Nach dem 3:2 seines BVB bei Eintracht Frankfurt in Wildwestmanier freut sich Trainer Marco Rose über die Haltung seiner Spieler. Erling Haaland scheint richtig Lust auf die Rückrunde zu haben und Oliver Glasner müsste bei seiner Kritik auch sich selbst meinen. Drei Erkenntnisse zum Spiel.
Die Haltung macht's
Jahrelang haben sie sich in Dortmund gegen die Infragestellung ihrer Mentalität gewehrt. Doch in genauso regelmäßigen Abständen, wie Marco Reus und andere in mehr oder weniger deftigen Variationen "Basta!" riefen, stellte sich nach kaum zu erklärenden Dortmunder Niederlagen nur doch wieder die M-Frage - auch unter Dortmunder Spielern und Trainern.
Marco Rose könnte die Debatte nun - mit Hilfe seiner Mannschaft - auf eine listige Art beendet haben. "Wir haben kein Problem mit dem Thema Einstellung. Sondern es geht um Haltung und das ist ein bisschen was anderes", dozierte Rose in der Medienrunde vor dem 18. Spieltag. Weiß er doch ganz genau, dass Mentalität nicht nur, aber vor allem in Fußballdeutsch oftmals gleichgesetzt wird mit einer ganz bestimmten Einstellung.
"Das Thema, das wir uns vorgenommen haben für dieses Jahr ist Haltung. Bei uns zu bleiben, weiter an uns zu glauben, den Fokus hochzuhalten und nicht zu resignieren, weil wir 2:0 zurückliegen. Das haben die Jungs sehr gut gemacht", sagte er in der Pressekonferenz nach dem 3:2 bei Eintracht Frankfurt.
Unmittelbar nach dem Schlusspfiff hatte er bei Sky gesagt: "Nach dem Anschlusstreffer war der Glaube wieder da und dass wir das Spiel gedreht haben, sollte den Jungs zeigen, dass sich das Thema Haltung sehr lohnt. Bei diesem Thema fordere ich auch Nachhaltigkeit."
BVB: Schon zehn Punkte nach Rückständen
Nun ist es sicher nicht so, dass der Spielverlauf - starker Beginn, den Gegner durch eigene Fehler zwei Tore machen lassen, 0:2-Rückstand hinterherrennen, den Torschützen zum 1:2 einwechseln, mit zwei Toren in der Schlussphase das Spiel drehen - genau so in Roses Matchplan stand und ganz sicher wollen weder Rose, noch seine Spieler im weiteren Saisonverlauf öfters 0:2-Rückständen hinterherlaufen. Vor allem nicht, um den Nachweis ihrer kompetitiven Geisteshaltung zu erbringen. Dafür sind solche Spiele zu anstrengend, so "geil emotional" (Mats Hummels) die Siege dann auch sein mögen.
Aber: Dortmund holte in dieser Saison auswärts bereits zehn Punkte nach Rückstanden, mehr waren es beim BVB mit 13 zuletzt in der kompletten Meistersaison 2011/12. Die Haltung seiner Spieler scheint generell in die richtige Richtung zu gehen. Wenn sie jetzt noch die viel zu einfachen Gegentore abstellen würden.
Dass die Geisteshaltung, die Rose meint, streng genommen nur ein Synonym von Mentalität ist, muss der BVB-Coach ja Marco Reus nicht sagen.
BVB: Haaland hat wieder Bock
In der Torschützenliste wuchs der Rückstand von Erling Haaland (13 Saisontore) auf Robert Lewandowski auf sieben Treffer. Doch Haalands Anteil am 3:2 des BVB gegen Frankfurt war auch ohne einen eigenen Treffer des Norwegers enorm.
