Die Elf der Vergessenen

Daniel Börlein
08. November 201120:59
Zusammen bringt es die Elf der Vergessenen in dieser Saison auf 41 Minuten Einsatzzeitspox
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Sie galten als große Talente, waren Hoffnungsträger oder wurden für viel Geld verpflichtet. Mittlerweile ist es aber ruhig geworden um Tim Hoogland, Florian Kringe, Romeo Castelen und Co. SPOX blickt auf elf Bundesliga-Spieler, über die kaum mehr jemand spricht.

Tobias Sippel (1. FC Kaiserslautern): Als Torwart die Gerry-Ehrmann-Schule genossen zu haben, gilt in der Branche als Qualitätsmerkmal. Lauterns Towarttrainer formte bereits Keeper wie Tim Wiese oder Roman Weidenfeller zu Spitzen-Torhütern. Sippel, so sah es lange Zeit aus, wird der nächste Ehrmann-Schützling, der groß rauskommt. Bis März dieses Jahres war er die unumstrittene Nummer eins beim FCK. Dann wurde er krank, Vertreter Kevin Trapp bekam seine Chance und nutzte sie. Seitdem ist Sippel nur noch die Nummer zwei und hat kein Bundesliga-Spiel mehr bestritten. Schlagzeilen machte der 23-Jährige im Sommer zwar - allerdings mit einer "Puff-Affäre" und einer Alkohol-Fahrt, die ihn den Führerschein kostete. Inzwischen wird Konkurrent Trapp eine große Karriere zugetraut. Den Namen Sippel hört man dagegen kaum noch.

Tim Hoogland (FC Schalke 04): Im Sommer 2010 wechselte Hoogland von Mainz zum FC Schalke. Sein letztes Spiel für die Königsblauen bestritt der 26-Jährige allerdings bereits vor viereinhalb Jahren. Damals stand er schon einmal bei S04 unter Vertrag. Nach drei Spielzeiten in Mainz wagte Hoogland einen zweiten Anlauf in Gelsenkirchen - und wartet noch immer auf seinen ersten Einsatz. Zunächst setzte ihn eine hartnäckige Knieverletzung außer Gefecht, anschließend Rückenprobleme und die Entzündung seiner Bauchspeicheldrüse. Während seiner Mainzer Zeit spielte er sich sogar in den Dunstkreis der Nationalmannschaft, momentan absolviert der Rechtsfuß mal wieder Reha. "Mit Prognosen, wann ich wieder ins Mannschaftstraining zurückkehren kann, bin ich sehr vorsichtig geworden", sagte Hoogland schon vor einigen Monaten. Aktuell gilt: Comeback nicht in Sicht.

Mario Eggimann (Hannover 96): Unter Mirko Slomka hat sich Hannover richtig gut entwickelt. Bislang bestätigen die 96er die starke letzte Saison und haben sich erstmal im oberen Tabellendrittel etabliert. Dort wollten die Niedersachsen schon vor drei Jahren hin. Damals verstärkte man das Team durchaus namhaft. Einer der "Big Deals": Mario Eggimann. Der Schweizer hatte sich beim KSC in den Fokus und ins Schweizer Nationalteam gespielt und kam mit großen Erwartungen nach Hannover. Erfüllen konnte er diese allerdings nie. Auf 24, 19 bzw. zwölf (Kurz-)Einsätze kam der 30-Jährige in den letzten drei Spielzeiten. In dieser Saison sind es bislang gerade mal drei, bei insgesamt 16 Minuten Spielzeit. Ein Jahr hat der Abwehrspieler nach dieser Saison noch Vertrag in Hannover - aber schon längst keine Perspektive mehr.

Fabian Schönheim (Mainz 05): Fabian Schönheim ist erst 24 Jahre alt, im Fußball hat der Abwehrspieler aber schon ziemlich viel erlebt. Mit 18 wurde er in Kaiserslautern Stammspieler in der Bundesliga und schaffte den Sprung in die U-Mannschaft des DFB. Er galt als eines der größten deutschen Abwehrtalente. Dann stieg er allerdings mit Lautern ab, verlor seinen Stammplatz und wechselte nach Wehen, wo er zunächst 2. und später 3. Liga spielte. Im Sommer holte ihn dann Mainz zurück in die Bundesliga. Coach Thomas Tuchel schwärmte: "Er ist einfach dazu prädestiniert, auf höherem Niveau zu spielen!" Bislang sieht man davon allerdings nichts. Zunächst tat er sich mit dem Sprung von der dritten in die erste Liga schwer, anschließend warfen ihn Verletzungsprobleme zurück. Derzeit spielt er überhaupt keine Rolle, weshalb in Mainz über eine Ausleihe im Winter spekuliert wird. Auf sein Bundesliga-Comeback muss Schönheim also weiter warten. Sein letzter Einsatz in der Bundesliga datiert vom 6. Mai 2006.

