Lukas Rupp spielt die beste Saison seiner Karriere in Stuttgart. Im Interview spricht der 25-Jährige über den Trainerwechsel beim VfB, die besondere Bedeutung seiner Armmanschette, Kumpel Kevin Großkreutz und die Wechsel-Gerüchte um seine Teamkollegen.
SPOX: Herr Rupp, die Armmanschette, die Sie seit Ihrer Verletzung im Oktober trugen und die sinnbildlich für Ihre starke Entwicklung in den vergangenen Monaten steht, ist nicht mehr zu sehen. Verzichten Sie künftig darauf?
Lukas Rupp: Im Alltag brauche ich sie nicht mehr, beim Training habe ich sie aktuell noch an. Obwohl es für mich wesentlich besser läuft, seit ich sie trage, bin ich froh, wenn ich sie endgültig los bin. Sie hemmt und stört mich schon ein Stück weit. Auf der anderen Seite hat sie natürlich eine besondere Bedeutung für mich. Ehrlich gesagt habe ich noch gar nicht entschieden, was ich in Zukunft damit mache. Vielleicht trage ich sie auch noch eine Weile. (lacht)
SPOX: Und was haben Sie danach damit vor?
Rupp: Mal gucken, vielleicht behalte ich sie, vielleicht verschenke ich sie an die Fans oder versteigere sie für einen guten Zweck.
SPOX: Das Modell Petr Cech kommt aber nicht in Frage?
Rupp: Nein, eher nicht. (lacht) Ich hoffe, dass ich auch ohne die Manschette gute Leistungen abrufen kann.
SPOX: Auch der Trainerwechsel hatte positive Auswirkungen auf Ihre persönliche Situation, unter Alexander Zorniger waren Sie nur Ergänzungsspieler. Woher nimmt man die Motivation, sich im Training immer wieder heran zu kämpfen, obwohl meistens elf andere Namen bei der Spieltagsbesprechung genannt werden?
Rupp: Das ist keine einfache Situation. Als Fußballer will man grundsätzlich immer spielen. Gerade zu Beginn der Saison, als es nicht so gut bei uns lief, macht man sich Hoffnungen, eine Chance zu bekommen. Wenn man dann doch meist draußen sitzt, ist das enttäuschend. Aber davon darf man sich nicht runterziehen lassen. Damit muss man als Profi umgehen können und trotzdem weiter motiviert und ehrgeizig bleiben.
SPOX: Unter Jürgen Kramny waren Sie dann sofort gesetzt. Entsprechend froh waren Sie vermutlich, als man Ihn mit einem langfristigen Vertrag ausstattete?
Rupp: Für einen Spieler ist es immer gut, das Vertrauen des Trainers zu spüren, deshalb war es für mich sehr positiv, dass Jürgen Kramny geblieben ist. Dafür trifft es dann andere, es gibt in solchen Situationen immer Gewinner und Verlierer. So ist das im Sport.
SPOX: Als Kramny im November 2015 übernahm, fand er eine verunsicherte Mannschaft vor, die in den vorherigen Spielen nach Rückständen oft einbrach. Wie hat er das Team wieder in die Spur bekommen?
Rupp: Der Trainer hat zunächst gar nicht viel verändert, wir haben uns mehr auf die Defensive konzentriert und versucht, kompakter zu stehen. Wir wissen, dass wir vorne über eine gewisse Qualität verfügen und immer für ein Tor gut sind. Gleichzeitig hat der Trainer einige personelle Änderungen an der Mannschaft vorgenommen und uns wieder und wieder eingebläut, an uns zu glauben und nicht aufzugeben, auch wenn wir in Rückstand geraten.
SPOX: Wie hat sich Ihre Rolle in diesem defensiveren Grundkonzept verändert?
Rupp: Unter Alexander Zorniger standen wir höher und haben weit vorne gegen den Ball gepresst. Jetzt sind wir tiefer positioniert, wodurch die Abstände nicht so groß sind und der Weg in die Zweikämpfe nicht so lang ist. In unserer neuen Ordnung stehen wir hinten sicherer und können trotzdem gut und schnell nach vorne umschalten. Das kommt meiner Spielweise entgegen.
SPOX: In der laufenden Saison konnten Sie bereits vier Tore und sechs Vorlagen verbuchen. Haben Sie das Gefühl, in den letzten Monaten endgültig in der Bundesliga angekommen zu sein?
Rupp: Ich habe auch in Paderborn schon sehr gute Spiele gemacht und war Stammspieler. Wenn man so weit unten steht, wird das allerdings häufig nicht so richtig wahrgenommen.
SPOX: Seit dem 14. Spieltag haben Sie jedes Spiel von Anfang an gemacht, nur gegen Ihre Ex-Kollegen aus Gladbach saßen Sie zunächst draußen. Waren Sie sehr enttäuscht?
Rupp: Man ist immer enttäuscht, wenn man nicht spielt. Dass es mich ausgerechnet in diesem für mich besonderen getroffen hat, war natürlich schade. Aber wir haben viele Spieler hinten dran, die frisch waren und ebenfalls den Anspruch haben, zu spielen. Aufgrund der englischen Woche wollte der Trainer mir eine Pause gönnen.
SPOX: In Gladbach ist Ihnen der Durchbruch damals verwehrt geblieben. Dabei passten Sie mit Ihrer Polyvalenz voll in das Raster des damaligen Trainers Lucien Favre. Mit etwas Abstand: Warum denken Sie, hat es bei der Borussia nicht gepasst?
