen und Monaten schwer verletzen und sollte er deswegen nach dem 30.6.2020 ohne Verein dastehen, würde in diesem Fall die Versicherung einspringen.
Solche nicht ganz billigen Versicherungen sind im Profisport auch unabhängig von etwaigen Wechselwünschen nicht unüblich. Bedingung für den Versicherungsabschluss war offenbar eine medizinische Untersuchung, die Zahavi organisierte und bezahlte. Real Madrid oder ein anderer Klub sollen mit der Untersuchung nach Angaben des Beraters nichts zu tun gehabt haben.
gettyDavid Alaba: Wie ist der Stand mit Real Madrid?
Unabhängig davon bleibt Real aber der Favorit im Transferpoker um Alaba. Auch beim FC Bayern soll man nach Informationen von SPOX und Goal mit einem ablösefreien Wechsel des Abwehrchefs zu den Königlichen rechnen. Zumindest sollen Vertreter des deutschen Rekordmeisters dies den Beratern von Reals Eder Militao (22) gesagt haben, als diese sich nach dem Reservisten erkundigten.
Reals Trainer Zinedine Zidane reagierte am Dienstag auf die Fragen nach Alaba und dem Marca-Artikel erwartungsgemäß zurückhaltend: "Ich verstehe eure Fragen. Aber der Spieler ist nicht meiner. Wir sind hier, ich bin hier, um an das Spiel zu denken. Das interessiert mich. Ich verstehe, dass ihr darüber redet, aber ich werde mich daran nicht beteiligen, tut mir leid", sagte Zidane auf der Pressekonferenz vor Reals Pokalspiel beim Drittligisten Alcoyano.
Das von Marca kolportierte Angebot an Alaba scheint plausibel. Zu den rund elf Millionen Euro netto pro Jahr kämen noch Handgelder und Beraterprovisionen. Insgesamt könnte der Transfer die Königlichen dem Blatt zufolge inklusive Steuern um die 80 Millionen Euro kosten - und das ganz ohne Ablösesumme.
David Alaba: Seine Leistungsdaten 2020/2021
Wettbewerb | Spiele | Tore | Vorlagen |
Bundesliga | 15 | 1 | - |
Champions League | 5 | - | - |
UEFA Super Cup | 1 | - | 1 |
DFB-Pokal | 1 | - | - |
David Alaba: Braucht Real Madrid ihn überhaupt?
Aktuell sind Raphael Varane (27) und natürlich Sergio Ramos (34) gesetzt in der Innenverteidigung der Königlichen - und dürften dies eigentlich auch bleiben.
Aber: Ramos' Vertrag läuft im Sommer aus, der Kapitän kokettierte zuletzt immer wieder damit, einen ähnlichen Weg wie Alaba bei Bayern einschlagen zu wollen - und nach dann 16 Jahren auch mal wieder eine Luftveränderung anzustreben. Ob Varane bei aller Klasse auch das Zeug zum Abwehrchef hat, soll bei Real intern durchaus kontrovers diskutiert werden.
Von Alaba verspricht man sich hingegen genau das. Auch wegen des drohenden Abgangs von Ramos soll Zidane zuletzt intern Druck gemacht haben in der Causa Alaba. Selbst wenn Ramos bleiben sollte, wäre Alaba hochwillkommen, heißt es.
Der Spanier mit dem Wikinger-Bart wird nicht jünger - und dahinter wird es im Kader qualitativ dünn. Nacho (31) ist allenfalls gehobener Durchschnitt, mit Eder Militao (22) kann Zidane offenbar nichts anfangen. Und: Alaba ist vielseitig, könnte links in der Abwehrkette und auch mal hinter Toni Kroos im Mittelfeld spielen.
David Alaba: Könnte der FC Barcelona noch reingrätschen?
Der FC Barcelona soll früher das eigentliche Sehnsuchtsziel Alabas gewesen sein, Vater George soll einen regelmäßigen Kontakt zu den Vertretern des katalanischen Klubs gepflegt haben. Alabas spielerische Anlagen würden grundsätzlich auch besser zur Fußballideee des FC Barcelona passen. Dass dennoch Real Madrid die Pole Position in den Verhandlungen übernommen hat, liegt vor allem an der finanziellen Situation Barcelonas.
