Mitten in der hitzigen Diskussion um einen Bundesliga-Neustart verstößt Hertha-Profi Salomon Kalouin einem skandalösen Video gegen sämtliche Regeln. Er liefert den Kritikern damit eine Steilvorlage, die weitreichende Folgen haben könnte. Ein Kommentar von SPOX-Chefredakteur Martin Volkmar.
Wenn man sämtliche Vorurteile über Fußballer in einem Video dokumentieren will, kann man ab jetzt das Facebook Live von Salomon Kalou von diesem Montag als Paradebeispiel hernehmen. Der Ivorer von Hertha BSC macht darin eigentlich alles, was aus guten Gründen verboten ist.
Er filmt live die Kabine der Berliner, begrüßt mehrere Teamkollegen per Handshake, platzt danach in die Tests gegen Corona - womit er gegen sämtliche Sicherheits- und Hygienevorgaben verstößt - , und zeigt obendrein gemeinsam mit Vedad Ibisevic noch lautstark sein Unverständnis für den Gehaltsverzicht von gerade mal elf Prozent.
Die beiden Routiniers sind mit rund drei Millionen Euro Jahresgehalt die Spitzenverdiener beim Bundesligisten. Nicht nur deshalb kann man erwarten, dass Ibisevic und Kalou als erfahrenste Profis in der Krise vorangehen, sich solidarisch mit den weit schlechter bezahlten Mitarbeitern zeigen und vor allem auf die Einhaltung der Gesundheitsregeln bei sich und den Mitspielern achten.
Facebook/KalouHertha BSC: Kalou-Video ist ein PR-Gau für den Verein
Stattdessen erfüllt vor allem Kalou in dem kurzen Selbstinszenierungs-Clip nahezu sämtliche Klischees eines egozentrischen Millionärs in kurzen Hosen, dem die Folgen seines Handelns völlig egal sind.
Ein PR-GAU für den Verein, der offenbar zu viel Eigenverantwortung bei seinen Angestellten vorausgesetzt hat, statt diese wie im Kindergarten zu beaufsichtigen. Letzteres wäre wohl besser gewesen, denn Kalous skandalöses Verhalten fällt auf die gesamte Bundesliga zurück und könnte in der zunehmend unversöhnlicher geführten Diskussion um eine baldige Wiederaufnahme des Spielbetriebs zu einem dramatischen Eigentor werden.
Die Kritiker werden völlig nachvollziehbar monieren, dass die Bundesligaprofis offenbar noch immer nicht verstanden haben, um was es im Moment geht: Um eine Vorbildfunktion, um den Gesundheitsschutz und um Arbeitsplätze. Denn mit diesen rund 56.000 Stellen im Profifußball, die bei einem Saisonabbruch und der möglichen Insolvenz mehrerer Klubs akut bedroht wären, hat die DFL ja immer ihr Drängen auf eine Fortsetzung der Saison begründet.
Kalous Skandal-Video: Eine drastische Bestrafung ist nutzlos
Es mag ungerecht sein, von Kalous Verhalten auf alle rund 600 Spieler in der ersten und zweiten Liga zu schließen. Andererseits ist der Fußball aber ein Querschnitt der Gesellschaft, in der vermutlich viele so denken wie der Hertha-Stürmer. Die entscheidende Frage ist also: Sind sich in der Liga wirklich alle bewusst, wie wichtig die strikte Einhaltung der Sicherheits- und Hygieneregeln ist, um von der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten am Mittwoch grünes Licht fürs Weiterspielen zu bekommen?
Selbst eine drastische Bestrafung Kalous, die am Abend in Form einer Suspendierung "mit sofortiger Wirkung" folgte, ist nutzlos, wenn sein Aussetzer nicht auch dazu führt, dass wirklich alle Beteiligten spätestens jetzt begreifen, dass solch ein Verhalten den Gegnern in die Hände spielt und im schlimmsten Fall einen Saisonabbruch und damit eine Pleitewelle in der Liga zur Folge haben kann.