Er denkt an einen Metzelder-Transfer und fahndet nach einem Stürmer: Saragossa-Boss Gerhard Poschner muss Real vor dem Absturz bewahren - und einen neuen Chefcoach suchen. Im Interview spricht der Generaldirektor des spanischen Traditionsvereins über das schwere erste Halbjahr, Lohn-Sharing mit dem FC Bayern und die fieberhafte Suche nach Maulwürfen.
SPOX: Bernd Schuster wurde am Dienstag 50 Jahre alt. Haben Sie ein Geburtstagsgeschenk für Ihn gekauft?
Gerhard Poschner: Nein, das habe ich verschwitzt (lacht).
SPOX: Dabei planen Sie doch, ihn als neuen Trainer von Saragossa einzustellen.
Poschner: Nein, da ist nichts mehr dran. Es war mal ein Thema, aber es hat sich erledigt.
SPOX: Weil Schuster nicht wollte? Oder weil Saragossa nicht wollte?
Poschner: Das Thema Schuster hat sich erledigt. Mehr möchte ich nicht dazu sagen.
SPOX: Zuletzt galten auch der bei Panathinaikos Athen entlassene Henk ten Cate und der ehemalige spanische Nationaltrainer Luis Aragones als Kandidaten. Wird es einer von Ihnen?
Poschner: Wir haben unseren Kreis an möglichen Namen sehr eingeengt - und beide gehören nicht dazu. Wir werden die Entscheidung im Laufe dieser Woche bekanntgeben. Es könnte auch sein, dass Jose Aurelio Gay...
SPOX: ... der von der Reserveelf zum Interims-Chefcoach befördert wurde und das erste Spiel gleich mit 0:6 bei Real Madrid verlor...
Poschner: ... weiter unser Trainer bleibt.
SPOX: Der geschasste Marcelino gilt als einer der besten Trainer Spaniens, dennoch agierte er in Saragossa dieses Jahr erfolglos. Es heißt, Sie waren mit der von ihm vertretenen eher defensiven Ausrichtung unzufrieden.
Poschner: Es ist relativ egal, ob dem Generaldirektor die Art des Fußballs gefällt oder nicht. Entscheidend sind die Ergebnisse. Schauen Sie sich die Tabelle an, dann wissen Sie, was nicht stimmt. Zumal Marcelino uns keine Aussicht auf Besserung gemacht hat. Die Resultate waren niederschmetternd, und das ist keine Geschmackssache.
SPOX: Vor allem die Abwehr sorgt für Kopfzerbrechen. 35 Gegentore bedeuten Liga-Minuswert. Stimmt es, dass Saragossa den alternden Abwehrchef Roberto Ayala abgeben will?
Poschner: Über Spieler, die bei uns aktuell einen Vertrag besitzen, haben wir noch keine endgültige Entscheidung getroffen, wen wir halten und wen wir weggeben wollen. Daher möchte ich nichts zur Personalie Ayala sagen. Fakt ist nur, dass wir Ausschau halten nach neuen Spielern. Ich kann Ihnen garantieren, dass sich der Kader verändern wird.
SPOX: Könnte womöglich Christoph Metzelder, der bei Real Madrid auch nach Pepes Kreuzbandriss nur Reservist ist, der neue Abwehrchef von Saragossa sein?
Poschner: Christoph Metzelder nehme ich mit Kusshand. Er verkörpert Extraklasse. Für mich ist er nach wie vor ein Top-Innenverteidiger und er würde uns gut tun. Aber er spielt in einer anderen Liga.
SPOX: Meinen Sie sportlich oder finanziell?
Poschner: Finanziell geht die Chance momentan gegen null, einen Spieler zu verpflichten, der bei Real Madrid vom Gehalt her auf einem anderen Niveau spielt.
SPOX: Aber es gibt schon Gedankenspiele?
