Das WM-Qualifikationsspiel in Liechtenstein hielt für Bundestrainer Joachim Löw einige Erkenntnisse parat. Die Wichtigste: In der Mannschaft formt sich ein neues Markenzeichen.
Miss September lächelte beseelt vom Plakat, und Piotr Trochowski riskierte einen verschmitzten Blick. Die DFB-Kicker mussten auf ihrem Weg in die Mixed-Zone durch das Zimmer des Zeugwarts vom gastgebenden FC Vaduz und erspähten das sorgfältig an die Wand drapierte Geschenk des örtlichen Autohauses.
Danach wurde es eng für die Nationalspieler. Die Katakomben des Rheinpark-Stadions boten ebenso wenig Platz und Freiräume wie zuvor die elf verteidigenden Gastgeber auf dem Rasen.
Dass das Spiel eins einer zur neuen Zeitrechnung hochstilisierten WM-Qualifikation letztlich eine runde Sache wurde und mit einem seriösen 6:0-Sieg für Deutschland endete, lag unter anderem auch am starken Hamburger.
"Wir sind alle gute Fußballer"
Dementsprechend gefragt war Trochowski nachher. "Wir haben uns viele Chancen herausgespielt und in der zweiten Halbzeit auch die nötigen Tore gemacht. Und ich denke, man hat gesehen, dass wir einfach Spaß am Spielen hatten", sagte der 24-Jährige im Gespräch mit SPOX.
Mit "wir" meinte Trochowski seine Komplizen Philipp Lahm und Lukas Podolski, die wie schon im Testspiel gegen Belgien die linke Angriffsseite zum Markenzeichen dieser DFB-Elf machten.
"Wir sind alle gute Fußballer, Straßenfußballer. Unsere linke Seite hat sehr gut funktioniert", sagte Trochowski. Für das Spiel gegen einen allenfalls zweitklassigen Gegner war es eine einfache, aber doch sehr richtige Einschätzung.
Fehlende Sicherheit im Verein
Bundestrainer Joachim Löw freute sich für Trochowski, der bei der EM ja zum Trainings-Trotsche mutiert war und keine einzige Minute Einsatzzeit vorweisen konnte. "Er setzt jetzt endlich das um, was er in den Trainingseinheiten angedeutet hat."
In einem viel stärkeren Maß als die WM 2006 hat die EM 2008 einen Wendepunkt in der Nationalmannschaft markiert. Bisher gebar der angebliche große Umbruch vor allem die Erkenntnis, dass Deutschland eine neue Schokoladenseite hat.
Die deutsche Mannschaft in der Einzelkritik
Ein ganz entscheidender Punkt ist dabei offenbar die Tatsache, dass zwei der drei Linken im DFB-Dress jene Sicherheit erfahren, die ihnen in ihren Vereinen bisweilen etwas abgeht.
"Hier habe ich meine Einsätze"
Allen voran natürlich Podolski, der in der vergangenen Woche zum Spielball von München, Köln und sogar Real Madrid wurde - oder sich mit seinen Aussagen selbst zu einem solchem gemacht hatte.
Entsprechend genervt reagierte der Münchener auf Nachfragen nach seiner Zukunft, ließ sich aber immerhin noch entlocken: "Ich komme immer gerne zur Nationalmannschaft. Hier habe ich meine Einsätze und das Vertrauen des Trainers. Und wenn ich hier spiele, zeige ich auch meine Leistung."
Podolski war das letzte und stärkste Glied einer beeindruckenden linken Seite, die mit direktem Passspiel die kompakte Liechtensteiner Abwehr immer wieder auseinander riss.
Auf rechts wenig los
"Wir sind immer sehr zufrieden mit Lukas. Er ist beweglich, holt sich Bälle aus der Tiefe und er macht wichtige Tore", sagte Löw, der vor dem Spiel "neue Ideen" gefordert hatte - die Musterschüler von der linken Seite kreierten eine ganze Menge davon.
Wirklich neu waren die Ideen nicht, aber immerhin eine ganze Menge mehr als das, was von der rechten Seite an Impulsen ausging.
Bastian Schweinsteiger war dort noch am auffälligsten. Der Münchener fordert immer wieder den Ball. Einzig, sein Hintermann hieß leider nicht Philipp Lahm, sondern Clemens Fritz.
Fritz ohne offensive Impulse
Und der Bremer war gegen die Nummer 130 der Weltrangliste im Offensivspiel ein Totalausfall. Fritz rückte in den gesamten 90 Minuten nur dreimal energisch mit nach vorne und lieferte Schweinsteiger nicht die nötige Unterstützung, um Druck auf den Gegner ausüben zu können.
Als EM-Teilzeitkraft steht Fritz natürlich auch unter besonderer Beobachtung. Gegen Belgien und Liechtenstein konnte er seine Chance auf der rechten Verteidigerposition nicht nutzen.
Schweinsteigers Spiel litt darunter, der Ersatz-Ersatz-Kapitän wollte die Situation aber nicht überbewerten. "Ich spiele generell nicht so gerne auf der rechten Seite. Ich fühle mich da ein bisschen zu sehr gebunden."
Piotr Trochowski hatte solche Positionsprobleme am Samstag nicht. Der Hamburger feierte einen gelungenen Abend und einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung Stammplatz. Seine letzte Erklärung war ebenso schnörkellos wie sein Spiel: "Wir drei auf der linken Seite", sagte er etwas flapsig, "wir wollen einfach nur kicken."
Die Daten und Fakten zum Spiel