"Charakter, vorneweg zu marschieren"

Jan Höfling
15. September 201517:02
Pascal Groß hat großen Anteil am Erfolg des FC Ingolstadtimago
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Mit dem FC Ingolstadt spielt Pascal Groß für die Überraschungsmannschaft der Saison. Er selbst hat großen Anteil am Erfolg der Schanzer. Im Interview spricht der 23-Jährige über seinen steilen Aufstieg, hinzugewonnene Eigenschaften und die gemeinsame WG-Zeit mit Hakan Calhanoglu.

SPOX: Herr Groß, der FC Ingolstadt ist bisher die Überraschungsmannschaft der Saison - und das nicht zuletzt dank Ihnen. Vor allem das uneingeschränkte Vertrauen, welches Sie unter Trainer Ralph Hasenhüttl genießen, scheint dabei eine große Rolle zu spielen - stimmt das?

Pascal Groß: Das Vertrauen ist für mich unheimlich wichtig. Ich muss einfach das Gefühl haben, dass der Trainer komplett hinter mir steht - auch nach einem schlechten Spiel. Nur so kann ich zu 100 Prozent zeigen, was ich kann. Das spüre ich und deshalb kann ich es auf dem Platz auch mit Leistung zurückzahlen.

SPOX: Das war beim FCI jedoch nicht immer der Fall. Unter Vorgänger Marco Kurz beispielsweise schien diese Rückendeckung zu fehlen. Gab es Probleme?

Groß: Ich habe unter Kurz in jener Saison von neun möglichen Spielen fünf absolviert, gänzlich außen vor war ich also nicht. Klar war die Zeit nicht einfach. Herr Kurz und ich hatten nicht das beste Verhältnis, allerdings wusste ich, dass ich mich durchbeißen muss. Danach konnte ich mich wieder präsentieren, durchsetzen und Verantwortung übernehmen.

SPOX: Für viele Spieler wird eine große Verantwortung schnell zur Last...

Groß: Das ist bei mir nicht der Fall. Verantwortung ist für mich sehr wichtig. Ich bin von der Persönlichkeit her dafür geschaffen, will immer Verantwortung übernehmen. Ich habe den Charakter, um vorneweg zu marschieren.

SPOX: Ihr Weg zum Führungsspieler beim FCI verlief etwas turbulent. Sie kommen aus Mannheim, haben das Fußballspielen beim VfL Neckarau erlernt. Auch hier spielt Ihr Vater, der Sie in der Jugend trainierte und selbst Profi war, eine wichtige Rolle. Ist es ein Vorteil, wenn ein Familienmitglied an der Seitenlinie steht?

Groß: Es kommt darauf an. Einfach war die Situation für keinen der Beteiligten (lacht). Mein Vater hat jedoch von Anfang an großen Wert darauf gelegt, dass ich nicht bevorzugt werde und dies auch nach außen hin stets sehr deutlich gemacht. Das ist ihm zwar sehr gut gelungen, im Gegenzug hatte ich jedoch auch nicht immer das leichteste Leben.

SPOX: Zusammen mit Ihnen gelang gleich mehreren Spielern aus der damaligen Jugend der nächste Schritt. Inwiefern war auch dies Ihrem Vater zu verdanken?

Groß: Er hatte mit Sicherheit seinen Anteil an den Erfolgen, die wir damals hatten und an den vielen guten Spielern, die aus der Jugend hervorgingen. Mein Vater hat inzwischen bereits mit vielen Profis gearbeitet, wie unter anderem mit Marco Terrazzino, Manuel Gulde oder auch Hakan Calhanoglu, den er bei Waldhof Mannheim trainierte.

SPOX: Mit einem Augenzwinkern könnte man also von einer kleinen "Goldenen Generation" beim VfL sprechen. Für stolze sieben Spieler ging es nach Hoffenheim. Aus sportlicher Sicht bot sich Ihnen damit bereits in jungen Jahren eine große Gelegenheit, aber wie sah es auf der privaten Ebene aus?

Groß: Natürlich war es schon eine kleine Umstellung, auch wenn die Distanz nicht ganz so groß war. Ich bin deshalb zunächst bis zur elften Klasse weiter in Mannheim zur Schule gegangen. Mein Abitur habe ich dann allerdings auf dem Wilhelmi-Gymnasium in Sinsheim gemacht. Dort hat Hoffenheim mir die Möglichkeit gegeben, in einer Elite-Schule des Fußballs meinen Abschluss zu machen und gleichzeitig auf hohem Niveau - unter anderem bei den Profis unter Ralf Rangnick - zu trainieren.

SPOX: Ihr Weg schien vorgezeichnet. Im Mai 2009 gaben Sie Ihr Bundesliga-Debüt gegen den VfL Wolfsburg, danach gab es jedoch einen Bruch. War der Aufstieg für einen 17-Jährigen vielleicht doch etwas zu steil?

Groß: Im Nachhinein ist eine Beurteilung natürlich immer einfacher. Wahrscheinlich würde ich mit dem Wissen von heute zustimmen. Mir fehlte damals sowohl auf körperlicher Ebene wie auch von der Reife abseits des Platzes noch etwas zu den Spielern der ersten Liga. Das muss ich so akzeptieren. Allerdings muss man Möglichkeiten immer ergreifen, wenn sie sich einem bieten - und aus ihnen lernen.