Poschner: Natürlich. Ich kenne Christoph persönlich, privat wie auch als Spieler. Daher liegt es auf der Hand, dass ich an ihn denke. Allerdings gehe ich derzeit nicht davon aus, dass es klappt. Aber es ist Weihnachten und vielleicht geht der Wunsch ja in Erfüllung.
SPOX: Auch im Sturm hat Saragossa Nachholbedarf. Wie wäre es mit Luca Toni, den die Bayern gratis ausleihen würden?
Poschner: Den nehmen wir sehr gerne. Aber nur, wenn die Bayern einen Teil des Gehalts übernehmen würden. Luca Toni können wir uns momentan eigentlich nicht leisten.
SPOX: Als ehemaliger Spielerberater kennen Sie den Markt in Deutschland bestens. Daher ein weiterer Name: Halil Altintop, international bekannter Stürmer, den Schalke gerne abgeben würde.
Poschner: In den letzten Jahren ist es - warum auch immer - nicht so gut für ihn gelaufen. Aber Halil hat zweifelsohne seine Qualitäten. Es sind derzeit viele gute Stürmer auf dem Markt, die interessant sein könnten. Ich muss aber betonen, dass ich am Ende zwar die Hauptverantwortung für Transfers trage, die Suche nach neuen Spielern gehört aber zum Tagesgeschäft von Sportdirektor Antonio Prieto.
SPOX: Gibt es Überlegungen, wonach Sie als Prietos Vorgesetzter mehr Einfluss auf die sportlichen Belange nehmen?
Poschner: Prieto genießt mein volles Vertrauen und wir arbeiten sehr gut zusammen. Ich bin erst fünf Monate in Amt, daher ist es normal, dass es Zeit braucht, bis die Räder ineinander greifen. Wenn ich bei den Planungen aufgrund meiner Kontakte und meiner Kenntnisse auf dem internationalen Transfermarkt helfen kann, mache ich das natürlich, aber an sich sind die Aufgaben klar verteilt.
SPOX: Sie sprechen von Ihren ersten fünf Monaten als Chef eines spanischen Traditionsvereins. Ist der Eingewöhnungsprozess beendet?
Poschner: Nein. Aus meiner Sicht muss man ein Jahr abwarten, um sagen zu können: Ich bin drin. Was mir zugute kommt: Die ersten Wochen waren zwar turbulent, aber in solchen Phasen lernt man auch am meisten und sieht viele Dinge, die man vorher so nicht geahnt hat.
SPOX: Was zum Beispiel?
Poschner: Mich hat sehr überrascht, dass vereinsinterne Informationen fast stündlich in die Medien durchsickern. Das bin ich aus Deutschland nicht gewohnt. Daher werde ich auch vehement nach den Maulwürfen suchen, damit so etwas zukünftig unterbunden wird.
SPOX: Ihr erster Coup als Generaldirektor von Saragossa war die Verpflichtung des hochtalentierten, aber als schwierig geltenden Jermaine Pennant. Doch bisher enttäuscht der Engländer, zumal er einige Trainingseinheiten wegen "privater Gründe" verpasst haben soll. Ist das Experiment gescheitert?
Poschner: Jermaine ist ein Spieler, der sehr hohe Qualitäten mitbringt, wenn er voll konzentriert bei der Sache ist. In der Vergangenheit war er es aber nicht zu hundert Prozent. Ein Beispiel sind die von Ihnen angesprochenen verpassten Trainingseinheiten. Wir haben darüber gesprochen, er hat eine Strafe bekommen und jetzt erwarten wir von ihm eine Reaktion.
SPOX: Pennant wird also nicht verkauft? Aston Villa soll an ihm interessiert sein...
Poschner: Man muss es realistisch sehen: Wir sind nicht Bayern München oder Real Madrid, die stolz sagen können, dass kein Spieler verkauft wird. Im Gegenteil: Wir haben keinen Spieler im Kader, der unverkäuflich ist. Auf gut Deutsch: Wenn ein Verein mit zehn Millionen Euro um die Ecke kommt, nehmen wir das Geld gerne an.
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