Jonas Hector hat sich trotz des sehr wahrscheinlich bevorstehenden Abstiegs und guter Angebote für einen Verbleib beim 1. FC Köln entschieden und seinen Vertrag bis 2023 verlängert. Der Nationalspieler setzt damit in sportlich schwierigen Zeiten ein Ausrufezeichen, das einen Effekt auf andere Leistungsträger haben könnte. Hectors Entscheidung ist in Zeiten des Werteverfalls ein Statement für die Fußball-Romantik. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Jochen Rabe.
"Und mer jon met dir, wenn et sin muss durch et Füer, halde immer nur zo dor, FC Kölle."
Jonas Hector kennt den Text der Vereinshymne des 1. FC Köln genau. Schließlich ist er bereits seit 2010 im Verein und die Stadt ist seine zweite Heimat geworden. Dass er den Text aber nicht nur kennt, sondern auch verinnerlicht hat, bewies er mit seiner Vertragsverlängerung in dieser sportlich schwierigen Zeit. Hector hat sich entschieden, mit seinem Verein durch das Feuer der 2. Liga zu gehen.
Jonas Hector hätte zum BVB oder zum FC Bayern wechseln können
In der offiziellen Mitteilung betonte der 27-Jährige, dass es "problemlos möglich gewesen" wäre, nach der Saison zu einem anderen Klub zu wechseln. Potentielle Abnehmer hätte es genug gegeben. Zuletzt war in der Öffentlichkeit über ein Interesse des FC Bayern München und des BVB spekuliert worden.
Hector ist Stammspieler links in der Viererkette des amtierenden Weltmeisters Deutschland. Durch die Ausstiegsklausel über acht Millionen Euro in seinem Vertrag war er mit der Empfehlung von 36 A-Länderspielen ein Schnäppchen. Zumal die Position des Linksverteidigers ohnehin bei vielen Vereinen eine Baustelle ist.
Ein Wechsel schien sehr wahrscheinlich. Hectors Tränen nach der 1:2-Niederlage gegen Hertha BSC hatten viele als Tränen des Abschieds interpretiert. Es hätte auch so viele Argumente dafür gegeben: Sportliche Herausforderung, Nationalmannschaftsambitionen, mehr Geld, womöglich der Ehrgeiz, noch mehr internationale Spiele zu bestreiten.
Aber Hector entschied sich trotzdem dagegen. Stattdessen traf er die Herzensentscheidung, mit dem Effzeh in die 2. Liga zu gehen. In Zeiten des Werteverfalls, von Rekordablösesummen und Spielerstreiks ist die Vertragsverlängerung des Kölner Kapitäns ein Zeichen, dass die Fußball-Romantik doch noch lebt.
Jonas Hector tritt in die Fußstapfen von Gianluigi Buffon
Für Hector sind Geld und die Karriereleiter weniger wichtig als Identifikation.
Sein Karriereweg ist sowieso ein ungewöhnlicher. Es kommt nicht mehr häufig vor, dass es ein Spieler zum Stammspieler der Nationalmannschaft und zum Kapitän eines Bundesligisten schafft, der noch als 20-Jähriger im Amateurbereich gekickt hat. Sein Treuebekenntnis trotz anderer Möglichkeiten ist ein weiteres Kapitel dieser besonderen Karriere. Die Entscheidung zeigt Charakterstärke.
Hector war der Kapitän in der Abstiegssaison, er will das auch bei einem möglichen Wiederaufstieg sein. Er trifft damit die gleiche Entscheidung wie Gianluigi Buffon nach dem Zwangsabstieg von Juventus im Sommer 2006. Oder - mit deutscher Perspektive - wie Oliver Neuville, der 2007 nach dem Abstieg bei Borussia Mönchengladbach blieb, die Fohlen als Kapitän zur direkten Rückkehr führte und 2008 trotz eines Zweitligajahres zur EM mitfuhr.
Es gibt ähnliche Beispiele in der Vergangenheit. Doch sie werden seltener. Gerade bei so begehrten Spielern wie Hector.
Zeichen an Timo Horn und Leonardo Bittencourt?
Zudem ist es nicht so, als scheue sich Hector davor, eine sportliche Herausforderung zu suchen. Als wäre es die bequemere Variante, in seiner Komfortzone zu bleiben. Die Aufgabe, den Effzeh als Kapitän nach dieser Krisensaison direkt wieder in die Bundesliga zu führen, erfordert Courage.
Hectors Verlängerung könnte ein Signal an andere Leistungsträger im Kader sein. Timo Horn und Leonardo Bittencourt betonten in den letzten Wochen, dass sie sich einen Verbleib durchaus vorstellen, aber nichts versprechen könnten. Ehrliche und nachvollziehbare Aussagen. Es ist nicht einfach, eine so gravierende Entscheidung für die eigene Zukunft zu treffen. Vor allem wenn so viele Variablen in der Planung sind wie bei einem Abstieg.
Die sportliche Perspektive der Kölner und die Chancen auf den direkten Wiederaufstieg haben sich durch den Verbleib von Hector deutlich verbessert. Damit liefert der Kapitän der Vereinsführung ein gewichtiges Argument für die Gespräche mit seinen Kollegen.
Hector rennt nicht davon, sondern er geht voran. Durch das Feuer. Wie in der Hymne seines Effzeh besungen.
Jonas Hector: Statistiken beim 1. FC Köln
Wettbewerb | Spiele | Tore | Startelf | Gelbe Karten | ||
Bundesliga | 115 | 4 | 115 | 14 | ||
2. Bundesliga | 57 | 2 | 57 | 4 | ||
DFB-Pokal | 14 | 0 | 14 | 0 | ||
Europa League | 1 | 0 | 1 | 0 | ||
Regionalliga West | 63 | 5 | 54 | 8 |