Borussia Dortmund steht unmittelbar vor der Verpflichtung von Pierre-Emerick Aubameyang. Der Gabuner wirkt von außen wie ein extrovertierter Paradiesvogel, ist aber im Herzen ein Vollprofi - und auf dem Platz eine Waffe. Aubameyang hat viele Facetten, doch oft wird er auf eine reduziert.
In der Ekstase des Torjubels sind nur wenige Spieler berechenbar. Manche rennen im Wahn der Euphorie vogelwild über den Rasen, bis sie eingefangen werden. Andere sinken erleichtert zu Boden. Und wiederum andere strecken die Arme zum Himmel und schicken Dank nach ganz oben. Alles tausendmal geschehen.
Doch hin und wieder wird der Torjubel selbst zum Ereignis, bisweilen sogar zum Markenzeichen. Nachzufragen bei Mario Balotelli, Miroslav Klose oder: Pierre-Emerick Aubameyang.
Seinen Treffer gegen Stade Rennes im Oktober 2012 sollte so schnell keiner mehr vergessen. Zwar war sein Drehschuss ins linke Eck durchaus ansehnlich, doch das eigentliche Spektakel folgte erst danach. Kaum war die Kugel im Netz eingeschlagen, spazierte Aubameyang zielsicher zur Bande hinter dem gegnerischen Tor. Dort kramte er eine bereitgelegte Spiderman-Maske hervor, setzte sie auf und turnte mit eingeübter Tobey-Maguire-Gestik über den Rasen. Die Show war perfekt. Und sie sollte lange in Erinnerung bleiben.
spoxPflegeleicht statt Pflegefall
Seitdem sein Wechsel zum BVB zuletzt immer näher gerückt war, beschäftigt sich auch die breite Masse der deutschen Fußball-Fans mit der Personalie Aubameyang. Seine Spiderman-Einlage steht dabei oft im Vordergrund. Ebenso wie die wilde Frisur, sein neongrüner Aston Martin DB9 oder die Anekdote von den mit 4000 Swarowski-Kristallen besetzten Fußballschuhen.
Aus alledem wird gerne vorschnell das Bild eines extrovertierten Paradiesvogels gezeichnet, dessen Hauptaugenmerk seiner Außendarstellung gilt. Doch hinter der Fassade steckt ein ganz anderer Mensch.
"Ja, er trägt verrückte Frisuren, dicke Sonnenbrillen und Kopfhörer. Aber charakterlich ist er ganz anders", verriet Afrika-Experte Lutz Pfannenstiel gegenüber den "Ruhrnachrichten". In Wahrheit sei der Gabuner ein "sehr pflegeleichter, ruhiger und sachlicher Profi". Egoismen? Eskapaden? Fehlanzeige.
Das kommt auch bei den Mitspielern gut an. Bei St. Etienne gilt der 24-Jährige als äußerst beliebt. Über sein auffälliges Äußeres wurde dabei hinweggesehen. "Er ist definitiv ein Bling-Bling-Typ", bestätigte Teamkollege Joshua Guilavogui, "aber als Person ist er extrem großherzig. Er hat das Herz am rechten Fleck."
Von der Mitte nach außen
Auch weil Aubameyang weiß, wie er seine Stärken möglichst mannschaftsdienlich einbringt. So meckerte er beispielsweise nicht, als er in Folge der Brandao-Verpflichtung von Coach Christophe Galtier auf die eigentlich ungeliebte Außenbahn abgeschoben wurde.
Aubameyang fügte sich - mit erfreulichem Resultat: "Der Wechsel von der Mitte nach Außen war gut für mich. Ich habe gelernt, einen anderen Spielstil zu adaptieren und aus verschiedenen Positionen zu treffen. Jetzt bin ich ein kompletterer und reiferer Spieler", so der Gabuner gegenüber "whoscored.com".
Auch die Statistik zeigt: Trotz einer Neigung zur Selbstdarstellung ist Aubameyang auf dem Rasen kein Egoist. Zusätzlich zu seinen 19 Toren in der vergangenen Saison lieferte er beeindruckende 14 Vorlagen. Dabei gehören Flanken keinesfalls zu den Stärken des Außenstürmers Aubameyang. Doch er hat andere Waffen. Waffen, die ihn einzigartig und brandgefährlich zugleich machen.
Bewegungen wie ein Windhund
Sein großes Alleinstellungsmerkmal dürfte vor allem den Fans der gängigen Konsolenspiele bereits geläufig sein: Aubameyang ist schnell - verdammt schnell! Bemerkt man als Gegenspieler seinen Antritt nicht, wird es eng. Antizipiert man seinen Laufweg nicht rechtzeitig, ist er kaum zu stoppen. Muss man gegen ihn ins Laufduell, ist es längst zu spät.
"Seine Bewegungen erinnern mich an einen Windhund", schwärmt Pfannenstiel. Und auch Aubameyangs Ex-Nationalcoach Gernot Rohr ist fasziniert: "Er ist wohl der schnellste Spieler, den der Fußball derzeit zu bieten hat", sagte er gegenüber "Sport Bild online".
Im Zusammenspiel mit seiner hervorragenden Athletik und der ausgezeichneten Ballbehandlung macht ihn seine Antrittsstärke zu einem Vorzeige-Konterstürmer. Doch auch abseits vom schnellen Umschaltspiel strahlt Aubameyang stets Gefahr aus: "Er ist für seine Gegenspieler nur schwer zu greifen, weil er sich manchmal bis tief in die eigene Hälfte fallen lässt, um von dort in die Spitze zu stoßen", erklärt Pfannenstiel.
"Würde perfekt zum Spielstil von Klopp passen"
Als solcher Spielertyp könnte er für den BVB zu einer echten Bereicherung werden. Sei es als Lewandowski-Ersatz in der Zentrale, als Ergänzung zu Lewy auf der Außenbahn oder gar als hängende Spitze wie in der Nationalelf: Aubameyang könnte Dortmunds Spiel mehr Variabilität verleihen. Er selbst ist von seinen Allrounder-Qualitäten ohnehin überzeugt: "Ich mache auf jeder Position meine Tore."
Dass er sich gut ins Spiel der Schwarz-Gelben einfügen kann, steht für ihn ebenfalls außer Frage. Schon im Mai verriet er: "Ich habe viele Spiele von Dortmund gesehen und ich liebe ihre Art zu spielen. Meine Eigenschaften würden perfekt zum Spielstil von Jürgen Klopp passen."
Seine eigene Spielweise bezeichnete der 24-Jährige einst als "instinktiv - und ein bisschen verrückt".
Doch seine verrückte Seite wurde mittlerweile zur Genüge thematisiert.
Pierre-Emerick Aubameyang im Steckbrief