Bekommt Hansi Flick seine Chance als Bayern-Chefcoach oder ist er nur ein Platzhalter für eine Wunschlösung zur neuen Saison? Und was ist mit Mourinho, Allegri und Rangnick? SPOX und Goal zeigen die Chancen der Trainerkandidaten.
Die entscheidende Frage kam ziemlich schnell: Ob er darum kämpfen werde, eine Dauerlösung beim FC Bayern zu werden, wurde Hansi Flick bei seiner ersten Pressekonferenz als Interimscoach am Dienstag gefragt.
"Ich kann mir vieles vorstellen", sagte der 54-Jährige nur, und ergänzte dann, dass ihn im Moment weder die Vergangenheit noch die Zukunft interessierten: "Die Gegenwart ist für mich entscheidend".
Die Rückendeckung der Bosse hat er jedenfalls. "Hansi Flick genießt unser Vertrauen und ich denke, dass er genau der richtige Mann ist", erklärte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge. Und FCB-Präsident Uli Hoeneß meinte mit Blick auf das erste Spiel nach der Länderspielpause am 23. November bei Fortuna Düsseldorf: "Ich gehe davon aus, dass bis dahin Klarheit herrscht, wie es mit der Trainerfrage weitergeht."
Gelingt Flick in den nächsten beiden Spielen gegen Olympiakos Piräus in der Champions League am Mittwoch sowie am Samstag in der Bundesliga gegen Borussia Dortmund mit dem taumelnden Rekordmeister die Wende, dann könnte er noch länger Cheftrainer bleiben.
SPOX und Goal geben eine Übersicht über die Aussichten der potenziellen Kandidaten.
Die Übergangs-Lösungen: Flick, Wenger
Nach Informationen von SPOX und Goal schließt die Bayern-Führung nicht aus, dass Flick zumindest bis zur Winterpause weitermachen darf - Erfolg natürlich vorausgesetzt. Dann bliebe den Münchnern mehr Zeit bei der Trainersuche und sie könnten überlegen, ob sie Flick zusammen mit Assistent und Bayern-Urgestein Hermann Gerland sogar bis Saisonende den Job auf der Kommandobrücke zutrauen.
Skeptiker halten Flick allerdings aufgrund seiner fehlenden Erfahrung in der ersten Reihe - zuletzt arbeitete er 2005 als Chefcoach beim damaligen Regionalligisten 1899 Hoffenheim - für ungeeignet, auf Dauer als Bayern-Trainer tätig zu sein. Wenn die FCB-Führung aber nur einen Platzhalter bis Saisonende sucht, werden viele prominente Kandidaten abwinken.
Der einzige, der angeblich sofort auch für ein gutes halbes Jahr zur Verfügung stünde, ist Ex-Arsenal-Coach Arsene Wenger. Der 70-jährige Elsässer, der fließend Deutsch spricht, will sein Können nach eigener Aussage nochmal unbedingt bei einem Topklub unter Beweis stellen ("Der Hunger ist immer noch da"). Ein deutscher Übergangs-Trainer wie etwa der im Sommer beim VfL Wolfsburg freiwillig ausgeschiedene Bruno Labbadia, immerhin einst Stürmer beim FC Bayern, kommt dagegen wohl nur im Notfall in Frage.
Die Zukunfts-Lösungen: Ten Hag, Tuchel, Pochettino
Flick oder Wenger könnten den Trainerstuhl warm halten für einen der drei als Wunschlösung gehandelten Kandidaten, die aber alle aktuell noch unter Vertrag stehen und daher wohl frühestens zur neuen Saison in Frage kämen: Erik ten Hag, Thomas Tuchel oder Mauricio Pochettino.
Ten Hag stellte zwar am Montag klar, dass er bis Saisonende bei Ajax Amsterdam bleiben werde, für die Zukunft allerdings hat sich der ehemalige Coach der Bayern-Amateure offen für eine Rückkehr gezeigt. Und auch Ajax-Sportchef Marc Overmars erklärte kürzlich, dass man den 49-Jährigen beim Angebot eines großen Vereins kaum halten könne.
Tuchel soll bereits nach der Entlassung von Carlo Ancelotti vor rund zwei Jahren Rummenigges Wunschkandidat gewesen sein, als man sich letztlich für Jupp Heynckes entschied. Auch vor der vorzeitigen Verlängerung seines Vertrags bei PSG bis 2021 Ende Mai soll es Kontakte zwischen Tuchel und Bayern gegeben haben. Gut möglich, dass die Pariser Bosse dem Ex-Dortmunder keine Steine in den Weg legen, wenn er auch diese Saison mit seinem Starensemble in der Champions League scheitern sollte.
