Der FC Villarreal könnte es noch bereuen, dass Manuel Neuers Reklamierarm nicht noch öfter zum Entschuldigungsarm beim Sieg gegen Bayern München wurde, der FC Chelsea rutscht bedenklich ab und Weltfußballer darf momentan nur einer werden. Das Power Ranking nach den Viertelfinal-Hinspielen der Champions League.
Platz 8 (war 8.): Benfica Lissabon
Hätte ich dieses Power Ranking vor Beginn des Viertelfinals tippen müssen, Benfica oder Villarreal hätten sich ganz unkreativ um diesen achten Platz duelliert. Nach dem 1:3 gegen den FC Liverpool findet sich nun Portugals Rekordmeister hier. Nicht wirklich kreativ, aber was wäre die Alternative?
Darwin Nunez zeigte zwar erneut, wieso einige europäische Spitzenklubs sowie der BVB und West Ham United scharf auf ihn sind. Aber ein Nunez macht eben kein Halbfinale. Schon gar nicht, wenn es im Viertelfinale gegen einen so gut aufgelegten und gut organisierten FC Liverpool geht. 13 Ballaktionen im gegnerischen Strafraum und 70 Pässe im letzten Drittel des Gegners sind auf diesem Niveau schon eher wenig.
Da hilft es auch nicht, dass Benfica, wie Liverpool-Coach Jürgen Klopp in der Wortwahl etwas arg unpassend in diesen Zeiten, aber in der Sache nicht zu Unrecht anmerkte, "einen richtig guten Matchplan" gehabt habe und die Spieler "um ihr Leben gekämpft" hätten.
Platz 7 (war 2.): FC Chelsea
Gut für Chelsea, dass die Auswärtstorregel gefallen ist, fabulierten einige Kommentator:innen in England nach dem 1:3 des FC Chelsea gegen Real Madrid einen kleinen Hoffnungsschimmer aufs Weiterkommen. Doch um dieses Real Madrid auszuschalten, müsste die UEFA wohl mindestens extra für Chelsea die Zwei-Hattricks-eine-Sperre-Regel einführen, dann wäre wenigstens Karim Benzema in Madrid nicht dabei.
Aber weil eher noch Roman Abramowitsch von der Sanktionsliste der EU und des Vereinigten Königreichs fliegen würde, gilt einstweilen Thomas Tuchels Wort als Gesetz: "Nein. Im Moment nicht, nein", antwortete der Trainer am Mittwoch auf die Frage, ob der Rückstand noch aufzuholen sei: "Weil wir unser Niveau wiederfinden müssen, ich weiß nicht, wo es seit der Länderspielpause ist."
Platz 6 (war 4.): FC Bayern München
Bayern München ist trotz der Niederlage beim Außenseiter FC Villarreal noch lange nicht raus. Zumal die Spanier nach dem frühen Führungstor fast fahrlässig darauf verzichteten, Manuel Neuer auch noch zum zweiten, dritten oder vierten Mal seinen Reklamierarm, der am Mittwoch eher zum Entschuldigungsarm wurde, heben zu lassen.
Die Bayern waren in Villarreal so systematisch unterlegen wie lange nicht mehr, das viel zu tiefe Mittelfeldpressing wirkte ebenso seltsam wie die Übergabe der Gegenspieler. Die Bayern, durch die Hereinnahme des wieder genesenen Alphonso Davies in ihrer Spielanlage noch etwas breiter aufgestellt als zuletzt ohnehin schon, wollten die Flügel überladen, ließen sich aber ein ums andere Mal mit ein paar schnellen, simplen Pässen komplett aus der Ordnung reißen und gaben so die Rückräume frei. Nagelsmanns Ideen verpufften somit. Immerhin klappten diesmal die Wechsel. Zeitweilig wehten trotzdem böse Niko-Kovac-Vibes durch das La Ceramica des gelben U-Boots.
Platz 5 (war 6.): Atletico Madrid
Ginge es beim Fußball um Ästhetik, Entertainment und Botschaften: Atletico müsste nach diesem 0:1 bei Manchester City aus der Wertung dieses Power Rankings genommen werden oder wenigstens auf Platz neun von acht Teilnehmern gewählt werden. Selbst für eigentlich überwunden geglaubte Atletico-Madrid-unter-Diego-Simeone-Maßstäbe war diese Herangehensweise an das Spiel eine Beleidigung.
Exakt null Torschüsse sollten eigentlich schon alles sagen. Aber noch schlimmer war, mit ansehen zu müssen, wie der ebenso von Talent gesegnete wie bemitleidenswerte Joao Felix, wenn er sich doch mal mit Ball am Fuß in die gegnerische Hälfte getraut hatte, sofort wieder umdrehen musste, weil Stürmer Antoine Griezmann in der eigenen Hälfte damit beschäftigt war, Simeones Ketten wieder zu schließen.
