Lange hatte Sebastian Rode keinen Spaß mehr am Fußball, weil ihm die Ersatzbänke von Bayern München und Borussia Dortmund oder aber sein Körper im Weg standen. Seit seiner Rückkehr zu Eintracht Frankfurt im vergangenen Januar blüht der Abgeschriebene wieder auf. Dass das nicht nur ihm selbst gut tut, wurde spätestens beim Europa-League-Coup der Hessen gegen Benfica Lissabon deutlich.
Sebastian Rode wollte die ganze Welt umarmen. Von "Endorphinen", von Glückshormonen, begann der große Held des nächsten Frankfurter Streichs in der Europa League nach der großen Hüpfparty vor der Nordwestkurve zu erzählen. So, als hätte er auf dem Weg in die Katakomben noch eine Tafel Schokolade aus seinem Stutzen gezogen und vernascht. Die war nach diesem Abend aber gar nicht notwendig.
Sein Tor zum 2:0, das die Eintracht erstmals seit 1980 wieder in ein Europapokal-Halbfinale hievte, reichte ihm schon, um den Journalisten mit einem breiten Grinsen zu begegnen.
Rode: Erster Eintracht-Treffer nach fünfeinhalb Jahren
Es sei schließlich "ein sehr wichtiges Tor" gewesen, stellte Rode fest. "Ich bin unglaublich glücklich." Einen besseren Zeitpunkt als die 67. Minute im Rückspiel gegen Benfica Lissabon hätte er sich für seinen ersten Eintracht-Treffer nach etwas mehr als fünfeinhalb Jahren wahrhaftig nicht aussuchen können.
Letztmals hatte der defensive Mittelfeldspieler am 4. August 2013 in der ersten Runde des DFB-Pokals gegen den FV Illertissen getroffen. "Der war so gewollt", sagte Rode hinterher lachend über seinen alles andere als wuchtigen, aber präzisen Schuss aus 16 Metern ins rechte untere Eck, "ich konnte es selbst kaum glauben, als der rein ging."
Für gewöhnlich ist Rode ja für die Drecksarbeit im Spiel ohne Ball zuständig. Da ihm gegen die Portugiesen auch das einmal mehr ausgesprochen gut, wenn auch mit der einen oder anderen Eigenartigkeit wie seinem "Flugkopftackling" in der Schlussphase gelang, war er neben dem emsigen Filip Kostic und dem französischen Martin Hinteregger, Simon Falette, der beste Spieler der Hessen.
Eine derartige Leistung hätten Rode im Januar, als ihn die Eintracht auf Leihbasis vom BVB loseiste, wohl nur die wenigsten zugetraut. Reichlich Skepsis machte sich ob der körperlichen Probleme des 28-Jährigen in den vergangenen Jahren breit - selbst unter den Anhängern der SGE. Schließlich hatte der 28-Jährige bei seinen vorherigen Klubs öfter den Physiotherapeuten einen Besuch abgestattet oder die Bank gewärmt als auf dem Platz gestanden.
Rode durch seine Leistungen ein Publikumsliebling
Es sind aber eben manchmal diese nicht auf Anhieb zu erwartenden Fügungen, die Fußball so besonders machen. Im Fall Rodes hat das womöglich gar nicht so viel mit Fußball zu tun, sondern mit dem, was ihn neben dem Rasen umgibt. Es liegt nahe, dass sie ihm in München und in Dortmund nicht das geborgene Umfeld bieten konnten, das ihm sein Herzensklub aus dem Herzen von Europa bieten kann. Die Eintracht ist für den nahe Darmstadt aufgewachsenen Rode auch ein Stückchen Heimat, ein Stückchen Zuneigung, ein Stückchen Liebe. Sie setzt Endorphine in ihm frei. Die Fans lieben ihn.
"Ich erlebe alles unglaublich intensiv. Ich bin froh, dass ich wieder auf dem Platz stehen kann, dass ich verletzungsfrei bin, dass ich das Vertrauen des Trainers, des Vereins und der ganzen Region hier habe. Ich denke, das sieht man auf dem Platz", sagte er nach seinem besten Spiel seit seiner Rückkehr an den Main. Seine Kollegen freuten sich mit ihm. "Bei der Besprechung vor dem Spiel habe ich noch kurz mit ihm gesprochen und gesagt, dass er zwei Tore machen soll. Mit dem einen kann ich aber auch gut leben", meinte Danny da Costa auf Nachfrage von SPOX und Goal augenzwinkernd.
Rode sei "ein super Typ", der seine Sache "vom ersten Tag an überragend" mache. "Ich hatte nie das Gefühl, dass dem Seb die Spielpraxis fehlt", sagte da Costa. Anderenfalls wäre der von vielen Abgeschriebene jetzt auch nicht so wichtig für die Eintracht.