Rund 300 Millionen Euro sollen coronabedingt die Einnahmenverluste sowohl bei Barca als auch bei Real betragen, jedoch plagten Barca schon vor der Pandemie große finanzielle Sorgen. Zuletzt mussten die Katalanen bereits zum zweiten Mal die eigentlich allen Seiten genehme Rückkehr von Eric Garcia von Manchester City verschieben; selbst die von den Cityzens geforderte moderate Ablöse von fünf Millionen Euro für den 20-jährigen Verteidiger soll Barca für diesen Winter zu hoch sein.
Ganz aus dem Alaba-Rennen ausschließen sollte man Barca trotzdem noch nicht. Dass Garcia und Alaba auf der gleichen Position spielen, ist ohnehin kein Ausschlusskriterium, denn Barca kann in der Defensive durchaus eine größere Blutauffrischung gebrauchen. Und: Sollte man im Sommer wie geplant ein paar Großverdiener loswerden können, könnte auch bei Barca plötzlich wieder Geld da sein für den potentiellen Großverdiener Alaba.
Momentan deutet sogar einiges darauf hin, dass die Katalanen etwas damit zu tun haben, dass Alaba noch nicht beim königlichen Erzrivalen unterschrieben hat. Oder genauer: Der Präsidentschaftskampf beim FC Barcelona. Zahavi und der aussichtsreichste Kandidat Joan Laporta gelten als befreundet. Laporta, von 2003 bis 2010 Barca-Präsident, soll bereits im November darüber nachgedacht haben, Alaba als eine Art Antrittsgeschenk mitzubringen.
Die Wahl des Barca-Präsidenten wurde wegen der Pandemie zuletzt erneut verschoben und soll nun am 7. März stattfinden. Will Alaba, der zudem auch Angebote von Paris Saint-Germain, Manchester United und dem FC Chelsea vorliegen haben soll, solange warten? Genug Zeit hätte er ja eigentlich.
David Alaba: Wer könnte ihn beim FC Bayern ersetzen?
Und was machen die Bayern ohne Alaba? RB Leipzigs Dayot Upamencano vereint alle Eigenschaften, die man sich von einem Alaba-Nachfolger wünschen würde: Der Franzose ist schnell, athletisch, technisch und taktisch gut ausgebildet und einer der besten Balldiebe der Liga.
Seine ab und an auftretenden Unkonzentriertheiten und unglücklichen Aktionen im Strafraum stellte er zuletzt weitgehend ein. Seine Ablöse ist darüber hinaus dank 45-Millionen-Euro-Ausstiegsklausel zwar nicht günstig, aber durchaus vernünftig.
"Wenn ein Spieler mit seiner (Alabas, Anm. d. Red.) Qualität den Verein verlässt, muss der Verein einen Spieler dieser Qualität holen, um diesen zu ersetzen", sagte Flick am Dienstag. Reicht aber ein Upamecano, der zudem auch von Chelsea umworben sein soll, allein aus um Bayerns Abwehrsorgen zu beheben? Eher nicht. Auch für den unwahrscheinlichen Fall eines Alaba-Verbleibs wäre Upamecano wohl auf dem Münchner Einkaufszettel.
"Die Corona-Situation ist auch für den FC Bayern nicht ganz einfach. Das Festgeldkonto ist nicht mehr so gut gefüllt", bekannte Flick zwar, jedoch haben die Bayern in der Abwehr Bedarf: Jerome Boatengs Vertrag läuft aus, Niklas Süle kämpft nach seiner langen Verletzung und vielen Aussetzern zuletzt noch um den Anschluss an alte Klasse.
Und Rekordeinkauf Lucas Hernandez absolvierte sein letztes Spiel vor Weihnachten. "Ja, das traue ich ihm auch zu", sagte Flick dennoch am Dienstag auf die Frage, ob Hernandez womöglich in die Rolle Alabas hineinwachsen könnte.