Sebastian Boenisch (Werder Bremen): Sein letztes Pflichtspiel bestritt Sebastian Boenisch im September 2010. Aber nicht etwa für Bremen, sondern für die A-Nationalmannschaft Polens. Einige Zeit vorher hatte sich der 24-Jährige dafür entschieden, künftig für sein Geburtsland aufzulaufen. Und natürlich will der Linksverteidiger dabei sein, wenn in seiner Heimat im kommenden Jahr die EM stattfindet. Das Problem: Boenisch ist seit über einem Jahr verletzt. Ein Knorpelschaden im rechten Knie zwang ihn zu einer langen Zwangspause. Inzwischen träumt er aber vom Comeback. "Ich kann schon ein wenig auf dem Platz machen." Doch selbst wenn das Knie hält, wird's nicht leicht für Boenisch, schließlich hat Werder mit Lukas Schmitz, Mikael Silvestre und Alex Ignjovski mittlerweile drei Spieler, durch die die Dauer-Baustelle Linksverteidigung geschlossen wurde. Gut möglich also, dass auch Boenischs nächstes Pflichtspiel für Polen ist - und nicht für Werder.

Teil 2: Kringe bis Yano

Florian Kringe (Borussia Dortmund): Auf der Jahreshauptversammlung 2007 war es aus Sicht der BVB-Fans die mit Abstand beste Nachricht: Obwohl die Borussia sportlich wie wirtschaftlich schwach daher kam, erklärte Florian Kringe unter tosendem Applaus, seinen Vertrag in Dortmund vorzeitig zu verlängern. Der 29-Jährige war damals im Mittelfeld gesetzt und bei den Fans zu einer echten Identifikationsfigur geworden. Vier Jahre, zwei Mittelfußbrüche und ein Ausleihgeschäft später hat sich Kringes Situation drastisch verändert. Dank seiner Vertragsunterzeichnung von damals ist er zwar noch immer einer der Besser-Verdiener beim BVB, von Trainer Jürgen Klopp wie von den Fans wird er allerdings überhaupt nicht mehr wahrgenommen. Fünf Spiele absolvierte er in den letzten zwei Spielzeiten für die 2. Mannschaft, bei den Profis kam er seit Mai 2009 gar nicht mehr zum Einsatz. Ende der Saison läuft sein Vertrag aus. Der gefeierte Held von 2007 wird den Verein dann verlassen. Mehr als eine Randnotiz wird diese Nachricht dann allerdings nicht mehr sein.

Romeo Castelen (Hamburger SV): Man mag es kaum glauben, aber Romeo Castelen ist mittlerweile in seiner fünften Saison als HSV-Profi. Der Niederländer kam 2007 von Feyenoord Rotterdam und mit der Empfehlung einer der besten Flügelspieler der Eredivisie gewesen zu sein. In Hamburg wartet man auf die Bestätigung noch heute. Nur 17 Bundesliga-Spiele bestritt der 28-Jährige bislang nur, weil sein Körper nicht mitspielte, wie er sollte. Immer wieder warfen ihn Knieprobleme zurück. Immerhin stand Castelen Ende September/Anfang Oktober zweimal auf dem Platz. Zuletzt musste Coach Thorsten Fink allerdings verkünden, was schon viele HSV-Trainer vor ihm verkündet hatten: "Sein Knie macht Probleme, deshalb kann er nicht voll trainieren." Vier Knie-Operationen hatte Castelen in gut vier Jahren Hamburg bereits. Eine Bilanz zum Vergessen.

