Der Prozess-Beschleuniger

Andreas Lehner
11. Juli 201322:08
Thiago Alcantara und Pep Guardiola kennen sich bereits aus Barcelonagetty
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Pep Guardiola hat sein Interesse an Thiago Alcantara vom FC Barcelona bestätigt. Was würde ein Transfer für den FC Bayern bedeuten und was ist Thiago für ein Spielertyp?

SPOXspoxStille. Ein seltener Moment auf einer Pressekonferenz, noch dazu, wenn gerade der Trainer des FC Bayern spricht. Pep Guardiola hat mit einem kurzen "Ja" aber für einen Moment des Staunens gesorgt. Überraschend offen bestätigte der Trainer am Donnerstag im Trainingslager im Trentino sein Interesse an Thiago Alcantara vom FC Barcelona.

Auch der neben Guardiola sitzende Mediendirektor des FC Bayern Markus Hörwick schmunzelte über die erstaunten Gesichter im Plenum, er war offensichtlich über die Pläne seines Trainers informiert.

Diese Ehrlichkeit ist eher unüblich in der Branche. Meistens flüchten sich die Verantwortlichen in Phrasen oder Umschreibungen, solch klare Ansagen sind eher die Ausnahme. Und hatte nicht Karl-Heinz Rummenigge mit einer kleinen Einschränkung ("Do the unexpected") am Dienstag an gleicher Stelle gesagt: "Wir planen keine weiteren Transfers."

"Ich habe Matthias und Kalle um diesen Spieler gebeten. Ich weiß aber nicht, was jetzt passiert", sagte Guardiola. "Wir brauchen Thiago. Es kommt Thiago oder kein anderer Spieler zu Bayern. Er ist ein super, super Spieler."

Spanischen und italienischen Medienberichten zufolge soll sich Thiago schon für einen Wechsel nach München und zu Guardiola entschieden haben. Der 22-jährige Mittelfeldspieler soll ein Angebot von Manchester United abgelehnt haben, weil er zum FC Bayern will. Dazu passt, dass Rummenigge angeblich bereits Kontakt mit Barca-Präsident Sandro Rosell aufgenommen hat.

Der Preis für Thiago wäre überschaubar. Aufgrund seiner geringen Einsatzzeit in der abgelaufenen Saison soll die festgeschriebene Ablösesumme von 90 vorübergehend auf 18 Millionen Euro gefallen sein.

Sein Abschied vom FC Barcelona scheint beschlossene Sache. "Kein Spieler möchte Barcelona verlassen. Das passiert nur, wenn die Spieler riechen, dass sie in der nächsten Saison zu wenig spielen. Mit Neymar ist ein großer Spieler nach Barcelona gewechselt. Thiago will spielen und bei Barcelona wären die Chancen schlechter", sagte Guardiola.

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Seite 2: Was ist Thiago für ein Spielertyp?

Seite 3: Was plant Guardiola mit Thiago?

Seite 4: Was heißt das für den Konkurrenzkampf?

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Was ist Thiago Alcantara für ein Spielertyp?

Thiago gab sein Debüt in der Primera Division am 17. Mai 2009 im Alter von 18 Jahren, als er bei der 1:2-Niederlage bei RCD Mallorca am 36. Spieltag für Eidur Gudjohnsen eingewechselt wurde. Seit Beginn seiner Profikarriere wird er als Nachfolger von Barcas Superhirn Xavi gehandelt.

Er sollte den mittlerweile 33-Jährigen als Taktgeber des Barca-Spiels ablösen, so wie Xavi einst Guardiola selbst beerbte. Doch sein Weg könnte ein anderer sein.

Bemerkenswert ist die Vielseitigkeit von Thiago. Er kann im Mittelfeld im Prinzip auf jeder Position eingesetzt werden. "Er kann auf der Sechs, der Acht, der Zehn, der Sieben und der Elf spielen", sagte Guardiola.

Als potenzieller Xavi-Erbe ist seine bevorzugte Position aber die Acht, dort kann er seine Stärken am besten entfalten und dort absolvierte er auch für Barca die meisten Spiele. Bei der U-21-Europameisterschaft Anfang Juni wurde er auf dieser Position zum besten Spieler des Turniers gewählt. Thiago erzielte im Endspiel gegen Italien drei Tore.

Der Kapitän der spanischen U 21 besitzt das nötige strategische Potenzial, um im Mittelfeld das Spiel zu gestalten und zu dominieren. Er ist technisch perfekt, hat ein herausragendes Passspiel und bewegt sich sehr geschmeidig.

"Er ist ein sehr guter Arbeiter, er ist stark im Kopf und er ist gut im Eins gegen eins als Mittelfeldspieler oder Stürmer", sagte Guardiola. Manchmal fehlt ihm aber noch die Geradlinigkeit im Spiel, der eine oder andere Schnörkel weniger würde ihm gut tun.