Der frühere BVB-Trainer gab am Dienstag jedoch zu verstehen: "Ich bin nicht interessiert, PSG zu verlassen. Ich habe noch einen Vertrag und kann nicht eine Minute einen Gedanken an einen anderen Klub verschwenden."
Bei Pochettino deutet nach fünfeinhalb Jahren bei den Tottenham Hotspurs vieles auf ein Ende der Ära des Argentiniers hin, dessen Team in der Liga nach bisher schwacher Saison aktuell nur Elfter ist. Das generelle Interesse von Bayern-Sportdirektor Hasan Salihamidzic ist bekannt, beim Audi Cup im Sommer gab es einen intensiven Austausch. Pochettinos großer Nachteil: Er spricht kein Deutsch.
Die Sofort-Lösungen: Allegri, Mourinho, Rangnick
Neben Wenger wären drei größere Namen sofort verfügbar, alle haben aber auch gewichtige Defizite: Massimiliano Allegri, Jose Mourinho und Ralf Rangnick. Wesentliches Argument gegen Allegri ist wie bei Pochettino die Sprache, denn der 52-Jährige beherrscht weder Deutsch noch Englisch. Daher erscheint ein Wechsel in die Bundesliga eher unwahrscheinlich, auch wenn die fachlichen Qualitäten des Ex-Meistercoachs von Juventus Turin unbestritten sind und Rummenigge ihn angeblich favorisieren soll.
Mourinho hingegen, der einst selbst seine fehlenden Sprachkenntnisse als entscheidenden Punkt gegen einen Schritt nach Deutschland nannte, lernt "The Special One" laut eigener Aussage seit einiger Zeit intensiv Deutsch. Auch als Typ wäre der 56 Jahre alte Portugiese sicher eine Bereicherung für die Liga und seine Erfolge (u.a. zweimaliger Gewinn der Champions League) sprechen ebenfalls für sich. Nur war Mourinhos letzte Station bei Manchester United sportlich ein Fiasko, zudem gelten sein defensiver Spielstil und seine oft herrische Art gegenüber Medien und Spielern als womöglich entscheidender Nachteil.
Rangnick hätte zwar keine Probleme mit der Verständigung und seine taktische Herangehensweise könnte gut zum Münchner Luxuskader passen. Zudem will der 61-Jährige angeblich nochmal ein Spitzenteam trainieren und war zuletzt auch bei Manchester United im Gespräch. Allerdings soll nicht nur Hoeneß Vorbehalte gegen den oftmals als "Professor" geschmähten Schwaben haben, auch im Verein und vor allem in der Mannschaft gibt es nach Informationen von SPOX und Goal große Vorbehalte gegen den derzeitigen Head of Sport and Development Soccer von Red Bull.
Der Außenseiter: Xabi Alonso
Als Geheimfavorit wird aktuell ein früherer Mittelfeldstratege der Bayern gehandelt: Xabi Alonso. Rummenigge lobte den Spanier kürzlich in höchsten Tönen und erklärte: "Meiner Meinung müssen wir uns bemühen, dass er irgendwann nach München zurückkehrt."
Doch scheint der Zeitpunkt zu früh für den erst 37-Jährigen, der momentan die zweite Mannschaft seines Heimatklubs Real Sociedad San Sebastian in der zweiten spanischen Liga trainiert. Der Schritt wäre vermutlich aus Münchner Sicht zu mutig, nachdem gerade erst der Versuch mit dem als Trainer relativ unerfahrenen Niko Kovac krachend gescheitert ist.
Die Spiele des FC Bayern bis zur Winterpause
Datum | Uhrzeit | Wettbewerb | Gegner |
6. November | 21 Uhr | Champions League | Olympiakos Piräus (H) |
9. November | 18.30 Uhr | Bundesliga | Borussia Dortmund (H) |
23. November | 15.30 Uhr | Bundesliga | Fortuna Düsseldorf (A) |
26. November | 21 Uhr | Champions League | Roter Stern Belgrad (A) |
30. November | 18.30 Uhr | Bundesliga | Bayer Leverkusen (H) |
7. Dezember | 15.30 Uhr | Bundesliga | Borussia Mönchengladbach (A) |
11. Dezember | 21 Uhr | Champions League | Tottenham Hotspur (H) |
14. Dezember | 15.30 Uhr | Bundesliga | Werder Bremen (H) |
18. Dezember | 20.30 Uhr | Bundesliga | SC Freiburg (A) |
21. Dezember | 15.30 Uhr | Bundesliga | VfL Wolfsburg (H) |