FC Bayern – Fünf Fragen zum Interesse an Sadio Mane: Ist der Lewandowski-Ersatz schon gefunden?

Fatih Demireli
30. Mai 202209:00
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Der FC Bayern zeigt konkretes Interesse an Sadio Mane vom FC Liverpool. Der Senegalese hat seinem Klub offenbar schon mitgeteilt, dass er die Reds verlassen will. Das wirft Fragen auf: Warum will er weg? Warum ist der FCB interessiert? Und was würde das für Robert Lewandowski bedeuten? SPOX klärt auf.

Früher, in guten alten Zeiten, sind die Verträge der Fußballer abgelaufen. Man saß dann irgendwann zusammen, der Verein nannte eine Zahl und der Spieler unterschrieb die Verlängerung. Gefiel ihm die Summe nicht oder hatte er andere Gründe, den Klub zu verlassen, wurde er gegen eine Ablöse verkauft.

Man hatte weder als Spieler und schon gar nicht als Verein eine Eile. Seit Bosman ist es anders, und inzwischen hat sich das Phänomen durchgesetzt, dass man sogar weit ein Jahr vor Vertragsende in Panik gerät, wenn eine Verlängerung noch nicht unterschrieben wurde. Wie berechtigt das ist, sieht man aktuell beim FC Bayern. Robert Lewandowski hat noch 13 Monate Vertrag, aber die Münchener Bosse müssen jeden Tag erklären, dass der Weltklassestürmer bleibt, obwohl dieser gehen will.

Während man von der Lewandowski-Geschichte und dem Interesse des FC Barcelona sichtlich genervt ist, formieren sich die Bayern selbst seit geraumer Zeit, um die verzwickte Situation eines Spielers mit Vertragsende 2023 für sich zu nutzen: Sadio Mane.

Der 30 Jahre alte Senegalese will wie Lewandowski ein Jahr vor Vertragsende seinen Klub FC Liverpool verlassen. Als aussichtsreicher Kandidat für einen Kauf gilt der FC Bayern, wenn Liverpool natürlich verkauft. Als Ablöse wird eine Summe unter 50 Millionen Euro erwartet.

Nun stellen sich ein paar Fragen, die beantwortet werden müssen. Die erste wäre...

Warum will Sadio Mane den FC Liverpool verlassen?

Seit sechs Jahren spielt Sadio Mane beim FC Liverpool. Er gilt als die wichtigste Figur in der Transformation der Reds zum Klopp-Fußball. Mane kam wegen Klopp zum FC Liverpool und warf sogar eine Einigung mit Manchester United weg, weil der Deutsche sich persönlich so sehr dafür einsetzte, dass der Transfer, den er schon zu Dortmunder Zeiten tätigen wollte, über die Bühne geht.

Da war es sogar okay für Mane, dass er auf seiner Wunschposition nicht spielen durfte. In einem Telefonat erklärte der Senegalese Klopp, dass er gerne auf der linken Seite spielen würde. "Er sagte dann: 'Aber Coutinho spielt links!' Dann meinte ich, kein Problem, dann spiele ich rechts." Als dann Mohamed Salah kam und Coutinho zum FC Barcelona wechselte, wanderte Mane dann doch nach links.

Als nun im Winter Luis Diaz für 47 Millionen Euro vom FC Porto verpflichtet wurde, übernahm der Kolumbianer die linke Seite - und Mane rückte ins Zentrum. Ohne Nebengeräusche, ohne öffentliche Debatte. Aber nun ist es für Mane wohl an der Zeit, mit 30 Jahren noch einmal zu wechseln, um woanders als Superstar seine eigene Geschichte zu schreiben.

Nicht mehr der Spieler zu sein, der einfach überall funktioniert und vom Trainer hin- und hergeschoben wird, weil ein neuer Star gekommen ist. Nicht, dass das für Mane ein Problem ist - aber dass der Angreifer in der Gunst des Klubs nicht die primäre Rolle einnimmt, sah man bei der Reihenfolge der Vertragsgespräche. Seit einer gefühlten Ewigkeit spricht der Klub mit den Beratern von Mohamed Salah über einen neuen Vertrag. Salahs Kontrakt überstrahlt alles.