Johan Audel (VfB Stuttgart): An seine Zeit in Valenciennes denkt Johan Audel gerne zurück. In seinem ersten Spiel für die Nordfranzosen gelang ihm gleich mal ein Hattrick, und in insgesamt drei Spielzeiten traf der 27-Jährige 23 Mal. Im Sommer 2010 wechselte der Franzose dann für eine durchaus üppige Ablösesumme (kolportierte 2,5 Mio.) zum VfB - und hat seitdem das Pech an den Stiefeln kleben. Nur zwei Wochen nach seinem Wechsel musste er sich einer Knöchel-OP unterziehen. Wieder genesen warf ihn eine Sprunggelenksverletzung zurück. Und als er diese auskuriert hatte, riss er sich im Dezember 2010 das Kreuzband. Mit den Folgen hat Audel noch heute zu kämpfen. Zur Rückrunde will der Linksaußen wieder angreifen - um endlich auch in Stuttgart Dinge zu erleben, an die er später gerne zurück denkt.

Thomas Kahlenberg (VfL Wolfsburg): Im Mai dieses Jahres, genauer am letzten Spieltag der vergangenen Saison, genoss Thomas Kahlenberg noch das volle Vertrauen von Felix Magath. Wolfsburgs Coach stellte den Dänen beim Spiel in Hoffenheim, in dem es für die Wölfe um den Klassenerhalt ging, in die Startelf. Kahlenberg setzte zwar keine Glanzpunkte, leistete aber dennoch seinen Beitrag zum 3:1-Erfolg und dem damit verbundenen Nichtabstieg. Nur ein paar Wochen später hatte Kahlenberg seinen Kredit bei Magath verspielt. Wolfsburgs Boss wollte den Mittelfeldspieler los werden - und der die Niedersachsen auch möglichst schnell verlassen. Weil sich das Interesse von Klubs aus England, Frankreich und der Türkei allerdings nicht konkretisierte, musste der 28-Jährige bleiben - und wurde zwischenzeitlich sogar in die 2. Mannschaft verbannt. Momentan ist Kahlenberg verletzt. Die Chancen auf Besserung seiner Situation stehen allerdings auch nach seiner Rückkehr schlecht. Wobei es bei Magath ja auch mal schnell gehen kann. Bundesliga Spielplaner - Der Tabellenrechner von SPOX.com

Alexandru Ionita (1. FC Köln): Seit der FC Lukas Podolski für viel Geld vom FC Bayern zurückholte, schnallt man den Gürtel in Köln ein bisschen enger. Im Sommer 2010 griffen die Rheinländer allerdings für ihre Verhältnisse mal wieder tief in die Tasche. Für 1,5 Millionen Euro verpflichtete man Alexandru Ionita, der in der Saison zuvor zehn Treffer für Rapid Bukarest erzielt hatte und als eines der größten rumänischen Offensiv-Talente galt. Gezeigt hat der 22-Jährige davon in Köln allerdings noch nichts. In seiner ersten Saison kam der Rumäne auf insgesamt 89 Bundesliga-Minuten, in dieser Spielzeit wartet er noch auf seinen ersten Einsatz. Den wird's so schnell wohl aber nicht geben. "Ionita hat derzeit im Training kein Bundesliga-Niveau", sagte Coach Stale Solbakken vor kurzem. Obwohl beim FC wegen Milivoje Novakovics Verletzung Bedarf im Sturm wäre, stand Ionita zuletzt nicht mal im Kader. Im Winter soll er nun ausgeliehen werden. "Natürlich würde ich gehen", sagt er selbst.

Kisho Yano (SC Freiburg): In Freiburg weiß man, dass Papiss Demba Cisse den Klub irgendwann verlassen wird. Und deshalb fahndet man schon seit langem nach einem geeigneten Nachfolger. Kisho Yano galt auch mal als Kandidat. Doch daran, dass der Japaner beim SC noch groß raus kommt, glaubt inzwischen niemand mehr. In der letzten Saison, seiner ersten in Deutschland, kam der Angreifer unter Robin Dutt noch zu beachtlichen 15 Einsätzen. Bei Marcus Sorg spielt Yano allerdings überhaupt keine Rolle mehr und wartet noch immer auf seine erste Chance. Doch meist stand der 27-Jährige noch nicht mal im Kader. Im Sommer läuft Yanos Vertrag aus. Spätestens dann wird das Kapitel Freiburg für ihn beendet sein. Und die SC-Suche nach dem Cisse-Nachfolger geht weiter...

Teil 1: Sippel bis Boenisch