Aber am Ende steht hier ein fünfter Platz - mit Tendenz nach oben. Denn zur Wahrheit gehört auch: ManCity fiel sehr lange nur sehr wenig ein gegen Atleticos Doppelriegel. Und am Ende war das 0:1 vielleicht genau das Ergebnis, das Simeone gebraucht hat. Im Rückspiel ist noch alles drin.
Platz 4 (war 3.): Manchester City
Mit zwölf Mann hat City nun nicht gegen Atletico gespielt, auch sonst war Peps Taktik beim 1:0 so konventionell wie eine Guardiola-Taktik eben sein kann: Viel Ballbesitz (70,5 Prozent), viele Pässe (696), mehr als 90 Prozent Passquote, und weil das gegen Atleticos Doppelriegel lange Zeit sehr wenig zählbares brachte für Guardiola-Team-Verhältnisse auch recht viele Flanken (24) und eine ordentliche Zweikampfquote (mehr als 53 Prozent gewonnen).
So stand am Ende ein knapper, aber hochverdienter Sieg - den Guardiola durch seine Einwechslungen mit einleitete. An Kevin de Bruynes Treffer waren die soeben eingewechselten Jack Grealish und Phil Foden beteiligt.
Alles gut also mit Blick aufs Halbfinale? Na ja, 1:0 gegen Atletico ist so gut wie nichts - fürs Rückspiel droht höchste Overthinking-Gefahr.
Platz 3 (war 7.): FC Villarreal
Julian Nagelsmann hatte da so eine Ahnung, er hatte vor dem Spiel noch vor Villarreals Torschützen Arnaut Danjuma gewarnt.
Aber der Niederländer, dem sein sechster Treffer in der laufenden CL-Saison gelang, war noch nicht einmal der größte Lichtblick Villarreals beim 1:0. Trainer Unai Emery zeigte Diego Simeone, wie man mit einer aggressiven und durchaus auch destruktiven Herangehensweise eine Spitzenmannschaft dennoch schön herspielen kann. Der FC Villarreal war beim 1:0 gegen Bayern München wie Atletico Madrid in gut.
Emerys Mannschaft hatte gegen wirklich jede offensive Idee der Münchner ein Rezept. Oder besser: Villarreals Spieler schienen jede halbgare Idee der Bayern im Spielaufbau zu antizipieren, erstickten sie im Keim. Wie vor allem Giovanni Lo Celso und Gerard Moreno immer wieder Bayerns Innenverteidiger aus der Kette lockten und so den Rückraum öffneten: das war schon sehr große Fußballkunst. Wie Villarreal dann mit kurzen, schnellen Pässen auf engstem Raum das eigene Angriffsspiel ankurbelte war sogar recht hübsch anzusehen. Ob das zum Halbfinale reicht? Am Ende könnte Villarreal es wirklich bereuen, das zweite und dritte Tor nicht gemacht zu haben.
Platz 2 (war 5.): FC Liverpool
Abgesehen von den doch arg zittrigen Achtelfinalspielen gegen Inter Mailand sind Liverpools Darbietungen in der Champions League in dieser Saison beinahe beängstigend souverän. Souverän auch, wie Klopp die Leistungen seiner Mannschaft einordnet, sein Team weder künstlich kleiner macht, als es ist, aber die Erwartungen auch nicht zu hoch schraubt.
Nach dem 3:1 lobte Klopp zwei Spieler extra, beide völlig zu Recht: Trent Alexander-Arnold, den Assistgeber zum 2:0 und dem in allen Belangen überragenden Luis Diaz (1 Tor, eine Vorlage).
"Wie Trent Alexander-Arnold das zweite Tor vorbereitet, ist verrückt. Ich weiß bei ihm oft nicht, wie er diese Dinge erkennt", sagte Klopp über den einen. "Er ist ein Top-Top-Spieler. Er ist Weltklasse. Für mich ist es jeden Tag eine Freude, mit Luis zu arbeiten und ich bin mehr als glücklich, dass wir uns entschieden haben, ihn im Januar zu verpflichten", über den anderen. In dieser Form ist Liverpool sowohl in der Premier League, als auch in einem noch möglichen Halbfinale gegen den FC Bayern Favorit.
Platz 1 (war 1.): Real Madrid
Zugegeben, Karim Benzemas Hattrick im Achtelfinalrückspiel bei PSG war vielleicht noch eine Spur spektakulärer und unwirklicher als sein Dreierpack gegen Chelsea jetzt. Einfach, weil Chelsea nicht schon das Hinspiel gewonnen hatte. Zwei Dreierpacks in K.o.-Spielen der Champions League hintereinander gelangen zuvor überhaupt nur Cristiano Ronaldo und Lionel Messi - und in genau den Sphären bewegt sich Benzema gerade. Von wegen Robert Lewandowski und Mo Salah: logischster Ballon-d'Or-Gewinner momentan ist nur KB9.
Dieses Real mit diesem Karim Benzema befindet sich in geradezu monströs anmutender K.o.-Spiel-Verfassung. Dieses Real hat ganz breite Schultern und trägt den Kopf weit oben - und kann sich im Grunde nur selbst schlagen.