Aller Anfang ist schwer, auch für Eugen Polanski. Im Sommer wechselte der Mittelfeld-Mann von Borussia Mönchengladbach zum FC Getafe in die spanische Liga. Dort drohte ihn dasselbe Schicksal zu ereilen wie viele seiner deutschen Kollegen. Der Platz auf der Ersatzbank schien gesichert. Doch vor allem in den vergangenen Spielen konnte Polanski mit starken Auftritten glänzen und sich einen Stammplatz erkämpfen.
Im SPOX-Interview spricht der 22-Jährige über die großen Spiele gegen Real und Barca, seine deutschen Kollegen in Spanien, die Nicht-Nominierung für die U21 und seinen Rat an Marko Marin.
SPOX: Herr Polanski, Sie haben gerade Real Madrid mit 3:1 geschlagen, kann man da überhaupt noch unbehelligt durch die Stadt gehen?
Eugen Polanski: Ja, ja, das ist kein Problem. Man wird dort schon erkannt, aber nicht nur wegen des einen Spiels.
SPOX: Was bedeutet Ihnen der Sieg gegen Real?
Polanski: Es ist schon etwas anderes gegen Real zu gewinnen, als gegen irgendeinen kleineren Gegner. Natürlich gibt es nur drei Punkte, aber das Spiel bleibt einem in Erinnerung.
SPOX: Getafe war klar überlegen. Waren Sie überrascht, dass Real so schwach war?
Polanski: Was heißt so schwach? Wir waren an diesem Tag so stark. Wir haben unsere beste Saisonleistung abgeliefert, defensiv sehr gut gearbeitet und offensiv unsere individuelle Klasse ausgespielt.
SPOX: Sie selbst haben nur den Pfosten getroffen...
Polanski: Ein Tor gegen Real hätte mir schon sehr viel bedeutet - noch dazu wäre es mein erstes in der Primera Division gewesen. Das hätte man bis in alle Ewigkeit erzählen können. So kann man nur erzählen, dass man den Pfosten getroffen hat.
SPOX: Leider haben das Spiel nur 11.000 Zuschauer im Stadion miterlebt. Was war da los?
Polanski: Die Karten waren sehr, sehr teuer. Selbst die Dauerkartenbesitzer mussten noch 30 Euro draufzahlen. Außerdem war es ziemlich kalt und das Spiel lief auch im Fernsehen, da bleibt der Spanier schon mal zuhause.
SPOX: Die Woche zuvor haben Sie in Barcelona 1:1 gespielt. Wie war das Erlebnis Camp Nou?
Polanski: Das war schon beeindruckend, in diesem Stadion gegen diese Stars zu spielen. Ein Traum für jeden Fußballer. Aber während des Spiels denkt man nicht darüber nach.
SPOX: Waren Sie froh, dass Messi nicht gespielt hat?
Polanski: Nein. Denn ich denke nicht, dass wir verloren hätten, wenn er dabei gewesen wäre.
SPOX: Nach dem Spiel wurden Sie von der spanischen Presse sehr gelobt und bekamen die Note 1. Sind Sie endgültig in Getafe angekommen?
Polanski: Ich denke schon. Ich habe zwar am Anfang nicht oft gespielt, aber das lag daran, dass ich mich im Abschlusstraining vor dem ersten Spiel verletzt habe. Der Trainer hat in dieser Zeit aber viel mit mir gesprochen, mir meine Perspektiven und Aufgaben erklärt und mir meinen Stellenwert in der Mannschaft klar gemacht. Mit Kurzeinsätzen wollte er mir dann die Möglichkeit geben, mich an die spanische Liga zu gewöhnen und anzupassen. Das ist mir mittlerweile gut gelungen, ich habe meine Chance genutzt und will jetzt meinen Stammplatz verteidigen.
SPOX: Also haben Sie Ihren Wechsel zwischendurch nie bereut?
Polanski: Nein, überhaupt nicht. Aber noch ist es zu früh, zu sagen, dass es die richtige Entscheidung war. Ich will erstmal die komplette Saison abwarten und dann kann man sagen, ob es der richtige Schritt war, oder nicht.
SPOX: Was war ausschlaggebend dafür, dass Sie in die Stammelf gefunden haben?
Polanski: Die Spanier sind offensiv und technisch sehr stark und haben eher Schwächen in der Defensive. Ich versuche, das Spiel in der Defensive zu ordnen und als Bindeglied zur Offensive zu fungieren. Das gelingt mir im Moment ganz gut und das ist genau mein Spiel.
SPOX: Wo liegen die Unterschiede zwischen der Bundesliga und der Primera Division?