Mit Mane sprach der Klub erst deutlich später. Zu hören ist, dass finanzielle Aspekte nicht so sehr im Vordergrund stehen, wobei die im Vergleich zu den anderen Topteams der Premier League eher vorsichtige Vorgehensweise der Liverpool-Bosse Mane die Gewissheit geben, dass es keinen Megasprung geben wird, der ihm den Kopf verdrehen könnte. Dass er offenbar bereit ist, beim FC Bayern einem Jahresbruttogehalt von 15 Millionen Euro zuzustimmen, ist ein Indiz dafür, dass es hier tatsächlich um eine neue Herausforderung geht, die ihm wohl auch der FC Bayern bieten kann.

Sadio Mane: Seine Statistiken beim FC Liverpool

PflichtspieleToreVorlagenPlatzverweiseTitel
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Warum will der FC Bayern Sadio Mane verpflichten?

Als die Gerüchte um Sadio Mane erstmals auftauchten, konnte man damit zunächst nichts anfangen. Der FC Bayern hat mit Kingsley Coman, Serge Gnabry und Leroy Sane drei überragende Außenbahnspieler. Dazu ein Jamal Musiala, der diese Rolle ausfüllen kann. Warum also noch Mane? Doch inzwischen erscheint das Interesse deutlich sinnvoller.

Da ist zum einen die Situation um Serge Gnabry, mit dem FC Bayern im Schatten von Robert Lewandowski ebenfalls seit Monaten verhandelt, ohne ein Ergebnis erzielt zu haben. Der sportliche Wert des Nationalspielers ist über alle Zweifel erhaben, aber verlängert Gnabry nicht, ist er 2023 ablösefrei. Das ist nach David Alaba, Jerome Boateng, Niklas Süle und vielleicht auch Robert Lewandowski ein Ding der Unmöglichkeit. Womöglich verkaufen die Bayern, wenn es einen zahlungskräftigen Interessenten für einen sofortigen Transfer gibt.

Da passt es ganz gut, dass die Berateragentur ROOF mit Sitz in Grünwald bei München sowohl Gnabry als auch Mane zu ihren Klienten zählt. Es wäre keine Überraschung, hätte die Agentur Mane und das Interesse an einer neuen Herausforderung ins Spiel gebracht, als es bei Gnabry nicht voranging. Das Gehalt, für das Gnabry nicht verlängern will, ist für Mane offenbar okay.

Allerdings entwickelte sich Mane beim FC Liverpool in der zweiten Saisonhälfte auch zu einer Nummer 9. Wie man im Champions-League-Finale gegen Real Madrid sah, auch durchaus mit Durchschlagskraft, obwohl seine Statur alles andere als einen klassischen Stürmer darstellt. 23 Tore schoss Mane in 51 Pflichtspielen der laufenden Saison. Das ist keine Lewandowski-Quote, aber eine, auf der man aufbauen kann, wenn man das Spiel so gestaltet.

"Sadio ist eine Maschine", sagte Jürgen Klopp vor gar nicht allzu langer Zeit: "Seine Körperlichkeit ist brutal. Ich mag seine Mischung aus Technik, Leidenschaft und Körperlichkeit. Fantastisch, ein Weltklassespieler."

Es heißt immer wieder, dass sich Julian Nagelsmann ein Spiel ohne klassischen Stürmer vorstellen kann. Wie er es in Leipzig mal mit Dani Olmo oder Emil Forsberg probiert hatte.

Ob er damit gegen die DNA des FC Bayern verstoßen und sich damit Probleme einhandelt, muss man sehen. Aber klar ist, dass Mane für dieses Vorhaben die optimale Lösung wäre - und vielleicht wäre das schon der Lewandowski-Ersatz.

Könnten beide den FC Bayern verlassen: Robert Lewandowski und Serge Gnabry.getty

Welche Alternativen hat Sadio Mane noch?

Seitdem klar ist, dass Mane auf den Markt kommt bzw. dass er gewillt ist, den Verein zu verlassen, werden die üblichen Verdächtigen auf der Matte stehen. Wer 120 Tore in 269 Toren für den FC Liverpool erzielt und dazu noch 48 Tore auflegt und dann durchblicken lässt, einen Tapetenwechsel anzustreben, wird mehr als einen Interessenten haben.

Paris Saint-Germain, Juventus Turin, Inter Mailand, FC Barcelona und Co. werden genannt. So richtig Sinn im Gesamtpaket machen eigentlich nur die beiden italienischen Klubs. PSG vielleicht nach dem Abgang von Angel Di Maria auch, aber Mane hat den Anspruch immer zu spielen und würde sich mit der Di-Maria-Rolle nicht zufriedengeben. Juventus sucht eine Verstärkung für die Offensive, hat aber offenbar auch Interesse an Mane-Kollege Mohamed Salah. Der FC Barcelona ist an Lewandowski dran.