Rupp: Die Qualität in Gladbach war damals sehr hoch, trotzdem hatte ich auch meine Einsätze. Es gab Zeiten, in denen ich viel gespielt habe, und andere, in denen ich wenig oder gar nicht auf dem Platz stand. Vielleicht war der Schritt damals etwas zu früh, vielleicht hätte ich auch zu einem kleineren Verein gehen sollen. Ich bereue die Entscheidung aber auf keinen Fall.
SPOX: Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, dass Ihre Vielseitigkeit nicht nur Segen sondern auch Fluch sein könnte, weil man Sie eher als Löcherstopfer, der auf vielen Positionen aushelfen kann, wahrnimmt?
Rupp: Darüber macht man sich schon Gedanken. Wenn man nur auf einer Position spielen kann, hat man eher die Möglichkeit, sich fest- und mit den Nebenleuten einzuspielen. Wenn man sich immer wieder neu einstellen und anpassen muss, fällt das schwerer. Im Endeffekt geht es aber nicht darum, wo man am liebsten Spielen möchte, sondern wo sich Chancen auftun.
SPOX: Sie haben das Kicken beim Karlsruher SC gelernt, den eine gesunde Rivalität mit dem VfB verbindet. War es ein komisches Gefühl, das Stuttgarter Trikot zum ersten Mal anzuziehen?
Rupp: Überhaupt nicht. Für mich persönlich hat das überhaupt keine Rolle gespielt. Ich habe beim KSC in der Jugend gespielt - nicht mehr und nicht weniger.
SPOX: Viele trauen dem VfB im kommenden Jahr eine Überraschung zu. Allerdings stehen auch einige Ihrer Mitspieler wie Daniel Didavi, Filip Kostic und Timo Werner im Fokus anderer Vereine. Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass das Team zusammenbleibt?
Rupp: Erfolg und gute Leistungen wecken immer Begehrlichkeiten, das ist Teil des Geschäfts. Ich denke für den Verein ist es wichtig und gleichzeitig eine Herausforderung, solche außergewöhnlichen Spieler zu halten. Dass vor allem in England das Geld sehr locker sitzt, macht diese Aufgabe nicht gerade einfacher. Es wäre auf jeden Fall schön, wenn Sie bei uns bleiben.
SPOX: Sie haben bereits beide Situationen erlebt. Als vielversprechendes Talent verließen Sie den KSC, in Gladbach bekamen Sie mit, wie viele Leistungsträger den Verein verließen. Hat man den Ex-Kollegen gegenüber so etwas wie ein schlechtes Gewissen, oder ist man andersherum enttäuscht, wenn Spieler gehen?
Rupp: Nein, das braucht man auch wirklich nicht zu haben. Ich glaube kaum, dass die anderen Spieler umgekehrt ein schlechtes Gewissen hätten, zu gehen. Gleichzeitig bringt es auch nichts, enttäuscht zu sein oder abgehenden Spielern hinterher zu weinen. Das gehört zum Fußball einfach dazu.
SPOX: In Kevin Großkreutz wurde Ihre Mannschaft im Winter verstärkt. Wie hat er sich beim VfB vorgestellt? Was musste er machen?
Rupp: Ein richtiges Vorstellungs-Ritual gib es hier in Stuttgart gar nicht, das kannte ich noch aus Gladbach. Aber Kevin ist ein sehr lustiger und freundlicher Kerl, der sich hier sofort gut eingelebt hat.
SPOX: Großkreutz ist auch dafür bekannt, seinen Mannschaftskameraden dann und wann einen Streich zu spielen. Hat er auch in Stuttgart schon zugeschlagen?
Rupp: An etwas Konkretes kann ich mich da nicht wirklich erinnern. Und auch wenn, wäre es sicher besser, das für mich zu behalten. (lacht)
SPOX: Nach gutem Einstand fällt Großkreutz nun vermutlich bis zum Saisonende aus. Haben Sie schon mit ihm gesprochen?
Rupp: Nur kurz, er ist momentan in Dortmund zur Behandlung und schaltet bei seiner Familie etwas ab. Kevin und ich verstehen uns sehr gut, er ist mein Zimmer-Kollege. Deshalb tut es mir umso mehr Leid für ihn, er hatte sich toll reingekämpft und wir haben auf der rechten Seite gut miteinander harmoniert.
SPOX: Ihr Vertrag beim VfB geht noch bis 2018. Wie sehen Ihre kurz- und langfristigen Ziele aus? Reizt Sie eine der internationalen Ligen besonders?
Rupp: Zunächst möchte ich mich weiterentwickeln, mich in der Bundesliga etablieren und meiner Mannschaft mit guten Leistungen helfen. Über die Zeit danach habe ich mir noch gar keine wirklichen Gedanken gemacht. Die spanische Liga sagt mir auf jeden Fall sehr zu, weil sie meiner Art Fußball zu spielen, entgegenkommt. Einen festen Zeitplan gibt es allerdings nicht. Wenn es eines Tages so kommt, gerne. Es ist aber kein Muss.
SPOX: Ihr Vater spielte früher in der Handball-Bundesliga. Wie sind Sie da überhaupt zum Fußball gekommen?
Rupp: Mein Vater hat mich tatsächlich immer mit in die Halle genommen. Aber während alle mit dem kleinen Ball aufs Tor geworfen haben, habe ich mit dem großen geschossen. Das hat zwar ab und an Ärger gegeben, aber das Handballtraining war einfach nichts für mich. Beim Fußball hatte ich mehr Spaß und bin dann auch dabei geblieben. Mein Papa ist heute aber trotzdem stolz auf mich.
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