Polanski: In Deutschland steht das Physische mehr im Vordergrund, es geht viel mehr um läuferische Fähigkeiten und das Zweikampfverhalten. Deshalb wirkt das Spiel auch manchmal schneller, wobei das Tempo in der Primera Division schon sehr hoch ist. Aufgefallen ist mir auch, dass die Spieler technisch insgesamt stärker sind.
SPOX: Christoph Metzelder, Timo Hildebrand und David Odonkor haben die Umstellung im Gegensatz zu Ihnen nicht geschafft. Liegt das auch daran, dass Sie bei einem kleineren Verein spielen?
Polanski: Das spielt sicher eine Rolle. Metzelder hat bei Real große Konkurrenz, obwohl ich glaube, dass er die Klasse hat, sich einen Stammplatz zu erkämpfen. Bei Hildebrand weiß ich nicht genau, warum er nicht spielt. Da geht es wohl nicht nur um sportliche Dinge. Und Odonkor hat immer mit Verletzungen zu kämpfen und kommt deshalb nicht in Tritt.
SPOX: Bei Ihnen ging es umso schneller. Haben Sie sich schon in Madrid eingelebt?
Polanski: Es war natürlich eine Umstellung, aber Madrid ist eine sehr schöne Stadt. Das Wetter ist meistens besser als in Deutschland, nur der Verkehr ist brutal hier.
SPOX: Da ging es in Gladbach schon beschaulicher zu. Haben Sie noch Kontakte zum alten Verein?
Polanski: Ich bin ja noch nicht lange weg. Da kenne ich die meisten Spieler und Verantwortlichen noch. Ich hoffe auch, dass der Kontakt nach Gladbach nicht abreißt, weil das eine Herzensangelegenheit ist.
SPOX: Bei Gladbach dreht sich im Moment alles um Marko Marin. Wechselgerüchte überall. Was würden Sie ihm aus Ihrer Erfahrung raten?
Polanski: Seine Situation kann man mit meiner nur schwer vergleichen. Er ist mit 19 Jahren schon A-Nationalspieler und da klopfen die großen Vereine an. Aber ich glaube, dass er sich bei Gladbach gut entwickeln könnte - wenn sie in der ersten Liga bleiben.
SPOX: Die Borussia hat ja schon reagiert und Jos Luhukay durch Hans Meyer ersetzt. Schafft er den Klassenerhalt?
Polanski: Ich denke schon. Auch wenn er bisher nur wenig Zeit hatte, hat er bereits einen kleinen Umbruch eingeleitet und einige Veränderungen vorgenommen. Wenn sie bis zur Winterpause den Abstand halten, Hans Meyer die Vorbereitung durchzieht und sich die Mannschaft auf den Trainer einstellen kann, dann wird die Borussia den Klassenerhalt schaffen.
Wie geht's für Polanski in Getafe weiter? Jetzt auch unterwegs top-informiert sein!
SPOX: Ihr Kumpel Marvin Compper hat ein halbes Jahr vor Ihnen den gleichen Schritt gemacht und Gladbach verlassen, jetzt ist er A-Nationalspieler. Haben Sie ihm gratuliert?
Polanski: Ich habe ihm eine SMS geschrieben, aber ich weiß nicht, ob er die bekommen hat. Bis jetzt hat er sich noch nicht gemeldet. Aber es freut mich für ihn. Er ist ein gutes Beispiel dafür, was alles passieren kann, wenn man an sich arbeitet, an sich glaubt und das nötige Glück hat.
SPOX: In der A-Nationalmannschaft hat Joachim Löw einen Umbruch eingeleitet. Auf der Sechserposition wird der Nachfolger von Torsten Frings gesucht. Beobachten Sie die Entwicklung und rechnen Sie sich Chancen aus?
Polanski: Natürlich beobachtet man das. Hoffnungen mache ich mir im Moment nicht. Aber ich weiß, wenn ich an mir arbeite und meine Leistung bringe, wird es von selbst kommen. Im Moment habe ich aber noch viel Luft nach oben und es kann nicht alles so schnell gehen.
SPOX: Ihre Nationalmannschaftskarriere liegt im Moment auf Eis. Für das U-21-Länderspiel gegen Italien wurden Sie nicht nominiert. Können Sie uns aufklären warum?
Polanski: Nein, leider nicht. Ich war auch überrascht, dass ich nicht dabei war.
SPOX: Vom DFB hat also keiner mit Ihnen gesprochen?
Polanski: Nein, ich war in den Play-off-Spielen gegen Frankreich noch dabei, dann kam der Trainerwechsel und bis jetzt habe ich noch nichts vom neuen Trainer gehört. Ich warte auf seinen Anruf.
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