Haalands direkte Vorlage zum 1:2 war seine fünfte in dieser Saison - damit ist er der erfolgreichste Assistgeber des BVB. Seine sechs Torschüsse im Spiel sind ebenfalls Spitze. Doch auch an den beiden übrigen BVB-Treffern war Haaland beteiligt. Vor dem 2:2 verlor er den Ball abschlussbereit an Tuta, dessen Klärungsversuch bei Thomas Meunier landete und so zu dessen Flanke auf Jude Bellingham führte. Auch vor dem 3:2 verlor er den Ball; allerdings hatte er zuvor durch seinen Sprint drei Frankfurter gebunden und so erst den Platz für Mo Dahoud und seinen herrlichen Schlenzer geschaffen. Vor allem diese Szene zeigte die Bedeutung Haalands für das Offensivspiel des BVB.
Solche altruistischen Aktionen macht ein Torjäger lieber, wenn er generell gut drauf ist. Nach den letzten Spielen der Hinrunde war viel und völlig zu Recht über Haalands irritierende vermeintliche Teilnahms- und Lustlosigkeit beim 2:3 bei Hertha BSC und seine einsame Ehrenrunde nach dem schmeichelhaften 3:0 gegen Greuther Fürth geschrieben worden.
Dass Haaland nach dem 2:2 mit Martin Hinteregger aneinandergeriet, diesen als "F...ing idiot!" bezeichnete, weil er vom Österreicher ins Tornetz geschubst worden war und er sich nach dem 3:2 eine Rangelei mit Frankfurts Doppeltorschützen Rafael Borre lieferte, war alles, nur nicht teilnahmslos.
Einen eher lustlosen Haaland auf Egotrip kann sich der BVB in der Tat auch kurzfristig nicht leisten. Gut zu wissen, dass die Ego-Vermutungen offensichtlich zu früh kamen.
BVB: Die kommenden Spiele der Borussia
Datum | Wettbewerb | Gegner |
Freitag, 14.01., 20.30 Uhr | Bundesliga | SC Freiburg (Heim) |
Dienstag, 18.01., 20.45 Uhr | DFB-Pokal | FC St. Pauli (Auswärts) |
Samstag, 22.01., 15.30 Uhr | Bundesliga | TSG Hoffenheim (Auswärts) |
Sonntag, 06.02., 15.30 Uhr | Bundesliga | Bayer Leverkusen (Heim) |
Glasner behebt mit seinen Wechseln die Passivität nicht
Frankfurts Trainer monierte zu Recht die zunehmende Passivität seiner Mannschaft nach 60 Minuten. Aber Glasner tat auch nicht viel dafür, um diese zu beheben.
Dass er den aktiven Offensivmann Jesper Lindström in der 66. Minute für Sam Lammers herunter nahm, könnte auch mit Lindströms Gesundheitszustand zusammenhängen; Lindström (geboostert) hatte sich in Corona-Isolation befunden und erst kurz vor dem Spiel freitesten können.
Dass Lammers nach dem Spiel von einigen Eintracht-Anhängern mit einem Shitstorm überzogen wurde - "So eine Flasche. Nicht zum anschauen. Stolperclown" gehörte noch zu den harmloseren Kommentaren - war völlig drüber. Aber überzeugen konnte Lammers mit seinen acht Ballkontakten jetzt auch nicht gerade. Der Niederländer war deutlich passiver als Lindström und versprühte keinerlei Torgefahr.
Die anderen Glasner-Wechsel sprachen auch nicht gerade dafür, dass der Coach seine Mannschaft aufrütteln wollte: Der Wechsel von Kristijan Jakic für Sebastian Rode in der 66. Minute war positionsgetreu, Makoto Hasebe für Daichi Kamada in der 79. sogar eher ein Zeichen, das 2:1 verwalten zu wollen. Und Goncalo Pacienca für Ajdin Hrustic in der Nachspielzeit war ein Wechsel aus der Kategorie Verzweiflungstat: das 2:3 war bereits gefallen.
Zugegeben: Die Eintracht-Bank war wegen zweier Coronafälle im Team und Ayman Barkoks Afrika-Cup-Teilnahme nicht total üppig besetzt, aber Impulse setzte der Trainer eben auch nicht gerade.