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Was plant Guardiola mit Thiago?

Dass Pep ihn unbedingt will, ist kein Wunder. Schließlich ist Thiago ein Kind von Barcas Jugendakademie La Masia, er kennt Guardiolas Ideen aus dem Effeff. Eine Verpflichtung von Thiago würde Guardiola sicher helfen, seine Ideen schneller auf die Mannschaft zu übertragen.

Immer wieder berichtet Guardiola davon, dass er seine Vorstellungen in die Köpfe der Spieler implantieren möchte, dieser Vorgang aber Zeit brauche. Thiago wäre sozusagen ein Prozess-Beschleuniger.

"Er ist der einzige Spieler, den ich Kalle und Matthias vorgeschlagen habe", sagte Guardiola. Nicht Götze, Thiago ist also sein absoluter Wunschspieler. "Wir brauchen seine Qualitäten und seine speziellen Eigenschaften im Mittelfeld."

Obwohl Guardiola bei seinem Antritt gesagt hat, er habe Bayern aufgrund der vorhandenen Spielern gewählt, scheint ihm irgendeine Komponente in seinem aktuellen Kader zu fehlen. Guardiolas Aussagen ließen darauf schließen, dass er Thiago eine feste Rolle geben würde, falls dieser denn kommt.

In Barcelona seien seine Chancen zu spielen geringer als in München. In der vergangenen Saison absolvierte Thiago immerhin 27 Spiele in der Primera Division, wurde dabei aber auch zwölf Mal eingewechselt. In der Champions League brachte er es nur auf zwei Einsätze.

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Was heißt das für den Konkurrenzkampf im Kader?

Schon jetzt hat der FC Bayern ein stattliches Angebot von defensiven und offensiven Mittelfeldspielern im Kader. Fast jeder davon hat den Anspruch, in der ersten Elf zu stehen. Die Verpflichtung von Thiago würde diesen Konkurrenzkampf noch verschärfen.

Für Guardiola kein Problem. "Ich habe mein Konzept mit Kalle und Matthias besprochen. Sie wissen, warum ich diesen Spieler will." Außerdem sei man in sechs Wettbewerben (Bundesliga, Champions League, DFB-Pokal, Klub-WM, europäischer Supercup, deutscher Supercup) vertreten, da werde es genügend Einsatzzeiten für alle Spieler geben.

Die Bayern haben vor allem für die offensiven Mittelfeldpositionen schon jetzt ein qualitativ und quantitativ ausreichendes Angebot. Mit Franck Ribery, Arjen Robben, Thomas Müller, Toni Kroos, Xherdan Shaqiri und Mario Götze stehen sechs Spieler für drei bis vier Positionen zur Verfügung.

Im defensiven Mittelfeld ist die Besetzung dagegen überschaubar. Den defensiv denkenden Spielern Javi Martinez und Luiz Gustavo steht mit Bastian Schweinsteiger nur ein Spielgestalter gegenüber. Hier wäre mit Thiago eine Ergänzung durchaus sinnvoll. Auch falls sich Schweinsteiger in ein, zwei Jahren seinen Traum vom Ausland doch noch erfüllen möchte.

Auf der anderen Seite drängen in diesem Bereich mit Pierre-Emile Hojbjerg und Emre Can zwei Spieler aus dem eigenen Nachwuchs in die Mannschaft. Zumindest die Entwicklungsmöglichkeiten von einem der beiden Jungstars würden damit eingeschränkt werden.

Allerdings spricht einiges dafür, dass Guardiola mit Javi Martinez vornehmlich als Innenverteidiger plant. Der teuerste Transfer der Vereinsgeschichte musste in der Nationalmannschaft zuletzt sogar als Stürmer ran und spielte bei Athletic Bilbao oft in der Abwehr. Damals unter Marcelo Bielsa, einem guten Freund und Lehrmeister Guardiolas.

Die Möglichkeiten der Bayern würden mit einem Transfer von Thiago noch einmal ansteigen, Guardiola ist ein Fan von Mittelfeldspielern. Im Extremfall scheint selbst ein fluides 3-7-0-Gebilde mit Thiago, Schweinsteiger, Kroos, Müller, Ribery, Robben und Götze möglich.

Die Einsatzzeiten der echten Stürmer Mario Mandzukic und Claudio Pizarro würden sich damit deutlich reduzieren, wobei auch der Peruaner als spielstarker Stürmer in diese Formation passen würde.

Klar ist bisher nur eins: Das 4-2-3-1-System der letzten Jahre ist nicht mehr die einzige Option der Münchner. Die Gegner werden sich in jedem Spiel auf mehrere Varianten vorbereiten und einstellen müssen.

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Thiago Alcantara im Steckbrief