Der Mann ohne Kreuzband

Andreas Lehner
16. Dezember 200810:24
SPOXImago
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München - Im letzten Jahr überraschte der Karlsruher SC als Aufsteiger mit erfrischendem Offensivfußball, schnupperte nach der Hinrunde gar an den UEFA-Cup-Plätzen und landete am Ende sicher auf Platz 11.  

An diesem Erfolg hatte Torwart Markus Miller erheblichen Anteil. Der 25-Jährige rettete mit spektakulären Paraden den ein oder anderen Punkt und avancierte zu einem der besten Vertreter, den man in der Bundesliga zwischen den Pfosten finden konnte.   

Im SPOX-Interview spricht der KSC-Keeper über echte Typen, Vaterfreuden und Paintball zum Runterkommen.

SPOX: Herr Miller, muss ich Angst haben, wenn ich Sie nach Oliver Kahn frage?

Markus Miller: Nein, wieso?

SPOX: Weil es Sie nervt, ständig mit ihm verglichen zu werden.

Miller: Ja, das ist schon ein bisschen so. Einserseits ist es eine Ehre, mit so einem großen Torhüter verglichen zu werden. Andererseits muss ich meinen eigenen Stil finden, so dass es später heißt: "Der junge Torhüter ist wie Markus Miller".

SPOX: Aber aggressiv machen Sie diese Vergleiche nicht.

Miller: Überhaupt nicht.

SPOX: Auf dem Platz geht der Gaul aber schon mal mit Ihnen durch, wie bei der Auseinandersetzung mit Bradley Carnell nach dem Spiel in Frankfurt.

Miller: Das passiert halt, wenn man viel Druck hat und die Emotionen raus lässt. Zudem ist die Torhüterposition eine Schlüsselposition.

Man hat enorm viel Verantwortung, da man ein Spiel alleine gewinnen, aber auch alleine verlieren kann. Torwart ist eigentlich eine Sportart für sich, weil man ganz anders trainieren und dennoch die Qualität eines Feldspielers haben muss. Für diese enormen Anforderungen braucht man eben Typen - wie man so schön sagt, den verrückten Torwart.

SPOX: Beim KSC gibt es wohl mehr solcher Typen. Stichwort Prügelei im Training, Stichwort Prügelei auf dem Platz, Stichwort Maik Franz...

Miller: Man braucht Persönlichkeiten wie Maik in der Mannschaft. Aber er ist kein Spieler, der Schlägereien sucht. Das waren alles nur kleine Rangeleien. Im Profisport will jeder ins Team, da kann es schon mal krachen, ist im Normalfall aber gleich wieder vergessen.

SPOX: Auch in Ihrer Freizeit mögen Sie es aggressiv, Boxen und Paintball stehen da auf dem Programm.

SPOXMiller: Ja, ich habe einen Boxsack im Keller, auf den ich ab und zu draufhauen kann und wenn ich Zeit habe und ein paar Leute zusammen bekomme, spielen wir Paintball.

SPOX: Und was machen Sie zum Runterkommen?

Miller: Dadurch dass ich Vater geworden bin, habe ich nicht mehr so viel Zeit und habe die Intensität zurückgefahren.

Um Ruhe zu bekommen habe ich meine kleine Familie daheim, zwei wundervolle Kinder und eine klasse Frau, die sich um alles kümmert. Die Familie ist mein ruhender Pol.

SPOX: In einer Mannschaft sollte diese Ruhe ein Kapitän ausstrahlen. Beim KSC ist das nun Maik Franz. Wie füllt er diese Rolle aus?

Miller: Maik polarisiert aufgrund seiner Art und seiner Spielweise. Aber er wird seine Sache sicher gut machen. Er bringt sein Herzblut in das Amt ein.

SPOX: Hätten Sie sich auch vorstellen können, Kapitän zu werden?

Miller: Sicherlich. Ich hätte es gerne gemacht, zumal ich einer der Spieler bin, der am längsten im Profi-Kader des KSC ist. Aber es sind sowieso immer mehrere gefragt, Verantwortung zu übernehmen.

SPOX: Glaubt man einer alten Fußball-Weisheit, ist das zweite Jahr für einen Aufsteiger das schwierigste.

Miller: Ich habe mir sagen lassen, dass das statistisch gesehen nicht der Fall sei. Wir haben letztes Jahr als Aufsteiger ein super Jahr gespielt, deshalb ist die Erwartungshaltung sehr groß. Wenn man sich aber kleiner macht als das, was man schon erreicht hat, ist das ein Rückschritt. Wir wollen unsere Leistung aus dem Vorjahr bestätigen.

SPOX: Auch Sie haben sich letztes Jahr in den Vordergrund gespielt. In der Nationalmannschaft wird der Nachfolger von Jens Lehmann gesucht. Ist das ein Ziel?

Miller: Das oberste Ziel für einen jungen deutschen Fußballspieler kann nur die Nationalmannschaft sein. Wenn meine Entwicklung so weiter geht, ist das mittelfristig sicher ein Thema.

SPOX: Ihre Entwicklung wurde im Oktober 2007 durch einen Kreuzbandriss unterbrochen. Haben Sie deshalb Beschwerden?

Miller: Als Fußballer hat man ja immer irgendwelche Wehwehchen, aber das einzige, was mir keine Probleme macht, ist mein Knie.

122 Ligaspiele für den KSC! Hier geht's zum Steckbrief von Markus Miller

SPOX: Da sie sich gegen eine Operation und für eine konservative Behandlung entschieden haben, haben Sie aber kein Kreuzband mehr.

Miller: Das macht nichts. Es lebt sich trotzdem ganz normal. Ich bin auch richtig froh, dass ich mich damals für die konservative Behandlung entschieden habe. Bei einer Operation dauert es normal acht bis zwölf Monate, bis man wieder sein altes Leistungsniveau erreicht. Da wäre ich jetzt noch nicht fit. Für den Kopf war die schnelle Rückkehr enorm wichtig.

SPOX: Sie haben nur 98 Tage pausiert, auch weil Sie bei "Wunderheiler" Muhammed Khalifa waren.

Miller: Von Wunderheilung war die Rede, dabei ist er ein manueller Therapeut.

SPOX: Der was macht?

Miller: Er wendet eine Art Akupressur an, mit der er versucht, spezielle Zellen zu aktivieren. Das ist teilweise sehr schmerzhaft, dass man meinen könnte, es sei doch eine Operation. Aber er hat wirklich die Gabe, mit seinen Fingern die Heilung zu beschleunigen. Die Schulmedizin streitet sich zwar noch drüber, was es wirklich bringt, aber das ist mir egal. Das Wichtigste ist, dass ich wieder fit bin.

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