Einen Wechsel innerhalb der Premier League wird es mit ziemlicher Sicherheit nicht geben, weil Mane offenbar Probleme damit hätte, gegen seinen LFC zu spielen. Sollte sich kein völlig überraschender Interessent melden, scheint der FC Bayern in der favorisierten Rolle über einen Mane-Kauf zu sein.

Welche Folgen hätte ein Mane-Transfer für die Bundesliga?

Auch wenn es viele immer noch nicht wahrhaben wollen, ist die Bundesliga fast zu einem Ausbildungsbetrieb der anderen Topligen und insbesondere der Premier League verkommen. Die absoluten Topstars kommen nicht mehr in die Bundesliga. Man bildet sie entweder selbst aus oder sie sind vornehmlich noch beim FC Bayern von früher übergeblieben.

Sollte nach Erling Haaland auch Robert Lewandowski die Bundesliga in diesem Sommer verlassen, wäre das für deutsche Eliteklasse mehr als bitter. "Es finden im Fußball Entwicklungen statt, die mir große Sorgen bereiten", sagte Karl-Heinz Rummenigge am Sonntag bei Bild TV und fuhr fort: "Wie will ein Bundesliga-Klub, auch wenn er Bayern München heißt, da mithalten? Man stellt jetzt schon fest: In der Vermarktung vom Fußball hängen wir hinterher. Gerade im Ausland. Man muss fast beten, dass Lewandowski in der Bundesliga bleibt nach dem Abgang von Haaland. Er ist die absolute Attraktion der Liga."

In einem Szenario ohne Lewandowski wird's in der Tat etwas mau, was Spieler angeht, die selbst in den weitesten Entfernungen des Planeten noch bekannt sind. So gesehen wäre ein Transfer von Sadio Mane endlich mal wieder ein Signal in die andere Richtung. Ein Spieler, dem sehr gute Chancen auf den Ballon d'Or 2022 eingeräumt werden, wechselt in die Bundesliga. Das hätte eine Aussagekraft, dass die Bundesliga - salopp formuliert - noch nicht tot ist. Ein Mane allein würde natürlich nicht reichen, aber vielleicht findet er ja Nachahmer.

Ach ja: Und die Bayern hätten wieder ein Top-Kaliber in ihren Reihen, die die Diskrepanz zum Rest der Liga nochmal erhöhen würde.

Was würde der Transfer von Mane für Lewandowski bedeuten?

Seit dem "Basta" von Oliver Kahn sollte man eigentlich davon ausgehen, dass die Bayern Robert Lewandowski nicht verkaufen werden. Davon geht auch Rummenigge aus: "Ich glaube, dass Oliver Kahn diese benutzt hat, um zu zeigen: Die Tür ist zu, wir verkaufen ihn nicht! Ich kann mir nicht vorstellen, dass Bayern München Robert jetzt abgeben wird bei diesen Aussagen." Allerdings lässt Lewandowski, der früher gar nicht so häufig und gern mit den Medien sprach, nun keine Gelegenheit aus, um zu unterstreichen, dass er sofort weg will.

Am Sonntag sprach er am Rande der Formel 1 in Monaco über seinen Wechselwunsch. Auf die Aussagen von Kahn, Hasan Salihamidzic und Co. ging der Angreifer überhaupt erst nicht ein - er geht davon aus, dass es noch ein Schlupfloch für einen Abgang gibt. Sicherlich ist dies auch eine Strategie aus dem Hause Pini Zahavi, der selbst zuletzt auch zu Hörer griff, um die Fragen deutscher Medien zu beantworten und filterlos über die Gespräche erzählte.

Dass nun Interesse an Mane besteht, wird man auch bei der Lewandowski-Seite registrieren. Womöglich könnte das als Anlass genutzt werden, um nochmals mit dem Wechselwunsch vorstellig zu werden. Kommen die Bayern zum Ergebnis, dass Mane als neuartiger Lewandowski-Ersatz reicht, könnte es ein Umdenken geben. Aber Stand jetzt planen die Bayern mit Lewandowski, zumal ungeachtet von Nagelsmanns Flirt mit der falschen Neun kein machbarer und adäquater Nachfolger auf dem Markt ist.

Die Quelle für die Mane-Ablöse wäre dann auch eher Gnabry als Lewandowski, der sich wohl auf ein weiteres Jahr beim FC Bayern bereit machen kann.