SPOX: Talente wie Terrazzino und Sie sollen sich in Hoffenheim größtenteils selbst überlassen worden sein - vor allem bei jungen Spielern ein großes Problem. Wie haben Sie die damalige Situation erlebt?

Groß: Das kann ich so nicht bestätigen. Ich hätte ohne die große Unterstützung des Vereins meine Schule wohl nicht beenden können. Zumindest nicht, wenn ich weiterhin auf dem Platz meine Entwicklung hätte vorantreiben wollen. Dafür war das Trainingspensum einfach zu groß. Die volle Unterstützung war bei mir und auch bei Marco, der seine Ausbildung in dieser Zeit abgeschlossen hat, auf jeden Fall da. Darauf wurde seitens des Klubs großen Wert gelegt.

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SPOX: Dennoch ging es in Sinsheim für Sie nicht weiter. Es folgte der Transfer zum Karlsruher SC, bei dem Ihr Vater Stephan Groß Kultstatus hat. War der Wechsel auf gewisse Weise eine Befreiung?

Groß: Ich war froh, beim KSC beweisen zu können, dass ich mich durchaus in der zweiten Liga durchsetzen kann. Es war für mich persönlich ein enorm wichtiger Schritt zur richtigen Zeit, über den ich noch immer sehr froh bin.

SPOX: Sie gingen jedoch nicht alleine. Mit Terrazzino, der in Hoffenheim keine Perspektive hatte, gründeten Sie kurzerhand eine WG. Hat diese Ihnen den Einstieg erleichtert?

Groß: Auf jeden Fall. Ich denke, dass es immer leichter ist, wenn man an einem neuen Ort bereits Leute kennt. Wenn es sich dann auch noch um einen sehr guten Freund handelt, wird die Sache umso einfacher. Ein schneller Einstieg ist immer hilfreich.

SPOX: Zwei junge Profis, eine WG - wie darf man sich das Zusammenleben denn so vorstellen?

Groß: Ganz ehrlich? Es herrschte schon öfters Chaos - immerhin war es für Marco und mich die erste eigene Wohnung. Zudem ist nach einem halben Jahr ja noch Hakan Calhanoglu in die WG gezogen, was allerdings auch nicht wirklich zur Verbesserung der Lage geführt hat (lacht).

SPOX: Dennoch schwärmt Calhanoglu noch heute von der gemeinsamen Zeit...

Groß: Die Chemie stimmte ohne Frage, allerdings musste ich meine beiden Mitbewohner schon hier und da etwas motivieren, damit alles im Rahmen blieb und wir uns alle wohlfühlen konnten. Das hat jedoch im Endeffekt ganz gut hingehauen.

SPOX: Calhanoglu wurden nach seinem erzwungenen Wechsel zu Bayer 04 Leverkusen einige negative Eigenschaften nachgesagt. Wie haben Sie ihn erlebt und gibt es noch Kontakt?

Groß: Der Kontakt besteht in der Tat noch, wenn auch nicht ganz so häufig wie früher. Hakan ist ein super Junge, ich persönlich kann jedenfalls nur Gutes über ihn sagen. Ich habe ihn privat immer als sehr netten und hilfsbereiten Menschen wahrgenommen. Zum Rest kann ich nichts sagen, dazu fehlt mir der nötige Einblick.

SPOX: Dann zurück zum KSC. Sie kamen zwar zu Einsatzzeiten und konnten sich entwickeln, am Ende stand für den Verein jedoch der Abstieg - und damit auch für Sie. Macht man sich nach solchen Rückschlägen nicht irgendwann Gedanken, ob der eingeschlagene Weg der richtige ist?

Groß: Für mich gab es zu keiner Zeit Überlegungen in diese Richtung. Ich hatte damals eine ordentliche Saison gespielt und wusste auch, dass ich mich trotz des Abstiegs sowohl menschlich als auch spielerisch weiterentwickelt hatte. Ich wollte den Weg unbedingt weiter gehen und das hat zum Glück auch gut geklappt.

SPOX: Dieser führte Sie bekanntlich nach Ingolstadt. Wie kam es eigentlich dazu?

Groß: Großen Anteil daran hatte der damalige Trainer Tomas Oral, der mich in Mannheim persönlich aufsuchte. Nach intensiven Gesprächen war für mich klar, dass der FCI der richtige Schritt ist. Die Perspektive stimmte. SPOX

SPOX: Gab es keine Überlegungen, es erneut in der Bundesliga zu versuchen?

Groß: Es gab mehrere Anfragen - auch aus Liga eins. Ich habe mir alles sehr genau angehört und mir den nächsten Schritt sehr gut überlegt. Die Entscheidung fiel bewusst für Ingolstadt und damit auch für die zweite Liga. Ich bin jung, will immer spielen. Erfahrungen zu sammeln, ist ein wichtiger Faktor für mich.

SPOX: Das gelingt aktuell bestens. Sie sagen selbst, dass Sie noch jung sind - wohin soll der Weg für Sie führen?

Groß: Mein persönliches Ziel ist und bleibt ganz klar, dass ich mich in der ersten Liga genauso durchsetzen will, wie ich es in der zweiten getan habe. Mein Traum wäre es natürlich, das mit Ingolstadt zu schaffen.

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Pascal Groß im Steckbrief